Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang.
nur die äußern Gränzen derselben, und vervielfältigen die Figuren. Mit der Wich-
tigkeit, welche dieser Auftritt von so großen Strecken erhält, verbindet sich aller
Reichthum, dessen Waldungen fähig sind. Die dichtern Gebüsche bestehen aus Blu-
mensträuchern; und die freyen Plätze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflichsten
Bäume, welche die Wege einfassen oder überkreuzen, eine sonderbare Verschönerung.
Nichts aber ist klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwürdig.

Hier endigen sich die Gegenden, woraus der äußerste Theil des halben Monds
besteht. Von hier aber bis zu dem Wohnhause führet ein offener Spaziergang durch
den Park. Neben diesem Gange ist auf einer anmuthigen Höhe ein Zelt aufgeschla-
gen, und zwar gleich über dem Wasser, welches sich von hier weit vortheilhafter als
aus einem jeden andern Gesichtspunkt zeiget. Die breiteste Ausdehnung desselben
erscheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es sich nach verschiedenen
Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in dieselben hinein, bald so, daß
es dieselben umringt. Die Hauptbrücke von fünf Pfeilern ist gleich vor dem Gesich-
te; und in der Ferne, tief im Walde, erscheint eine andere, die aus einem einzelnen
Bogen besteht, und über einen Fluß gespannt ist, der sich ein wenig hinter ihr ver-
liert. Die Lage der letztern ist der erstern ganz entgegengesetzt, so daß das Auge längst
an der einen hin, und unter der andern wegsehen kann. Ueberdies ist die größere aus
Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals können zween Gegenstände von
einer Benennung, sowohl in der Gestalt als Lage, so verschieden seyn als diese. Auch
die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwechselung. An einem Orte sind sie of-
fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand
des Wassers herab läuft, bisweilen aber auch einen Zwischenraum für einen Spazier-
gang übrig läßt. Die Wege sind entweder längst an den Seiten hingeführt; oder
sie zeigen sich in einer Oeffnung des dichtesten Gehölzes; oder scheinen endlich sich hier
und da um dasselbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche sich hier in der Fer-
ne sehen läßt, wie sie hinter einer breiten Oeffnung zwischen dem abhängigen Walde
auf der einen Seite, und zwischen der mit dem gothischen Thurme gekrönten Anhö-
he auf der andern, sich über diese malerische und abwechselnde Scene erhebt.



VII. Be-

Anhang.
nur die aͤußern Graͤnzen derſelben, und vervielfaͤltigen die Figuren. Mit der Wich-
tigkeit, welche dieſer Auftritt von ſo großen Strecken erhaͤlt, verbindet ſich aller
Reichthum, deſſen Waldungen faͤhig ſind. Die dichtern Gebuͤſche beſtehen aus Blu-
menſtraͤuchern; und die freyen Plaͤtze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflichſten
Baͤume, welche die Wege einfaſſen oder uͤberkreuzen, eine ſonderbare Verſchoͤnerung.
Nichts aber iſt klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwuͤrdig.

Hier endigen ſich die Gegenden, woraus der aͤußerſte Theil des halben Monds
beſteht. Von hier aber bis zu dem Wohnhauſe fuͤhret ein offener Spaziergang durch
den Park. Neben dieſem Gange iſt auf einer anmuthigen Hoͤhe ein Zelt aufgeſchla-
gen, und zwar gleich uͤber dem Waſſer, welches ſich von hier weit vortheilhafter als
aus einem jeden andern Geſichtspunkt zeiget. Die breiteſte Ausdehnung deſſelben
erſcheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es ſich nach verſchiedenen
Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in dieſelben hinein, bald ſo, daß
es dieſelben umringt. Die Hauptbruͤcke von fuͤnf Pfeilern iſt gleich vor dem Geſich-
te; und in der Ferne, tief im Walde, erſcheint eine andere, die aus einem einzelnen
Bogen beſteht, und uͤber einen Fluß geſpannt iſt, der ſich ein wenig hinter ihr ver-
liert. Die Lage der letztern iſt der erſtern ganz entgegengeſetzt, ſo daß das Auge laͤngſt
an der einen hin, und unter der andern wegſehen kann. Ueberdies iſt die groͤßere aus
Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals koͤnnen zween Gegenſtaͤnde von
einer Benennung, ſowohl in der Geſtalt als Lage, ſo verſchieden ſeyn als dieſe. Auch
die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwechſelung. An einem Orte ſind ſie of-
fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand
des Waſſers herab laͤuft, bisweilen aber auch einen Zwiſchenraum fuͤr einen Spazier-
gang uͤbrig laͤßt. Die Wege ſind entweder laͤngſt an den Seiten hingefuͤhrt; oder
ſie zeigen ſich in einer Oeffnung des dichteſten Gehoͤlzes; oder ſcheinen endlich ſich hier
und da um daſſelbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche ſich hier in der Fer-
ne ſehen laͤßt, wie ſie hinter einer breiten Oeffnung zwiſchen dem abhaͤngigen Walde
auf der einen Seite, und zwiſchen der mit dem gothiſchen Thurme gekroͤnten Anhoͤ-
he auf der andern, ſich uͤber dieſe maleriſche und abwechſelnde Scene erhebt.



VII. Be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0186" n="182"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi></fw><lb/>
nur die a&#x0364;ußern Gra&#x0364;nzen der&#x017F;elben, und vervielfa&#x0364;ltigen die Figuren. Mit der Wich-<lb/>
tigkeit, welche die&#x017F;er Auftritt von &#x017F;o großen Strecken erha&#x0364;lt, verbindet &#x017F;ich aller<lb/>
Reichthum, de&#x017F;&#x017F;en Waldungen fa&#x0364;hig &#x017F;ind. Die dichtern Gebu&#x0364;&#x017F;che be&#x017F;tehen aus Blu-<lb/>
men&#x017F;tra&#x0364;uchern; und die freyen Pla&#x0364;tze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflich&#x017F;ten<lb/>
Ba&#x0364;ume, welche die Wege einfa&#x017F;&#x017F;en oder u&#x0364;berkreuzen, eine &#x017F;onderbare Ver&#x017F;cho&#x0364;nerung.<lb/>
Nichts aber i&#x017F;t klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwu&#x0364;rdig.</p><lb/>
        <p>Hier endigen &#x017F;ich die Gegenden, woraus der a&#x0364;ußer&#x017F;te Theil des halben Monds<lb/>
be&#x017F;teht. Von hier aber bis zu dem Wohnhau&#x017F;e fu&#x0364;hret ein offener Spaziergang durch<lb/>
den Park. Neben die&#x017F;em Gange i&#x017F;t auf einer anmuthigen Ho&#x0364;he ein Zelt aufge&#x017F;chla-<lb/>
gen, und zwar gleich u&#x0364;ber dem Wa&#x017F;&#x017F;er, welches &#x017F;ich von hier weit vortheilhafter als<lb/>
aus einem jeden andern Ge&#x017F;ichtspunkt zeiget. Die breite&#x017F;te Ausdehnung de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
er&#x017F;cheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es &#x017F;ich nach ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in die&#x017F;elben hinein, bald &#x017F;o, daß<lb/>
es die&#x017F;elben umringt. Die Hauptbru&#x0364;cke von fu&#x0364;nf Pfeilern i&#x017F;t gleich vor dem Ge&#x017F;ich-<lb/>
te; und in der Ferne, tief im Walde, er&#x017F;cheint eine andere, die aus einem einzelnen<lb/>
Bogen be&#x017F;teht, und u&#x0364;ber einen Fluß ge&#x017F;pannt i&#x017F;t, der &#x017F;ich ein wenig hinter ihr ver-<lb/>
liert. Die Lage der letztern i&#x017F;t der er&#x017F;tern ganz entgegenge&#x017F;etzt, &#x017F;o daß das Auge la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
an der einen hin, und unter der andern weg&#x017F;ehen kann. Ueberdies i&#x017F;t die gro&#x0364;ßere aus<lb/>
Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals ko&#x0364;nnen zween Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde von<lb/>
einer Benennung, &#x017F;owohl in der Ge&#x017F;talt als Lage, &#x017F;o ver&#x017F;chieden &#x017F;eyn als die&#x017F;e. Auch<lb/>
die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwech&#x017F;elung. An einem Orte &#x017F;ind &#x017F;ie of-<lb/>
fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand<lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ers herab la&#x0364;uft, bisweilen aber auch einen Zwi&#x017F;chenraum fu&#x0364;r einen Spazier-<lb/>
gang u&#x0364;brig la&#x0364;ßt. Die Wege &#x017F;ind entweder la&#x0364;ng&#x017F;t an den Seiten hingefu&#x0364;hrt; oder<lb/>
&#x017F;ie zeigen &#x017F;ich in einer Oeffnung des dichte&#x017F;ten Geho&#x0364;lzes; oder &#x017F;cheinen endlich &#x017F;ich hier<lb/>
und da um da&#x017F;&#x017F;elbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche &#x017F;ich hier in der Fer-<lb/>
ne &#x017F;ehen la&#x0364;ßt, wie &#x017F;ie hinter einer breiten Oeffnung zwi&#x017F;chen dem abha&#x0364;ngigen Walde<lb/>
auf der einen Seite, und zwi&#x017F;chen der mit dem <hi rendition="#fr">gothi&#x017F;chen</hi> Thurme gekro&#x0364;nten Anho&#x0364;-<lb/>
he auf der andern, &#x017F;ich u&#x0364;ber die&#x017F;e maleri&#x017F;che und abwech&#x017F;elnde Scene erhebt.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Be-</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0186] Anhang. nur die aͤußern Graͤnzen derſelben, und vervielfaͤltigen die Figuren. Mit der Wich- tigkeit, welche dieſer Auftritt von ſo großen Strecken erhaͤlt, verbindet ſich aller Reichthum, deſſen Waldungen faͤhig ſind. Die dichtern Gebuͤſche beſtehen aus Blu- menſtraͤuchern; und die freyen Plaͤtze erhalten von luftigen Gruppen der vortrefflichſten Baͤume, welche die Wege einfaſſen oder uͤberkreuzen, eine ſonderbare Verſchoͤnerung. Nichts aber iſt klein, oder der umliegenden Gegend des Tempels unwuͤrdig. Hier endigen ſich die Gegenden, woraus der aͤußerſte Theil des halben Monds beſteht. Von hier aber bis zu dem Wohnhauſe fuͤhret ein offener Spaziergang durch den Park. Neben dieſem Gange iſt auf einer anmuthigen Hoͤhe ein Zelt aufgeſchla- gen, und zwar gleich uͤber dem Waſſer, welches ſich von hier weit vortheilhafter als aus einem jeden andern Geſichtspunkt zeiget. Die breiteſte Ausdehnung deſſelben erſcheinet hier am Fuße des Berges. Von da verbreitet es ſich nach verſchiedenen Richtungen bald bis an die Waldungen, bald mitten in dieſelben hinein, bald ſo, daß es dieſelben umringt. Die Hauptbruͤcke von fuͤnf Pfeilern iſt gleich vor dem Geſich- te; und in der Ferne, tief im Walde, erſcheint eine andere, die aus einem einzelnen Bogen beſteht, und uͤber einen Fluß geſpannt iſt, der ſich ein wenig hinter ihr ver- liert. Die Lage der letztern iſt der erſtern ganz entgegengeſetzt, ſo daß das Auge laͤngſt an der einen hin, und unter der andern wegſehen kann. Ueberdies iſt die groͤßere aus Steinen, und die kleinere aus Holz gebauet. Niemals koͤnnen zween Gegenſtaͤnde von einer Benennung, ſowohl in der Geſtalt als Lage, ſo verſchieden ſeyn als dieſe. Auch die Ufer des Sees haben eine unendliche Abwechſelung. An einem Orte ſind ſie of- fen, und an einem andern mit Waldung bedeckt, welche bisweilen bis an den Rand des Waſſers herab laͤuft, bisweilen aber auch einen Zwiſchenraum fuͤr einen Spazier- gang uͤbrig laͤßt. Die Wege ſind entweder laͤngſt an den Seiten hingefuͤhrt; oder ſie zeigen ſich in einer Oeffnung des dichteſten Gehoͤlzes; oder ſcheinen endlich ſich hier und da um daſſelbe herum nach der Landgegend zu wenden, welche ſich hier in der Fer- ne ſehen laͤßt, wie ſie hinter einer breiten Oeffnung zwiſchen dem abhaͤngigen Walde auf der einen Seite, und zwiſchen der mit dem gothiſchen Thurme gekroͤnten Anhoͤ- he auf der andern, ſich uͤber dieſe maleriſche und abwechſelnde Scene erhebt. VII. Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/186
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/186>, abgerufen am 04.12.2024.