Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Vom Baumwerk. geht noch weiter. Sie zeigt nicht blos die angenehmsten Gemälde, die der Garten-künstler dem Auge durch die Mischung des Laubwerks schaffen kann; sie winkt auch auf mancherley Scenen zur Belustigung und feinern Beschäftigung der Seele in Gruppen, Hainen und Wäldern hin. a. Malerey des Laubwerks. Ich darf es nicht wiederholen, welche Mannichfaltigkeit und wunderbare Mi- Außer unsern gewöhnlichen Waldbäumen bieten auch die Obstbäume, die man Man hat lange Zeit hindurch die Bäume als bloße Mittel der Beschat- im II Band. G
Vom Baumwerk. geht noch weiter. Sie zeigt nicht blos die angenehmſten Gemaͤlde, die der Garten-kuͤnſtler dem Auge durch die Miſchung des Laubwerks ſchaffen kann; ſie winkt auch auf mancherley Scenen zur Beluſtigung und feinern Beſchaͤftigung der Seele in Gruppen, Hainen und Waͤldern hin. a. Malerey des Laubwerks. Ich darf es nicht wiederholen, welche Mannichfaltigkeit und wunderbare Mi- Außer unſern gewoͤhnlichen Waldbaͤumen bieten auch die Obſtbaͤume, die man Man hat lange Zeit hindurch die Baͤume als bloße Mittel der Beſchat- im II Band. G
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Vom Baumwerk.
geht noch weiter. Sie zeigt nicht blos die angenehmſten Gemaͤlde, die der Garten-
kuͤnſtler dem Auge durch die Miſchung des Laubwerks ſchaffen kann; ſie winkt auch auf
mancherley Scenen zur Beluſtigung und feinern Beſchaͤftigung der Seele in Gruppen,
Hainen und Waͤldern hin.
a.
Malerey des Laubwerks.
Ich darf es nicht wiederholen, welche Mannichfaltigkeit und wunderbare Mi-
ſchung des Gruͤns die Natur in ihren Baͤumen und Straͤuchern ausgebreitet hat.
Die Geſtalt, die Groͤße, die Dichtigkeit und Duͤnnigkeit der Zweige, die Staͤrke
und Leichtigkeit, die Steifigkeit und Beweglichkeit der Blaͤtter tragen auf verſchiedene
Weiſe dazu bey, die Schattirungen des Gruͤns zu vermehren.
Außer unſern gewoͤhnlichen Waldbaͤumen bieten auch die Obſtbaͤume, die man
zuweilen aus den Pflanzungen nicht ohne Beleidigung ihrer Vorrechte ganz verbannt,
oder doch an abgeſonderten Plaͤtzen zu verbergen pflegt, die Abwechſelung ihrer Far-
ben an. Warum ſoll ſich ein Kirſchbaum nicht eben ſo frey zeigen duͤrfen, als eine
Hagebuche? Außer der Schoͤnheit der Bluͤhte und Fruͤchte gefallen viele Fruchtbaͤu-
me auch noch durch ihr Laub, das wenigſtens zu Abaͤnderungen Anlaß giebt. Welche
ſchoͤne Mannichfaltigkeit finden wir nicht ſchon in den gewoͤhnlichen Arten, die in den
deutſchen Gaͤrten gezogen werden! Und welche Malerey, und welcher liebliche Con-
traſt, wenn ſie mit Ueberlegung und Geſchmack unter die wilden Baͤume gemiſcht
wuͤrden! Aber, ohne genaue Ruͤckſicht auf die Zeit und Dauer des ausſchlagenden und
fortbluͤhenden Laubes der wilden Baͤume, und auf die Zeit und Dauer der Bluͤhte
und Fruͤchte der darunter gemiſchten Obſtbaͤume, wuͤrde nur eine ſeltſame und ekelhaf-
te Verwirrung an die Stelle einer harmoniſchen Verbindung treten. — Außerdem
liefern uns die nordamericaniſchen Baͤume, die ſeit verſchiedenen Jahren und an
verſchiedenen Orten ſchon unſere Pflanzungen erweitern, einen neuen Reichthum des
Gruͤns im Baumwerk.
Man hat lange Zeit hindurch die Baͤume als bloße Mittel der Beſchat-
tung angeſehen, und man begnuͤgte ſich, wenn dieſes Beduͤrfniß befriedigt war. Auch
der kleinſte Garten enthaͤlt, ohne Schatten, in ſich einen Widerſpruch. Allein Be-
ſchattung iſt nicht alles, was der Geſchmack verlangt. Auch iſt der Schatten nicht
immer da ſchicklich, wo ſeine Kuͤhlung erfreut; die Beſchaffenheit des Platzes und der
Scene muß die Entſcheidung geben. Er wuͤrde z. B. uͤber eine Blumenflur hinge-
worfen ſehr uͤbel paſſen. An Grotten aber, an Einſiedeleyen und Baͤdern wird er
geſucht. Zu viel und zu wenig Schattenwerk kann ſowohl in einzelnen Theilen, als
im
II Band. G
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