Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.der Alten und der Neuen. Aus der verschiedenen Art, wie die alten Schriftsteller der Villen, und wie sie Die Römer scheinen überhaupt mehr auf das gesehen zu haben, was einen In den Tagen des August waren schon die herrlichsten Villen vorhanden; mella *) Plin. Nat. Histor. lib. 19. c. 20. **) Varro: Hortos Luculli, cuius vil- [Spaltenumbruch] la erat in Tusculano, non floribus fru- ctibusque, sed tabulis fuisse insignes. ***) Georg. lib. 4. v. 121.
der Alten und der Neuen. Aus der verſchiedenen Art, wie die alten Schriftſteller der Villen, und wie ſie Die Roͤmer ſcheinen uͤberhaupt mehr auf das geſehen zu haben, was einen In den Tagen des Auguſt waren ſchon die herrlichſten Villen vorhanden; mella *) Plin. Nat. Hiſtor. lib. 19. c. 20. **) Varro: Hortos Luculli, cuius vil- [Spaltenumbruch] la erat in Tuſculano, non floribus fru- ctibusque, ſed tabulis fuiſſe inſignes. ***) Georg. lib. 4. v. 121.
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0037" n="23"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Alten und der Neuen.</hi> </fw><lb/> <p>Aus der verſchiedenen Art, wie die alten Schriftſteller der Villen, und wie ſie<lb/> der Gaͤrten gedenken, laͤßt ſich vielleicht ein Beweis fuͤr die groͤßere oder geringere<lb/> Vollkommenheit derſelben annehmen. Es werden nicht allein weit mehr Villen als<lb/> Gaͤrten, ſondern jene auch ausfuͤhrlicher beſchrieben, da dieſe gewoͤhnlich nur eine kurze<lb/> Anzeige, oder ein nur allgemeines Lob ihrer Fruchtbarkeit oder ihrer Annehmlichkeit er-<lb/> halten. Wahrſcheinlicher Weiſe hatten, doch wenigſtens in den ſpaͤtern Zeiten, wie<lb/><hi rendition="#fr">Plinius</hi> <cb/> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Plin. Nat. Hiſtor. lib. 19. c.</hi> 20.</note> und andere nicht undeutlich zu erkennen geben, die meiſten Villen ihre Gaͤrten.<lb/> Es ſcheint alſo die Vermuthung, die ich hier wage, ſich zu ergeben, daß ſelbſt nach dem<lb/> Begriff der <hi rendition="#fr">Roͤmer</hi> ihre Gaͤrten verhaͤltnißmaͤßig eine weit geringere Vollkommenheit<lb/> hatten, als ihre Landhaͤuſer. Ohne Zweifel wuͤrden die <hi rendition="#fr">roͤmiſchen</hi> Schriftſteller, die ſonſt<lb/> jede Art des Ruhms und jedes Verdienſt ihrer Zeiten und die ſchoͤnen Kuͤnſte ſo ſorg-<lb/> faͤltig bemerkten, uͤber dieſen Punkt mehr geſagt haben, wenn ſie davon viel erhebli-<lb/> ches mehr haͤtten ſagen koͤnnen. Und von der Vollkommenheit der einen Kunſt bey<lb/> einer Nation auf die Vollkommenheit der andern zu ſchließen iſt eine Uebereilung,<lb/> die, nachdem ſie ſchon in Anſehung der Muſik der Alten begangen iſt, bey der Gar-<lb/> tenkunſt nicht noch einmal begangen werden muß.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Roͤmer</hi> ſcheinen uͤberhaupt mehr auf das geſehen zu haben, was einen<lb/> Eindruck der Groͤße und Pracht geben konnte; daher ihre Liebe zu Gebaͤuden, Baͤ-<lb/> dern, Rennbahnen, Saͤulengaͤngen, Statuen, Waſſerbehaͤltniſſen, und andern Ge-<lb/> genſtaͤnden, die mehr ins Auge fielen. Und dieſer Geſchmack konnte ſich leichter und<lb/> geſchwinder befriedigen, als der durch ihn ſchon etwas unterdruͤckte Geſchmack an An-<lb/> pflanzungen, die mehr Zeit und Geduld verlangen. <hi rendition="#fr">Lucull</hi> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Varro: Hortos Luculli, cuius vil-<lb/><cb/> la erat in Tuſculano, non floribus fru-<lb/> ctibusque, ſed tabulis fuiſſe inſignes.</hi></note> ſahe mehr auf die<lb/> Auszierung durch Gemaͤlde, als auf Blumen und Fruͤchte; und es iſt nicht unbe-<lb/> kannt, wie viele Nachahmung er auch von dieſer Seite fand. Man glaubte viel-<lb/> leicht, ſich mit der Fruchtbarkeit des Bodens und mit dem Reiz der Ausſichten, wel-<lb/> che beſonders die Villen auf den Anhoͤhen und an den Meerufern hatten, begnuͤgen<lb/> zu koͤnnen, und der Verſchoͤnerung der Gaͤrten weniger Sorge ſchuldig zu ſeyn. Und<lb/> als nachher die Menge der Landhaͤuſer uͤberall den Erdboden zu verengen anfieng,<lb/> mußte es wenigſtens in vielen Gegenden an Raum zu ausgedehnten Gaͤrten fehlen.</p><lb/> <p>In den Tagen des <hi rendition="#fr">Auguſt</hi> waren ſchon die herrlichſten Villen vorhanden;<lb/> gleichwohl waren die Gaͤrten noch weit entfernt, einen ſichern Anſpruch auf Luſtgaͤrten<lb/> zu machen. <hi rendition="#fr">Virgil</hi> <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">Georg. lib. 4. v.</hi> 121.</note> nennt blos Endivien, Gurken, Epheu, Baͤrenklau,<lb/> Myrthen, Narciſſen und Roſenſtoͤcke als die Gegenſtaͤnde in einem Garten. <hi rendition="#fr">Colu-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">mella</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0037]
der Alten und der Neuen.
