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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.

Indessen können doch zuweilen ganze Gruppen von Statüen in einem dazu ein-
gerichteten Revier mit einer guten Wirkung angelegt werden. Dieß giebt sodann eine
Scene, die durch eine höhere Lebhaftigkeit und durch den Reichthum der Kunst sich von
den gewöhnlichen unterscheidet, oft des Contrastes wegen angelegt, noch mehr aber um
eine Folge von Ideen und Empfindungen zu gewinnen, die sich sonst nicht erhalten
lassen. Anlagen von diesem Charakter überraschen, beleben, reißen zur Bewunde-
rung oder versetzen die Seele des Zuschauers in andere Zeiten und in entfernte Gegen-
den hin. Zu dieser Classe gehören alle Nachahmungen von Plätzen und Scenen, die
in andern Ländern ihre Heimath haben, oder blos in der Mythologie und in den Phan-
tasien der Dichter vorhanden sind. Die ersten Werke in diesem Geschmack entstanden
ohne Zweifel in dem berühmten Landsitz des Kaisers Hadrian zu Tivoli, als er dar-
inn die merkwürdigsten Gegenden Griechenlands nachahmte.[Spaltenumbruch] *) Und in den neuern
Zeiten sind die elysäischen Felder zu Stowe ein sehr gepriesenes Muster geworden,
das hier eine Beschreibung**) verdient.

Die elysäischen Felder werden von einem angenehmen Bache durchströmt.
Die Bäume stehen so zerstreut und dünne, daß sie ganz licht und luftig sind. An
dem einen Ende öffnen sie sich gegen ein grösseres Wasser und eine ausgedehntere Flur.
Die Einfassung ist sehr oft unterbrochen, um weit entlegene Gegenstände zu zeigen,
die durch die Art, wie sie erscheinen, ein weit entfernteres Ansehen bekommen. Der
Eingang ist unter einem dorischen Schwibbogen, der auf eine Oeffnung durch die
Bäume trifft. Inwendig stehen die Tempel der alten Tugend und der brittischen
Helden; der eine liegt hoch, der andere tief in dem Thale, nahe bey dem Wasser.
Beyde sind mit den Bildern der Männer geziert, die sich durch ihre Verdienste im
Kriege, im Staat oder in der Gelehrsamkeit am meisten berühmt gemacht haben.
Der Tempel der unsterblichen Britten hat die Gestalt eines halben Zirkels, und ent-
hält eine Folge von sechszehn Nischen, wovon jede mit einem Brustbild geziert ist.
Die Mitte der Krümmung ist mit einer Pyramide geschmückt, worinn sich in einer
Nische eine schöne Büste des Mercur zeigt, über welcher diese Inschrift aus dem Vir-
gil
steht:

Campos ducit ad Elysios.
Unten
*) S. 1ster B. S. 19.
**) Diese Beschreibung ist theils aus
dem Whately, theils aus einem eigenen
[Spaltenumbruch] Werke von diesem Park: Stowe: a descri-
ption &c.
(1ster B. S. 69.) wovon ich hier
gelegentlich die neue verbesserte Ausgabe
von 1773 anzeige.
Monumenten und Inſchriften.

Indeſſen koͤnnen doch zuweilen ganze Gruppen von Statuͤen in einem dazu ein-
gerichteten Revier mit einer guten Wirkung angelegt werden. Dieß giebt ſodann eine
Scene, die durch eine hoͤhere Lebhaftigkeit und durch den Reichthum der Kunſt ſich von
den gewoͤhnlichen unterſcheidet, oft des Contraſtes wegen angelegt, noch mehr aber um
eine Folge von Ideen und Empfindungen zu gewinnen, die ſich ſonſt nicht erhalten
laſſen. Anlagen von dieſem Charakter uͤberraſchen, beleben, reißen zur Bewunde-
rung oder verſetzen die Seele des Zuſchauers in andere Zeiten und in entfernte Gegen-
den hin. Zu dieſer Claſſe gehoͤren alle Nachahmungen von Plaͤtzen und Scenen, die
in andern Laͤndern ihre Heimath haben, oder blos in der Mythologie und in den Phan-
taſien der Dichter vorhanden ſind. Die erſten Werke in dieſem Geſchmack entſtanden
ohne Zweifel in dem beruͤhmten Landſitz des Kaiſers Hadrian zu Tivoli, als er dar-
inn die merkwuͤrdigſten Gegenden Griechenlands nachahmte.[Spaltenumbruch] *) Und in den neuern
Zeiten ſind die elyſaͤiſchen Felder zu Stowe ein ſehr geprieſenes Muſter geworden,
das hier eine Beſchreibung**) verdient.

Die elyſaͤiſchen Felder werden von einem angenehmen Bache durchſtroͤmt.
Die Baͤume ſtehen ſo zerſtreut und duͤnne, daß ſie ganz licht und luftig ſind. An
dem einen Ende oͤffnen ſie ſich gegen ein groͤſſeres Waſſer und eine ausgedehntere Flur.
Die Einfaſſung iſt ſehr oft unterbrochen, um weit entlegene Gegenſtaͤnde zu zeigen,
die durch die Art, wie ſie erſcheinen, ein weit entfernteres Anſehen bekommen. Der
Eingang iſt unter einem doriſchen Schwibbogen, der auf eine Oeffnung durch die
Baͤume trifft. Inwendig ſtehen die Tempel der alten Tugend und der brittiſchen
Helden; der eine liegt hoch, der andere tief in dem Thale, nahe bey dem Waſſer.
Beyde ſind mit den Bildern der Maͤnner geziert, die ſich durch ihre Verdienſte im
Kriege, im Staat oder in der Gelehrſamkeit am meiſten beruͤhmt gemacht haben.
Der Tempel der unſterblichen Britten hat die Geſtalt eines halben Zirkels, und ent-
haͤlt eine Folge von ſechszehn Niſchen, wovon jede mit einem Bruſtbild geziert iſt.
Die Mitte der Kruͤmmung iſt mit einer Pyramide geſchmuͤckt, worinn ſich in einer
Niſche eine ſchoͤne Buͤſte des Mercur zeigt, uͤber welcher dieſe Inſchrift aus dem Vir-
gil
ſteht:

Campos ducit ad Elyſios.
Unten
*) S. 1ſter B. S. 19.
**) Dieſe Beſchreibung iſt theils aus
dem Whately, theils aus einem eigenen
[Spaltenumbruch] Werke von dieſem Park: Stowe: a deſcri-
ption &c.
(1ſter B. S. 69.) wovon ich hier
gelegentlich die neue verbeſſerte Ausgabe
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[135/0139] Monumenten und Inſchriften. Indeſſen koͤnnen doch zuweilen ganze Gruppen von Statuͤen in einem dazu ein- gerichteten Revier mit einer guten Wirkung angelegt werden. Dieß giebt ſodann eine Scene, die durch eine hoͤhere Lebhaftigkeit und durch den Reichthum der Kunſt ſich von den gewoͤhnlichen unterſcheidet, oft des Contraſtes wegen angelegt, noch mehr aber um eine Folge von Ideen und Empfindungen zu gewinnen, die ſich ſonſt nicht erhalten laſſen. Anlagen von dieſem Charakter uͤberraſchen, beleben, reißen zur Bewunde- rung oder verſetzen die Seele des Zuſchauers in andere Zeiten und in entfernte Gegen- den hin. Zu dieſer Claſſe gehoͤren alle Nachahmungen von Plaͤtzen und Scenen, die in andern Laͤndern ihre Heimath haben, oder blos in der Mythologie und in den Phan- taſien der Dichter vorhanden ſind. Die erſten Werke in dieſem Geſchmack entſtanden ohne Zweifel in dem beruͤhmten Landſitz des Kaiſers Hadrian zu Tivoli, als er dar- inn die merkwuͤrdigſten Gegenden Griechenlands nachahmte. *) Und in den neuern Zeiten ſind die elyſaͤiſchen Felder zu Stowe ein ſehr geprieſenes Muſter geworden, das hier eine Beſchreibung **) verdient. Die elyſaͤiſchen Felder werden von einem angenehmen Bache durchſtroͤmt. Die Baͤume ſtehen ſo zerſtreut und duͤnne, daß ſie ganz licht und luftig ſind. An dem einen Ende oͤffnen ſie ſich gegen ein groͤſſeres Waſſer und eine ausgedehntere Flur. Die Einfaſſung iſt ſehr oft unterbrochen, um weit entlegene Gegenſtaͤnde zu zeigen, die durch die Art, wie ſie erſcheinen, ein weit entfernteres Anſehen bekommen. Der Eingang iſt unter einem doriſchen Schwibbogen, der auf eine Oeffnung durch die Baͤume trifft. Inwendig ſtehen die Tempel der alten Tugend und der brittiſchen Helden; der eine liegt hoch, der andere tief in dem Thale, nahe bey dem Waſſer. Beyde ſind mit den Bildern der Maͤnner geziert, die ſich durch ihre Verdienſte im Kriege, im Staat oder in der Gelehrſamkeit am meiſten beruͤhmt gemacht haben. Der Tempel der unſterblichen Britten hat die Geſtalt eines halben Zirkels, und ent- haͤlt eine Folge von ſechszehn Niſchen, wovon jede mit einem Bruſtbild geziert iſt. Die Mitte der Kruͤmmung iſt mit einer Pyramide geſchmuͤckt, worinn ſich in einer Niſche eine ſchoͤne Buͤſte des Mercur zeigt, uͤber welcher dieſe Inſchrift aus dem Vir- gil ſteht: Campos ducit ad Elyſios. Unten *) S. 1ſter B. S. 19. **) Dieſe Beſchreibung iſt theils aus dem Whately, theils aus einem eigenen Werke von dieſem Park: Stowe: a deſcri- ption &c. (1ſter B. S. 69.) wovon ich hier gelegentlich die neue verbeſſerte Ausgabe von 1773 anzeige.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/139>, abgerufen am 21.11.2024.