Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Zweyter Abschnitt. Untersuchung des alten erst später der Ruf der engländischen Gärten in Frankreich ganz geweckt zu ha-ben scheint. Hier sind einige der schönsten Stellen aus seiner Schilderung dieses Gartens. "Mit Entzücken durchlief ich diesen Baumgarten, und sah ich gleich keine aus- wo
Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten erſt ſpaͤter der Ruf der englaͤndiſchen Gaͤrten in Frankreich ganz geweckt zu ha-ben ſcheint. Hier ſind einige der ſchoͤnſten Stellen aus ſeiner Schilderung dieſes Gartens. „Mit Entzuͤcken durchlief ich dieſen Baumgarten, und ſah ich gleich keine aus- wo
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Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten
erſt ſpaͤter der Ruf der englaͤndiſchen Gaͤrten in Frankreich ganz geweckt zu ha-
ben ſcheint. Hier ſind einige der ſchoͤnſten Stellen aus ſeiner Schilderung dieſes
Gartens.
„Mit Entzuͤcken durchlief ich dieſen Baumgarten, und ſah ich gleich keine aus-
laͤndiſchen Gewaͤchſe, keine indiſchen Pflanzen, ſo fand ich doch die einheimi-
ſchen ſo geordnet und vereinigt, daß ſie eine beſſere und angenehmere Wirkung
thaten. Der gruͤnende, dichte, aber kurze Raſen war mit Quendel, Thy-
mian, Krauſemuͤnze, Majoran und andern wohlriechenden Kraͤutern vermiſcht.
Man ſah darunter tauſend Feldblumen ſchimmern, unter welchen das Auge
mit Verwunderung Gartenblumen entdeckte, die mit den andern natuͤrlich zu
wachſen ſchienen. Von Zeit zu Zeit fand ich dunkle Gebuͤſche, gleich dem
dichteſten Walde den Sonnenſtralen undurchdringlich. Sie beſtanden aus
Baͤumen von dem geſchmeidigſten Holze; man hatte die Zweige bis zur Erde
niedergebogen und durch eine Kunſt Wurzel faſſen laſſen, die dem natuͤrlichen
Wachsthum der Manglebaͤume in America aͤhnlich war. An den offenen
Orten ſah ich hier und da, ohne Ordnung und Symmetrie, Geſtraͤuche von
Roſen, Himbeeren, Johannisbeeren, ſpaniſchem Flieder, Haſelſtraͤuchen,
Hollunder, Pfriemenkraut, Kleeblatt, welche die Erde ſchmuͤckten und ihr das
Anſehen gaben, als laͤge ſie brach. Ich folgte unregelmaͤßig geſchlungenen
Luſtgaͤngen, die mit dieſen bluͤhenden Buͤſchen beſetzt und mit tauſend Kraͤnzen
von Hopfen, weißer Winde, Waldreben und andern Pflanzen dieſer Art bedeckt
waren, mit welchen ſich auch Geisblatt und Jesmin zu vermengen ſich herab-
ließen. Dieſe Kraͤnze ſchienen nachlaͤßig von einem Baum auf den andern
hingeworfen, wie ich ehedem in den Gehoͤlzen bemerkt hatte, und bildeten uͤber
uns eine Art von Decke, die uns vor der Sonne beſchuͤtzte, da wir unterdeſſen
unter unſern Fuͤßen einen angenehmen, trockenen, bequemen Gang auf ſeinem
Moos ohne Sand, Gras und rauhen Reiſern hatten. Nur hier entdeckte ich
erſt nicht ohne Verwunderung, daß dieſe gruͤnen, dichten Gebuͤſche, die mir in
der Ferne groß geſchienen hatten, blos aus ſolchen kriechenden, umſchlingenden
Pflanzen beſtanden, die an den Baͤumen hinangewunden waren, und ihre Gi-
pfel mit dem dichteſten Laube umgaben, ihre Staͤmme aber beſchatteten und er-
friſchten. Alle dieſe kleinen Spaziergaͤnge waren von einem lautern, hellen
Gewaͤſſer umgeben und durchſchnitten, das ſich bald in faſt unmerklichen Canaͤ-
len durch das Gras und die Blumen verlor, bald in breitern Baͤchen uͤber rei-
nen geſprenkelten Kies floß, der es noch glaͤnzender machte. Man ſah Quellen
aus der Erde entſpringen und aufwallen; zuweilen aber auch tiefere Canaͤle,
wo
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