Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.der Alten und der Neuen. allgemeinen Wiedererweckung des Gefühls für das Schöne die Gartenkunst nochlange vergessen. So leicht es, dem Anscheine nach, hätte seyn sollen, auf die Spur der wahren Addison [Spaltenumbruch]
*) glaubte, daß die Franzosen die erste Einrichtung ihrer Gärten Unläugbar ist es inzwischen, daß die Italiener schon vor den Zeiten des le Volkmann *) Anmerkungen über Italien. **) Von diesen Gärten lag einer zu Ba- gnaja, der andere bey Tivoli; der erste gehörte dem Cardinal Gambara, der an- dere dem Cardinal von Ferrare. Ich will nur einige Stellen in der alten drolligen [Spaltenumbruch] Sprache des Montaigne, die sich hier treff- lich zu dem Gegenstande schickt, anführen. La musique des orgues, qui est une vraie musique & d'orgues naturelles, sonans tousiours toutefois une mesme chose, se faict par le moien de l'eau qui tumbe aveq grand D 3
der Alten und der Neuen. allgemeinen Wiedererweckung des Gefuͤhls fuͤr das Schoͤne die Gartenkunſt nochlange vergeſſen. So leicht es, dem Anſcheine nach, haͤtte ſeyn ſollen, auf die Spur der wahren Addiſon [Spaltenumbruch]
*) glaubte, daß die Franzoſen die erſte Einrichtung ihrer Gaͤrten Unlaͤugbar iſt es inzwiſchen, daß die Italiener ſchon vor den Zeiten des le Volkmann *) Anmerkungen uͤber Italien. **) Von dieſen Gaͤrten lag einer zu Ba- gnaja, der andere bey Tivoli; der erſte gehoͤrte dem Cardinal Gambara, der an- dere dem Cardinal von Ferrare. Ich will nur einige Stellen in der alten drolligen [Spaltenumbruch] Sprache des Montaigne, die ſich hier treff- lich zu dem Gegenſtande ſchickt, anfuͤhren. La muſique des orgues, qui eſt une vraie muſique & d’orgues naturelles, ſonans touſiours toutefois une mesme choſe, ſe faict par le moien de l’eau qui tumbe aveq grand D 3
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0043" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Alten und der Neuen.</hi></fw><lb/> allgemeinen Wiedererweckung des Gefuͤhls fuͤr das Schoͤne die Gartenkunſt noch<lb/> lange vergeſſen.</p><lb/> <p>So leicht es, dem Anſcheine nach, haͤtte ſeyn ſollen, auf die Spur der wahren<lb/> Schoͤnheit in den Gaͤrten zu kommen, ſo lange dauerte es doch, ehe man ſie finden<lb/> konnte. Das Anſtaͤndige, Harmoniſche, Schoͤne war ſchon in hundert Werken der<lb/> Malerkunſt aufgeſtellt; und eben die Nationen, die dieſe Werke geliefert hatten,<lb/> wußten noch nicht, was ſie mit den Gaͤrten anfangen ſollten, und uͤberließen ſie den<lb/> albernen Einfaͤllen der Unwiſſenheit oder einer ungluͤcklichen Verkuͤnſtelung. Ja,<lb/> was dieſe Bemerkung noch auffallender macht, ſo waren die vortrefflichſten Landſchaft-<lb/> gemaͤlde vorhanden; viele Kuͤnſtler in <hi rendition="#fr">Italien,</hi> den <hi rendition="#fr">Niederlanden</hi> und <hi rendition="#fr">Frankreich</hi><lb/> hatten darin das Reizende der Natur, die ſie nach ihren ſchoͤnſten Seiten ſtudirten, in<lb/> dem ganzen Umfang nachgebildet, den nur die Graͤnzen der Kunſt verſtatten. Und<lb/> noch immer dachte man nicht daran, daß der Garten eine Landſchaft im Kleinen ſeyn<lb/> ſollte, abgeſondert von der großen Maſſe einer Provinz, und durch den gefaͤlligen<lb/> Beyſtand der Kunſt in natuͤrlicher Schoͤnheit erhoben.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Addiſon</hi><cb/><note place="foot" n="*)">Anmerkungen uͤber Italien.</note> glaubte, daß die <hi rendition="#fr">Franzoſen</hi> die erſte Einrichtung ihrer Gaͤrten<lb/> von den <hi rendition="#fr">Italienern</hi> genommen haͤtten; eine Meynung, fuͤr welche er die Beweiſe<lb/> ſchuldig geblieben iſt. Vielmehr koͤnnte man behaupten, daß die <hi rendition="#fr">Franzoſen</hi> ihren<lb/> Geſchmack den <hi rendition="#fr">Italienern</hi> zugebracht haben; wenigſtens iſt ſo viel gewiß, daß <hi rendition="#fr">le<lb/> Note</hi> nach <hi rendition="#fr">Italien</hi> gieng, daß er da verſchiedene Gaͤrten anlegte, und daß ſein Ge-<lb/> ſchmack noch jetzt in manchen Gegenden dieſes Landes ſichtbar iſt.</p><lb/> <p>Unlaͤugbar iſt es inzwiſchen, daß die <hi rendition="#fr">Italiener</hi> ſchon vor den Zeiten des <hi rendition="#fr">le<lb/> Notre</hi> ihre Luſtgaͤrten hatten. Der beruͤhmte <hi rendition="#fr">Montaigne,</hi> der gegen das Ende<lb/> des ſechzehnten Jahrhunderts in <hi rendition="#fr">Italien</hi> reiſete, hat uns eine Nachricht von eini-<lb/> gen Gaͤrten hinterlaſſen, die hinlaͤnglich beweiſet, wie fehlerhaft ſie noch zu einer Zeit<lb/> waren, wo die groͤßten Genies an der Wiederherſtellung der uͤbrigen ſchoͤnen Kuͤnſte<lb/> arbeiteten. Und dieſe Gaͤrten fand nicht allein der gute <hi rendition="#fr">Montaigne</hi> ſehr ſchoͤn, ſon-<lb/> dern ſie waren auch zu der Zeit ſo beruͤhmt, daß man Schriften und Abbildungen<lb/> von ihnen hatte. <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="**)">Von dieſen Gaͤrten lag einer zu Ba-<lb/> gnaja, der andere bey Tivoli; der erſte<lb/> gehoͤrte dem Cardinal Gambara, der an-<lb/> dere dem Cardinal von Ferrare. Ich will<lb/> nur einige Stellen in der alten drolligen<lb/><cb/> Sprache des Montaigne, die ſich hier treff-<lb/> lich zu dem Gegenſtande ſchickt, anfuͤhren.<lb/><hi rendition="#aq">La muſique des orgues, qui eſt une vraie<lb/> muſique & d’orgues naturelles, ſonans<lb/> touſiours toutefois une mesme choſe, ſe<lb/> faict par le moien de l’eau qui tumbe aveq</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">grand</hi></fw></note></p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Volkmann</hi> </fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0043]
der Alten und der Neuen.
allgemeinen Wiedererweckung des Gefuͤhls fuͤr das Schoͤne die Gartenkunſt noch
lange vergeſſen.
So leicht es, dem Anſcheine nach, haͤtte ſeyn ſollen, auf die Spur der wahren
Schoͤnheit in den Gaͤrten zu kommen, ſo lange dauerte es doch, ehe man ſie finden
konnte. Das Anſtaͤndige, Harmoniſche, Schoͤne war ſchon in hundert Werken der
Malerkunſt aufgeſtellt; und eben die Nationen, die dieſe Werke geliefert hatten,
wußten noch nicht, was ſie mit den Gaͤrten anfangen ſollten, und uͤberließen ſie den
albernen Einfaͤllen der Unwiſſenheit oder einer ungluͤcklichen Verkuͤnſtelung. Ja,
was dieſe Bemerkung noch auffallender macht, ſo waren die vortrefflichſten Landſchaft-
gemaͤlde vorhanden; viele Kuͤnſtler in Italien, den Niederlanden und Frankreich
hatten darin das Reizende der Natur, die ſie nach ihren ſchoͤnſten Seiten ſtudirten, in
dem ganzen Umfang nachgebildet, den nur die Graͤnzen der Kunſt verſtatten. Und
noch immer dachte man nicht daran, daß der Garten eine Landſchaft im Kleinen ſeyn
ſollte, abgeſondert von der großen Maſſe einer Provinz, und durch den gefaͤlligen
Beyſtand der Kunſt in natuͤrlicher Schoͤnheit erhoben.
Addiſon
*) glaubte, daß die Franzoſen die erſte Einrichtung ihrer Gaͤrten
von den Italienern genommen haͤtten; eine Meynung, fuͤr welche er die Beweiſe
ſchuldig geblieben iſt. Vielmehr koͤnnte man behaupten, daß die Franzoſen ihren
Geſchmack den Italienern zugebracht haben; wenigſtens iſt ſo viel gewiß, daß le
Note nach Italien gieng, daß er da verſchiedene Gaͤrten anlegte, und daß ſein Ge-
ſchmack noch jetzt in manchen Gegenden dieſes Landes ſichtbar iſt.
Unlaͤugbar iſt es inzwiſchen, daß die Italiener ſchon vor den Zeiten des le
Notre ihre Luſtgaͤrten hatten. Der beruͤhmte Montaigne, der gegen das Ende
des ſechzehnten Jahrhunderts in Italien reiſete, hat uns eine Nachricht von eini-
gen Gaͤrten hinterlaſſen, die hinlaͤnglich beweiſet, wie fehlerhaft ſie noch zu einer Zeit
waren, wo die groͤßten Genies an der Wiederherſtellung der uͤbrigen ſchoͤnen Kuͤnſte
arbeiteten. Und dieſe Gaͤrten fand nicht allein der gute Montaigne ſehr ſchoͤn, ſon-
dern ſie waren auch zu der Zeit ſo beruͤhmt, daß man Schriften und Abbildungen
von ihnen hatte. **)
Volkmann
*) Anmerkungen uͤber Italien.
**) Von dieſen Gaͤrten lag einer zu Ba-
gnaja, der andere bey Tivoli; der erſte
gehoͤrte dem Cardinal Gambara, der an-
dere dem Cardinal von Ferrare. Ich will
nur einige Stellen in der alten drolligen
Sprache des Montaigne, die ſich hier treff-
lich zu dem Gegenſtande ſchickt, anfuͤhren.
La muſique des orgues, qui eſt une vraie
muſique & d’orgues naturelles, ſonans
touſiours toutefois une mesme choſe, ſe
faict par le moien de l’eau qui tumbe aveq
grand
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |