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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Beschreibungen von Gärten.

Dieses Gebäude verdient den nächsten Platz nach dem großen Pavillon, wovon
es auch weniger als die andern entfernt liegt. Es ist rund, hat ein graues Schie-
ferdach von dieser Form, und an den äußern Wänden einen bläulichen Anwurf. In
der Mitte ein runder, mit Geschmack verzierter Saal; auf jeder Seite ein Schlafka-
binet. Der Saal hat keine Fenster in den Wänden; die Erleuchtung fällt von oben
durch zwey Ochsenaugen im Dach und durch die Glasthüre. Die Aussicht von hier
ist in einem sehr landmäßigen Stil. Man sieht kein Wasser, blos Felder, mit
Gebüschen, einzelnen Bäumen, Zäunen und Wald unterbrochen, womit die Land-
schaft in die Ferne zu verwildern scheint, unterdessen daß in gerader Richtung ein
weißer Dorfkirchthurm aus der waldigten Verdunkelung emporsteigt.

Kehrt man von diesem kleinen Pavillon zu dem großen zurück, so blickt man
bald zur Linken über einen Weg, auf welchem die Auffahrt geschieht, nach einer
Senkung des Berges hinab, worauf sich die untere Gegend mit kleinen eingezäunten
Stücken von Feld und Wiesen wieder zu einem Walde hebt, vor dessen Eingang eine
Bauerhütte ruhet.

Die Vielheit, die Bequemlichkeit und die Abwechselung der Gänge, die auf
allen Seiten in der Waldung des Berges herumlaufen, und nach und nach zu allen
merkwürdigen Scenen führen, macht einen wichtigen Theil von den Annehmlichkei-
ten dieses Parks aus. Einige Wege sind so breit, daß sie befahren werden; andre
Gänge laufen zuweilen in schmale Fußpfade über. Bey Auffahrten und Zugängen
zum Hauptgebäude sind sie, wie sie seyn sollen, in gerader Linie; in andern Gegen-
den, wo das Umherirren ergötzt, oder der Gehende auf eine Ueberraschung geleitet
werden soll, schlängeln sie sich in abwechselnden und ungekünstelten Wendungen. Die
Gänge scheinen hier gleichsam in einer beständigen Bewegung zu seyn, so sehr auch
Unbeweglichkeit ihr Eigenthum ist; bald steigen sie, bald senken sie sich wieder, nach
den Abhängen und Ungleichheiten des Bodens, die so viel zur Veränderung der Sce-
nen und der Prospecte beytragen. Hie und da sind sie mit Hecken eingefaßt, die ein
natürliches Ansehen haben, da sie den Waldbäumen zu einer Art von Umkrän-
zung dienen. Zuweilen laufen die Wege frey und offen; zuweilen im Schatten.
Wo es die Beschaffenheit des Bodens erfodert, da wechseln sie mit bequemen Trep-
pen von Steinen oder Rasen ab. An verschiedenen Stellen breiten sie sich zu runden
Plätzen aus, die mit schönen Bäumen umkränzt und mit Bänken verziert sind.

Unter den schön gewachsenen Buchen des Waldes sind Eichen, Espen, Quit-
schern, Tannen und andre Geschlechter gemischt. Die lichten Stellen wechseln mit
dunkeln ab, wo dickes Untergebüsch den vielen und mannichfaltigen Waldsängern, die
sich hier zu wohnen freuen, eine ungestörte Freystätte anbietet. In einigen Gängen

erhe-
T 2
Beſchreibungen von Gaͤrten.

Dieſes Gebaͤude verdient den naͤchſten Platz nach dem großen Pavillon, wovon
es auch weniger als die andern entfernt liegt. Es iſt rund, hat ein graues Schie-
ferdach von dieſer Form, und an den aͤußern Waͤnden einen blaͤulichen Anwurf. In
der Mitte ein runder, mit Geſchmack verzierter Saal; auf jeder Seite ein Schlafka-
binet. Der Saal hat keine Fenſter in den Waͤnden; die Erleuchtung faͤllt von oben
durch zwey Ochſenaugen im Dach und durch die Glasthuͤre. Die Ausſicht von hier
iſt in einem ſehr landmaͤßigen Stil. Man ſieht kein Waſſer, blos Felder, mit
Gebuͤſchen, einzelnen Baͤumen, Zaͤunen und Wald unterbrochen, womit die Land-
ſchaft in die Ferne zu verwildern ſcheint, unterdeſſen daß in gerader Richtung ein
weißer Dorfkirchthurm aus der waldigten Verdunkelung emporſteigt.

Kehrt man von dieſem kleinen Pavillon zu dem großen zuruͤck, ſo blickt man
bald zur Linken uͤber einen Weg, auf welchem die Auffahrt geſchieht, nach einer
Senkung des Berges hinab, worauf ſich die untere Gegend mit kleinen eingezaͤunten
Stuͤcken von Feld und Wieſen wieder zu einem Walde hebt, vor deſſen Eingang eine
Bauerhuͤtte ruhet.

