Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.der Alten und der Neuen. Sehr flüchtig müßte der die Schristen der Römer gelesen haben, der nicht Wenn Baja und andere Lustplätze den ankommenden Gast nur zur Wollust pfindlich B 3
der Alten und der Neuen. Sehr fluͤchtig muͤßte der die Schriſten der Roͤmer geleſen haben, der nicht Wenn Baja und andere Luſtplaͤtze den ankommenden Gaſt nur zur Wolluſt pfindlich B 3
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der Alten und der Neuen.
Sehr fluͤchtig muͤßte der die Schriſten der Roͤmer geleſen haben, der nicht
dieſen ihren Enthuſiasmus fuͤr den Aufenthalt auf dem Lande kennen ſollte. Nicht
nur die Buͤrger im geringern Verſtande, die beſonders durch die Vortheile der Cul-
tur ihrer Laͤndereyen an dieſe Lebensart gefeſſelt wurden, ſondern auch die vornehmen
Familien ſuchten die Luft des Landes als etwas, das unentbehrlich ſchien. Man hielt
die Zeit der Ruhe und des Vergnuͤgens auf dem Lande fuͤr ſo wichtig, daß man nach
ihrer Dauer die eigentliche Laͤnge des Lebens zu meſſen anfieng. Der Conſul M.
Plautius rechnete die Jahre ſeiner anſehnlichen Bedienungen im Staat, ſeiner
Feldzuͤge, ſeiner Triumphe von ſeinem wahren Leben ab, das er, nach der Aufſchrift
ſeines noch bis jezt erhaltenen Grabmals ohnweit Tivoli, nur auf neun Jahre ge-
bracht hatte, die er naͤmlich auf ſeinem Landhauſe genoſſen. Und mit andern edlen
Buͤrgern dachte ſelbſt der Kaiſer Diokletian auf eine aͤhnliche Art. Die beſten
Schriftſteller, und vornehmlich die Dichter, wetteiferten, die ſchoͤne Natur, die ſie
liebten, zu erheben, und die Phantaſie ihrer Mitbuͤrger durch maleriſche Beſchreibun-
gen zu reizen. Das Gewuͤhl der volkreichen Stadt Rom ermuͤdete, wie die Staats-
angelegenheiten, die nicht blos den Senat, ſondern auch die andern Buͤrger beſchaͤf-
tigten; und die Sehnſucht nach Ruhe und Freyheit, die ſchon dem Menſchen ſo na-
tuͤrlich iſt, mußte dadurch noch heftiger werden. Mit allem dieſen vereinigten das
Klima und die natuͤrliche Schoͤnheit Italiens ihre maͤchtigen Einfluͤſſe. Wie vie-
len Reiz mußten nicht beſonders damals die Gegenden haben, nach deren Ausſichten
ſelbſt noch die groͤßten neuern Landſchaftmaler, ein Pouſſin, Breenberg, Schwa-
nevelt und andere, fleißig ſtudirten!
Wenn Baja und andere Luſtplaͤtze den ankommenden Gaſt nur zur Wolluſt
hinriſſen, ſo theilte hingegen der weiſere Roͤmer an andern Orten ſeine Zeit auf dem
Lande zwiſchen der Sorge fuͤr den Feldbau, der Philoſophie und dem maͤßigen Be-
cher. Das Landhaus war ihm am liebſten, das er, wie Cicero, ſeine Akademie
nennen konnte. Er las, ſchrieb, unterredete ſich, betrachtete fleißig die ſchoͤne Na-
tur, und unterrichtete die vornehme Jugend, die ihn oft nach ſeinem Landſitze zu be-
gleiten pflegte. Bald beſchaͤftigte ihn ſeine Bibliothek, die ſelten dem Landhauſe
fehlte, bald die Sorge fuͤr das Vaterland, die ihn oft von der ſtillen Flur in die
Unruhen des Senats zuruͤckrief. Muͤde von der ernſthaften Philoſophie ſchoͤpfte er
bey der Poeſie und Muſik neue Erfriſchungen. Zuweilen ergoͤtzte ihn das Fiſchen
oder die Jagd, oder das Bad, die ihre Einfluͤſſe, die ſie zunaͤchſt auf den Koͤrper
haben, auch uͤber den Geiſt ausbreiteten. Oft erheiterte ihn der Beſuch eines be-
nachbarten Freundes und der Abendſchmaus in einer froͤlichen Geſellſchaft; und ſelbſt
Cato war nach dem Bericht des Plutarch fuͤr dieſe Art des Vergnuͤgens noch em-
pfindlich
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