Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten Bald wußten die angenehmsten Künste der Wohnung einige ihr mangelnde Konnte wohl die Natur Bemühungen, die sie ehren, widerstreben? Ohne Antiques peupliers, l'honneur de nos bocages, Ne portez point envie aux cedres orgueilleux. Leur sort est d'embellir les lambris des faux sages; Le votre est d'ombrager l'asyle des heureux. Eine Menagerie in der Nachbarschaft des Kaffeesaals verbindet mit dem Nutzbaren Es
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten Bald wußten die angenehmſten Kuͤnſte der Wohnung einige ihr mangelnde Konnte wohl die Natur Bemuͤhungen, die ſie ehren, widerſtreben? Ohne Antiques peupliers, l’honneur de nos bocages, Ne portez point envie aux cedres orgueilleux. Leur ſort eſt d’embellir les lambris des faux ſages; Le vôtre eſt d’ombrager l’aſyle des heureux. Eine Menagerie in der Nachbarſchaft des Kaffeeſaals verbindet mit dem Nutzbaren Es
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Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
Bald wußten die angenehmſten Kuͤnſte der Wohnung einige ihr mangelnde
Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten zu geben, ohne der Simplicitaͤt, die ſich ſo-
wohl mit der Natur vertraͤgt, Eintrag zu thun. Sie ſchmuͤckten ohne Pracht das
Auswendige und Inwendige. Ein Kuͤnſtler, der durch die groͤßten Unternehmun-
gen in der Malerey beruͤhmt iſt, ward ein Architekt aus Freundſchaft, wie die Liebe
ehemals einen Maler bildete. Mit einem Worte, die Talente, deren Anwendung
den Werth der natuͤrlichen Schoͤnheiten ſowohl kennen lehrt, und die Empfindungen,
die den Genuß davon ſo angenehm machen, vereinigten ſich unſer Werk zu vollenden.
Konnte wohl die Natur Bemuͤhungen, die ſie ehren, widerſtreben? Ohne
Zweifel nicht. Auch ſind die ſchattichten Gebuͤſche und Straͤuche hoͤher gewachſen,
und haben ſich bis zum Beneiden vervielfaͤltigt. Auf den vortheilhafteſten Seiten
haben ſich Ausſichten entwickelt; es ſind Bruͤcken angelegt, wovon einige, auf den am
Ufer befindlichen Baͤumen erhoͤhet, uͤber die Inſeln und an den Canaͤlen zu weiten
Spaziergaͤngen fuͤhren. Andere, die tiefer gerade uͤber dem Waſſer auf kleinen Fahr-
zeugen liegen, werden mit Blumen aller Jahrszeiten ausgeſchmuͤckt. Gaͤnge, die
von Pappeln beſchattet werden, kruͤmmen ſich an den Ufern dahin, und bilden, in-
dem ſie ſich mit den Bruͤcken, den Daͤmmen und kleinern Wegen vereinigen, die
Einfaſſung dieſes angenehmen Aufenthalts. Mit Wahl angebrachte Cabinets die-
nen zu noͤthigen Bedeckungen, und bieten Gemaͤlde dar, welche die Blicke aufhalten
und feſſeln; und am Waſſer ſind auf allen Seiten Sitze und hervorſpringende Lauben
angebracht, um die Kuͤhlung beſſer zu genießen. Ein Kaffeeſaal hat ſeinen Platz im
Schatten alter Baͤume gefunden, die an das Haus ſtoßen. Hier findet man in dem
Stamm desjenigen, der ſeinen Gipfel am hoͤchſten in die Luft ausſtreckt, folgende
Worte eingegraben, die zum Theil aus einem der liebenswuͤrdigſten Dichter ent-
lehnt ſind.
Antiques peupliers, l’honneur de nos bocages,
Ne portez point envie aux cedres orgueilleux.
Leur ſort eſt d’embellir les lambris des faux ſages;
Le vôtre eſt d’ombrager l’aſyle des heureux.
Eine Menagerie in der Nachbarſchaft des Kaffeeſaals verbindet mit dem Nutzbaren
Mannigfaltigkeit, und theilt dem Hauptgemaͤlde Bewegung mit. Auf einer mit
dem friſcheſten Raſen geſchmuͤckten Halbinſel befinden ſich Schafe, welche die Land-
ſchaft beleben; und in einem Luſtgange von großen Linden, den ein Bach begraͤnzet,
liefert ein wohlverſehener Stall dem benachbarten reinlichen Milchhauſe einen Theil
der Schaͤtze und der ſuͤßen Koſt des Landes.
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