Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Baumwerk.

Wo in einer ausgedehnten Landschaft mehrere Wälder an einander hängen und
eine Fortsetzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont
begränzet; da wird die Aussicht vor dem Ueberdruß der Einförmigkeit durch hellere
Zwischenräume von Bergen und Saatfeldern gesichert.

Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anhöhe liegt, geben kleine
mit lichterm Grün fanst aufschwellende Hügel eine liebliche Verzierung. Eine ähnli-
che angenehme Wirkung wird durch kleine dünne Gruppen oder einzelne Bäume er-
reicht, die, in einem bestimmten Abstande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal-
des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwischen ihren
Stämmen hervorscheint, zugleich eine reizende Perspectiv bilden.

Ein Wald verstattet alle Arten von Gebäuden, von der verfallenen Einsiedeley
bis zu dem prächtigsten Tempel, weil er eine Verschiedenheit von Gegenden zuläßt.
Sie können die Charaktere dieser Gegenden mehr bestimmen und verstärken, wenn sie
nur mit dem Revier, dem sie jedesmal zukommen, geschickt verbunden werden. Selbst
ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht sein dunkles
Ansehen, und kündigt schon aus der Ferne die sanfte Ruhe dieser glücklichen Lage an.

[Abbildung]

5. Wal-
F 2
Vom Baumwerk.

Wo in einer ausgedehnten Landſchaft mehrere Waͤlder an einander haͤngen und
eine Fortſetzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont
begraͤnzet; da wird die Ausſicht vor dem Ueberdruß der Einfoͤrmigkeit durch hellere
Zwiſchenraͤume von Bergen und Saatfeldern geſichert.

Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anhoͤhe liegt, geben kleine
mit lichterm Gruͤn fanſt aufſchwellende Huͤgel eine liebliche Verzierung. Eine aͤhnli-
che angenehme Wirkung wird durch kleine duͤnne Gruppen oder einzelne Baͤume er-
reicht, die, in einem beſtimmten Abſtande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal-
des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwiſchen ihren
Staͤmmen hervorſcheint, zugleich eine reizende Perſpectiv bilden.

Ein Wald verſtattet alle Arten von Gebaͤuden, von der verfallenen Einſiedeley
bis zu dem praͤchtigſten Tempel, weil er eine Verſchiedenheit von Gegenden zulaͤßt.
Sie koͤnnen die Charaktere dieſer Gegenden mehr beſtimmen und verſtaͤrken, wenn ſie
nur mit dem Revier, dem ſie jedesmal zukommen, geſchickt verbunden werden. Selbſt
ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht ſein dunkles
Anſehen, und kuͤndigt ſchon aus der Ferne die ſanfte Ruhe dieſer gluͤcklichen Lage an.

[Abbildung]

5. Wal-
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <pb facs="#f0047" n="43"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vom Baumwerk.</hi> </fw><lb/>
            <p>Wo in einer ausgedehnten Land&#x017F;chaft mehrere Wa&#x0364;lder an einander ha&#x0364;ngen und<lb/>
eine Fort&#x017F;etzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont<lb/>
begra&#x0364;nzet; da wird die Aus&#x017F;icht vor dem Ueberdruß der Einfo&#x0364;rmigkeit durch hellere<lb/>
Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume von Bergen und Saatfeldern ge&#x017F;ichert.</p><lb/>
            <p>Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anho&#x0364;he liegt, geben kleine<lb/>
mit lichterm Gru&#x0364;n fan&#x017F;t auf&#x017F;chwellende Hu&#x0364;gel eine liebliche Verzierung. Eine a&#x0364;hnli-<lb/>
che angenehme Wirkung wird durch kleine du&#x0364;nne Gruppen oder einzelne Ba&#x0364;ume er-<lb/>
reicht, die, in einem be&#x017F;timmten Ab&#x017F;tande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal-<lb/>
des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwi&#x017F;chen ihren<lb/>
Sta&#x0364;mmen hervor&#x017F;cheint, zugleich eine reizende Per&#x017F;pectiv bilden.</p><lb/>
            <p>Ein Wald ver&#x017F;tattet alle Arten von Geba&#x0364;uden, von der verfallenen Ein&#x017F;iedeley<lb/>
bis zu dem pra&#x0364;chtig&#x017F;ten Tempel, weil er eine Ver&#x017F;chiedenheit von Gegenden zula&#x0364;ßt.<lb/>
Sie ko&#x0364;nnen die Charaktere die&#x017F;er Gegenden mehr be&#x017F;timmen und ver&#x017F;ta&#x0364;rken, wenn &#x017F;ie<lb/>
nur mit dem Revier, dem &#x017F;ie jedesmal zukommen, ge&#x017F;chickt verbunden werden. Selb&#x017F;t<lb/>
ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht &#x017F;ein dunkles<lb/>
An&#x017F;ehen, und ku&#x0364;ndigt &#x017F;chon aus der Ferne die &#x017F;anfte Ruhe die&#x017F;er glu&#x0364;cklichen Lage an.</p><lb/>
            <figure/>
          </div>
          <fw place="bottom" type="sig">F 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">5. Wal-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0047] Vom Baumwerk. Wo in einer ausgedehnten Landſchaft mehrere Waͤlder an einander haͤngen und eine Fortſetzung von Waldung bilden, die in einer langen Strecke umher den Horizont begraͤnzet; da wird die Ausſicht vor dem Ueberdruß der Einfoͤrmigkeit durch hellere Zwiſchenraͤume von Bergen und Saatfeldern geſichert. Vor dem Zugange zu einem Walde, der auf einer Anhoͤhe liegt, geben kleine mit lichterm Gruͤn fanſt aufſchwellende Huͤgel eine liebliche Verzierung. Eine aͤhnli- che angenehme Wirkung wird durch kleine duͤnne Gruppen oder einzelne Baͤume er- reicht, die, in einem beſtimmten Abſtande, mit hellern Farben das Dunkle des Wal- des unterbrechen, und, indem der hinter ihnen befindliche leere Raum zwiſchen ihren Staͤmmen hervorſcheint, zugleich eine reizende Perſpectiv bilden. Ein Wald verſtattet alle Arten von Gebaͤuden, von der verfallenen Einſiedeley bis zu dem praͤchtigſten Tempel, weil er eine Verſchiedenheit von Gegenden zulaͤßt. Sie koͤnnen die Charaktere dieſer Gegenden mehr beſtimmen und verſtaͤrken, wenn ſie nur mit dem Revier, dem ſie jedesmal zukommen, geſchickt verbunden werden. Selbſt ein reinliches helles Wohnhaus vor dem Eingange eines Waldes unterbricht ſein dunkles Anſehen, und kuͤndigt ſchon aus der Ferne die ſanfte Ruhe dieſer gluͤcklichen Lage an. [Abbildung] 5. Wal- F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/47
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/47>, abgerufen am 09.11.2024.