Die Vielheit, die Bequemlichkeit und die Abwechſelung der Gaͤnge, die auf
allen Seiten in der Waldung des Berges herumlaufen, und nach und nach zu allen
merkwuͤrdigen Scenen fuͤhren, macht einen wichtigen Theil von den Annehmlichkei-
ten dieſes Parks aus. Einige Wege ſind ſo breit, daß ſie befahren werden; andre
Gaͤnge laufen zuweilen in ſchmale Fußpfade uͤber. Bey Auffahrten und Zugaͤngen
zum Hauptgebaͤude ſind ſie, wie ſie ſeyn ſollen, in gerader Linie; in andern Gegen-
den, wo das Umherirren ergoͤtzt, oder der Gehende auf eine Ueberraſchung geleitet
werden ſoll, ſchlaͤngeln ſie ſich in abwechſelnden und ungekuͤnſtelten Wendungen. Die
Gaͤnge ſcheinen hier gleichſam in einer beſtaͤndigen Bewegung zu ſeyn, ſo ſehr auch
Unbeweglichkeit ihr Eigenthum iſt; bald ſteigen ſie, bald ſenken ſie ſich wieder, nach
den Abhaͤngen und Ungleichheiten des Bodens, die ſo viel zur Veraͤnderung der Sce-
nen und der Proſpecte beytragen. Hie und da ſind ſie mit Hecken eingefaßt, die ein
natuͤrliches Anſehen haben, da ſie den Waldbaͤumen zu einer Art von Umkraͤn-
zung dienen. Zuweilen laufen die Wege frey und offen; zuweilen im Schatten.
Wo es die Beſchaffenheit des Bodens erfodert, da wechſeln ſie mit bequemen Trep-
pen von Steinen oder Raſen ab. An verſchiedenen Stellen breiten ſie ſich zu runden
Plaͤtzen aus, die mit ſchoͤnen Baͤumen umkraͤnzt und mit Baͤnken verziert ſind.

Unter den ſchoͤn gewachſenen Buchen des Waldes ſind Eichen, Eſpen, Quit-
ſchern, Tannen und andre Geſchlechter gemiſcht. Die lichten Stellen wechſeln mit
dunkeln ab, wo dickes Untergebuͤſch den vielen und mannichfaltigen Waldſaͤngern, die
ſich hier zu wohnen freuen, eine ungeſtoͤrte Freyſtaͤtte anbietet. In einigen Gaͤngen

erhe-
T 2
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[147/0151] Beſchreibungen von Gaͤrten. Dieſes Gebaͤude verdient den naͤchſten Platz nach dem großen Pavillon, wovon es auch weniger als die andern entfernt liegt. Es iſt rund, hat ein graues Schie- ferdach von dieſer Form, und an den aͤußern Waͤnden einen blaͤulichen Anwurf. In der Mitte ein runder, mit Geſchmack verzierter Saal; auf jeder Seite ein Schlafka- binet. Der Saal hat keine Fenſter in den Waͤnden; die Erleuchtung faͤllt von oben durch zwey Ochſenaugen im Dach und durch die Glasthuͤre. Die Ausſicht von hier iſt in einem ſehr landmaͤßigen Stil. Man ſieht kein Waſſer, blos Felder, mit Gebuͤſchen, einzelnen Baͤumen, Zaͤunen und Wald unterbrochen, womit die Land- ſchaft in die Ferne zu verwildern ſcheint, unterdeſſen daß in gerader Richtung ein weißer Dorfkirchthurm aus der waldigten Verdunkelung emporſteigt. Kehrt man von dieſem kleinen Pavillon zu dem großen zuruͤck, ſo blickt man bald zur Linken uͤber einen Weg, auf welchem die Auffahrt geſchieht, nach einer Senkung des Berges hinab, worauf ſich die untere Gegend mit kleinen eingezaͤunten Stuͤcken von Feld und Wieſen wieder zu einem Walde hebt, vor deſſen Eingang eine Bauerhuͤtte ruhet. Die Vielheit, die Bequemlichkeit und die Abwechſelung der Gaͤnge, die auf allen Seiten in der Waldung des Berges herumlaufen, und nach und nach zu allen merkwuͤrdigen Scenen fuͤhren, macht einen wichtigen Theil von den Annehmlichkei- ten dieſes Parks aus. Einige Wege ſind ſo breit, daß ſie befahren werden; andre Gaͤnge laufen zuweilen in ſchmale Fußpfade uͤber. Bey Auffahrten und Zugaͤngen zum Hauptgebaͤude ſind ſie, wie ſie ſeyn ſollen, in gerader Linie; in andern Gegen- den, wo das Umherirren ergoͤtzt, oder der Gehende auf eine Ueberraſchung geleitet werden ſoll, ſchlaͤngeln ſie ſich in abwechſelnden und ungekuͤnſtelten Wendungen. Die Gaͤnge ſcheinen hier gleichſam in einer beſtaͤndigen Bewegung zu ſeyn, ſo ſehr auch Unbeweglichkeit ihr Eigenthum iſt; bald ſteigen ſie, bald ſenken ſie ſich wieder, nach den Abhaͤngen und Ungleichheiten des Bodens, die ſo viel zur Veraͤnderung der Sce- nen und der Proſpecte beytragen. Hie und da ſind ſie mit Hecken eingefaßt, die ein natuͤrliches Anſehen haben, da ſie den Waldbaͤumen zu einer Art von Umkraͤn- zung dienen. Zuweilen laufen die Wege frey und offen; zuweilen im Schatten. Wo es die Beſchaffenheit des Bodens erfodert, da wechſeln ſie mit bequemen Trep- pen von Steinen oder Raſen ab. An verſchiedenen Stellen breiten ſie ſich zu runden Plaͤtzen aus, die mit ſchoͤnen Baͤumen umkraͤnzt und mit Baͤnken verziert ſind. Unter den ſchoͤn gewachſenen Buchen des Waldes ſind Eichen, Eſpen, Quit- ſchern, Tannen und andre Geſchlechter gemiſcht. Die lichten Stellen wechſeln mit dunkeln ab, wo dickes Untergebuͤſch den vielen und mannichfaltigen Waldſaͤngern, die ſich hier zu wohnen freuen, eine ungeſtoͤrte Freyſtaͤtte anbietet. In einigen Gaͤngen erhe- T 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/151>, abgerufen am 04.12.2024.