Aus der verſchiedenen Art, wie die alten Schriftſteller der Villen, und wie ſie
der Gaͤrten gedenken, laͤßt ſich vielleicht ein Beweis fuͤr die groͤßere oder geringere
Vollkommenheit derſelben annehmen. Es werden nicht allein weit mehr Villen als
Gaͤrten, ſondern jene auch ausfuͤhrlicher beſchrieben, da dieſe gewoͤhnlich nur eine kurze
Anzeige, oder ein nur allgemeines Lob ihrer Fruchtbarkeit oder ihrer Annehmlichkeit er-
halten. Wahrſcheinlicher Weiſe hatten, doch wenigſtens in den ſpaͤtern Zeiten, wie
Plinius
*) und andere nicht undeutlich zu erkennen geben, die meiſten Villen ihre Gaͤrten.
Es ſcheint alſo die Vermuthung, die ich hier wage, ſich zu ergeben, daß ſelbſt nach dem
Begriff der Roͤmer ihre Gaͤrten verhaͤltnißmaͤßig eine weit geringere Vollkommenheit
hatten, als ihre Landhaͤuſer. Ohne Zweifel wuͤrden die roͤmiſchen Schriftſteller, die ſonſt
jede Art des Ruhms und jedes Verdienſt ihrer Zeiten und die ſchoͤnen Kuͤnſte ſo ſorg-
faͤltig bemerkten, uͤber dieſen Punkt mehr geſagt haben, wenn ſie davon viel erhebli-
ches mehr haͤtten ſagen koͤnnen. Und von der Vollkommenheit der einen Kunſt bey
einer Nation auf die Vollkommenheit der andern zu ſchließen iſt eine Uebereilung,
die, nachdem ſie ſchon in Anſehung der Muſik der Alten begangen iſt, bey der Gar-
tenkunſt nicht noch einmal begangen werden muß.
Die Roͤmer ſcheinen uͤberhaupt mehr auf das geſehen zu haben, was einen
Eindruck der Groͤße und Pracht geben konnte; daher ihre Liebe zu Gebaͤuden, Baͤ-
dern, Rennbahnen, Saͤulengaͤngen, Statuen, Waſſerbehaͤltniſſen, und andern Ge-
genſtaͤnden, die mehr ins Auge fielen. Und dieſer Geſchmack konnte ſich leichter und
geſchwinder befriedigen, als der durch ihn ſchon etwas unterdruͤckte Geſchmack an An-
pflanzungen, die mehr Zeit und Geduld verlangen. Lucull **) ſahe mehr auf die
Auszierung durch Gemaͤlde, als auf Blumen und Fruͤchte; und es iſt nicht unbe-
kannt, wie viele Nachahmung er auch von dieſer Seite fand. Man glaubte viel-
leicht, ſich mit der Fruchtbarkeit des Bodens und mit dem Reiz der Ausſichten, wel-
che beſonders die Villen auf den Anhoͤhen und an den Meerufern hatten, begnuͤgen
zu koͤnnen, und der Verſchoͤnerung der Gaͤrten weniger Sorge ſchuldig zu ſeyn. Und
als nachher die Menge der Landhaͤuſer uͤberall den Erdboden zu verengen anfieng,
mußte es wenigſtens in vielen Gegenden an Raum zu ausgedehnten Gaͤrten fehlen.
In den Tagen des Auguſt waren ſchon die herrlichſten Villen vorhanden;
gleichwohl waren die Gaͤrten noch weit entfernt, einen ſichern Anſpruch auf Luſtgaͤrten
zu machen. Virgil ***) nennt blos Endivien, Gurken, Epheu, Baͤrenklau,
Myrthen, Narciſſen und Roſenſtoͤcke als die Gegenſtaͤnde in einem Garten. Colu-
mella
*) Plin. Nat. Hiſtor. lib. 19. c. 20.
**) Varro: Hortos Luculli, cuius vil-
la erat in Tuſculano, non floribus fru-
ctibusque, ſed tabulis fuiſſe inſignes.
***) Georg. lib. 4. v. 121.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |