Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.der Landschaft und ihren Wirkungen. Durch Empfindungen für das Herz mehr belebt ist dieses Gemälde einer roman- "Mitten durch die schwarzen Schatten der Tannen und ein Amphitheater von jähling E e 2
der Landſchaft und ihren Wirkungen. Durch Empfindungen fuͤr das Herz mehr belebt iſt dieſes Gemaͤlde einer roman- „Mitten durch die ſchwarzen Schatten der Tannen und ein Amphitheater von jaͤhling E e 2
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0233" n="219"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Landſchaft und ihren Wirkungen.</hi> </fw><lb/> <p>Durch Empfindungen fuͤr das Herz mehr belebt iſt dieſes Gemaͤlde einer roman-<lb/> tiſchen Scene von einer ſanftern Art.</p><lb/> <p>„Mitten durch die ſchwarzen Schatten der Tannen und ein Amphitheater von<lb/> Felſen ſtuͤrzt ein klarer Fluß von Fall auf Fall, bis in ein ruhiges Thal herunter.<lb/> Hier ſcheint er ſich mit Vergnuͤgen zu verbreiten, um einen See zwiſchen der Kette<lb/> majeſtaͤtiſcher Felſen zu bilden, deren Zwiſchenraͤume in der Ferne dieſe ehrwuͤrdigen<lb/> Gebirge ſehen laſſen, deren mit Eis und ewigem Schnee bedeckte Gipfel aus dieſem<lb/> Geſichtspunkte wie ungeheure Maſſen von Agath und Alabaſter erſcheinen, die alle<lb/> Farben des Lichts zuruͤckſtralen. Das Waſſer des Sees iſt von einer himmelblauen<lb/> Farbe, wie das Azur des ſchoͤnſten Tages, und durchſichtig, wie der reinſte Cryſtall;<lb/> das Auge kann die Spiele der Forelle bis auf den Grund verfolgen, aus welchem<lb/> Marmorſtuͤckchen von allen Farben heraufſchimmern. Mitten auf dem Waſſer er-<lb/> hebt ſich eine Inſel, um ſich gleichſam den laͤndlichen Vergnuͤgungen zum Schauplatz<lb/> anzubieten. Dieſe reizende Inſel iſt mit Weinſtoͤcken und Wieſen unterbrochen, und<lb/> die dazwiſchen liegenden angenehmen Gebuͤſche bilden von einer Strecke zur andern<lb/> abwechſelnde Schatten. Die Kuh weidet ſich hier von Erdbeeren, die den Raſen<lb/> roͤthen; gluͤckliche Gatten, die kein Eigennutz vereinigte, ſitzen auf dem zarten Graſe,<lb/> von ihren Kindern umgeben; hier genießen ſie ein koͤſtliches Abendmahl von fetter<lb/> Milch, welche die Suͤßigkeit der Erdbeere und die zarte Weiße der Roſe hat. Wei-<lb/> terhin plaͤtſchert, beym Silberlicht des Mondes, das Waſſer des Sees unter einem<lb/> leichten Kahn, der die jungen Maͤdchen des benachbarten Darfs bringt. Ein weiſ-<lb/> ſes Leibchen erhebt ihren zierlichen Wuchs; ein langes geflochtenes Band flattert uͤber<lb/> ihre Schultern herab; und ein artiger Strohhut, mit den ſchoͤnſten Blumen der Jah-<lb/> reszeit geziert, iſt der einzige Schmuck eines reizenden Geſichts, worin die Farbe der<lb/> Geſundheit bluͤhet und die Heiterkeit der Unſchuld laͤchelt. Ihre melodiſchen Stim-<lb/> men hatten keinen andern Lehrmeiſter, als die Voͤgel und die Conſonanz der natuͤrli-<lb/> chen Harmonie; und das Echo dieſer Gegenden, die noch nie das Gelaͤrm der kuͤnſt-<lb/> lichen Muſik gehoͤrt, hallt blos von den Geſaͤngen der Natur und der Froͤhlichkeit,<lb/> und von den einfachen Toͤnen der Schalmey wieder. — Indem der Fluß aus dem<lb/> See wieder ablaͤuft, vergraͤbt er ſich in ein verſchloſſenes und tiefes Thal; hohe Berge<lb/> und ſtolze Felſen ſcheinen dieſen Zufluchtsort von der uͤbrigen Welt abzuſondern.<lb/> Die Gipfel ſind mit Tannen bekroͤnt, wohin nie die Axt kam. Ueber Raſen von<lb/> Thymian und Quendel hin ſpringen weiße Ziegen von Fels zu Fels luſtig hinauf.<lb/> Ihre Sicherheit an einem ſo wuͤſten Orte befreyt von der Furcht vor wilden Thieren,<lb/> und verbannet den Gedanken einer gaͤnzlichen Verlaſſung, indem ſie die Nachbarſchaft<lb/> einer ruhigen Wohnung ankuͤndigt. Der Fluß findet nach einigen Waſſerfaͤllen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E e 2</fw><fw place="bottom" type="catch">jaͤhling</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [219/0233]
der Landſchaft und ihren Wirkungen.
Durch Empfindungen fuͤr das Herz mehr belebt iſt dieſes Gemaͤlde einer roman-
tiſchen Scene von einer ſanftern Art.
„Mitten durch die ſchwarzen Schatten der Tannen und ein Amphitheater von
Felſen ſtuͤrzt ein klarer Fluß von Fall auf Fall, bis in ein ruhiges Thal herunter.
Hier ſcheint er ſich mit Vergnuͤgen zu verbreiten, um einen See zwiſchen der Kette
majeſtaͤtiſcher Felſen zu bilden, deren Zwiſchenraͤume in der Ferne dieſe ehrwuͤrdigen
Gebirge ſehen laſſen, deren mit Eis und ewigem Schnee bedeckte Gipfel aus dieſem
Geſichtspunkte wie ungeheure Maſſen von Agath und Alabaſter erſcheinen, die alle
Farben des Lichts zuruͤckſtralen. Das Waſſer des Sees iſt von einer himmelblauen
Farbe, wie das Azur des ſchoͤnſten Tages, und durchſichtig, wie der reinſte Cryſtall;
das Auge kann die Spiele der Forelle bis auf den Grund verfolgen, aus welchem
Marmorſtuͤckchen von allen Farben heraufſchimmern. Mitten auf dem Waſſer er-
hebt ſich eine Inſel, um ſich gleichſam den laͤndlichen Vergnuͤgungen zum Schauplatz
anzubieten. Dieſe reizende Inſel iſt mit Weinſtoͤcken und Wieſen unterbrochen, und
die dazwiſchen liegenden angenehmen Gebuͤſche bilden von einer Strecke zur andern
abwechſelnde Schatten. Die Kuh weidet ſich hier von Erdbeeren, die den Raſen
roͤthen; gluͤckliche Gatten, die kein Eigennutz vereinigte, ſitzen auf dem zarten Graſe,
von ihren Kindern umgeben; hier genießen ſie ein koͤſtliches Abendmahl von fetter
Milch, welche die Suͤßigkeit der Erdbeere und die zarte Weiße der Roſe hat. Wei-
terhin plaͤtſchert, beym Silberlicht des Mondes, das Waſſer des Sees unter einem
leichten Kahn, der die jungen Maͤdchen des benachbarten Darfs bringt. Ein weiſ-
ſes Leibchen erhebt ihren zierlichen Wuchs; ein langes geflochtenes Band flattert uͤber
ihre Schultern herab; und ein artiger Strohhut, mit den ſchoͤnſten Blumen der Jah-
reszeit geziert, iſt der einzige Schmuck eines reizenden Geſichts, worin die Farbe der
Geſundheit bluͤhet und die Heiterkeit der Unſchuld laͤchelt. Ihre melodiſchen Stim-
men hatten keinen andern Lehrmeiſter, als die Voͤgel und die Conſonanz der natuͤrli-
chen Harmonie; und das Echo dieſer Gegenden, die noch nie das Gelaͤrm der kuͤnſt-
lichen Muſik gehoͤrt, hallt blos von den Geſaͤngen der Natur und der Froͤhlichkeit,
und von den einfachen Toͤnen der Schalmey wieder. — Indem der Fluß aus dem
See wieder ablaͤuft, vergraͤbt er ſich in ein verſchloſſenes und tiefes Thal; hohe Berge
und ſtolze Felſen ſcheinen dieſen Zufluchtsort von der uͤbrigen Welt abzuſondern.
Die Gipfel ſind mit Tannen bekroͤnt, wohin nie die Axt kam. Ueber Raſen von
Thymian und Quendel hin ſpringen weiße Ziegen von Fels zu Fels luſtig hinauf.
Ihre Sicherheit an einem ſo wuͤſten Orte befreyt von der Furcht vor wilden Thieren,
und verbannet den Gedanken einer gaͤnzlichen Verlaſſung, indem ſie die Nachbarſchaft
einer ruhigen Wohnung ankuͤndigt. Der Fluß findet nach einigen Waſſerfaͤllen,
jaͤhling
E e 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |