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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Zweyter Abschnitt. Von kleinern
tigkeit übereinstimmen, eine Abtheilung für die Herren und für die Bedienten, und
ein ruhiges und anmuthiges Schlafgemach haben. Die Größe darf nur nach dem
Bedürfniß und der Bequemlichkeit abgemessen seyn; man braucht wenig Raum, wo
man gleich auf einen grünen schattigten Vorplatz austreten kann. Nahe um diese
ländliche Hütten mögen blühende Gesträuche und die lieblichsten Blumen der Jahres-
zeit ihre Wohlgerüche aushauchen, der Pfirschbaum und die Weinrebe mag sich an
den Fenstern hinaufziehen, und an der Seite des Schlafgemachs in einem Gebüsch,
wo die Sängerinn der Liebe gerne wohnt, eine Quelle rauschen. Jeder Bewohner
bleibt hier die Zeit des Tages, so lange es ihm gefällt; die Besuche, die er seinen
Nachbarn giebt, sind so viele angenehme Spaziergänge; er verschließt sich wieder zum
Lesen und zur Beschäftigung; er liebt seine Wohnung, als sein Eigenthum. Die-
ses ist ohne Widerspruch ein weit mehr lachendes Gemälde, als ein Gebäude mit zwan-
zig Fenstern im Vordertheil; alles athmet hier ländliche Freyheit und Anmuth.

Nicht weniger lassen sich einzelne Gartengebäude zu einem besondern Gebrauch,
der zwischen Ergötzung und Bequemlichkeit in der Mitte liegt, bestimmen. So kann
man dem Vergnügen der Tafel ein besonderes Lusthaus widmen. Es verlangt eine
kühle, schattigte Lage, und eine heitre Aussicht. Ist in der Nähe eine klare Quelle,
ein Gebüsch, das von singenden Vögeln bewohnt wird, ein beschatteter Vorplatz zum
Herumwandeln, desto angenehmer. Der Speisesaal muß hoch und helle seyn, und
verziert in einem lebhaften angenehmen Geschmack. Die Küche verberge sich in den
Schatten eines nahen Dickigts.

Ein anderes Gartengebäude kann den Vergnügungen der Musik und des Tan-
zes besonders gewidmet seyn. Es verlangt keine prächtige Lage, noch weite ergötzen-
de Aussichten; keine stark interessirende Naturscenen in der Nähe. Eine Verschlies-
sung im ruhigen Schatten ist hier am meisten angemessen. Der äußere Charakter
kündige die Bestimmung des Gebäudes an, und die innere Verzierung befriedige die
Erwartung, die vor dem Eintritt erregt wird.

Ein abgesondertes einzeln liegendes Studierkabinet fordert eine ruhige und ein-
same Lage zwischen Heiterkeit und milder Beschattung; denn gar zu viel Helle ist hier
eben so unbequem, als zu viel Dunkelheit. Kein Geräusch eines starken Wasserfalls,
aber kleine sanfte Wassergüsse; zur Seite eine Anhöhe, wenn es die Lage verstattet,
oder hohe Bäume, die den Flug des Geistes beleben helfen. Immer so viel Aus-
sicht auf lebhafte Scenen in der Ferne, als in Zwischenstunden zur Erheiterung nö-
thig ist. Am Eingang oder auf dem Vorplatz die Statüe des Vaters der Künste,
oder eines Philosophen, oder eines Dichters, der Liebling des Besitzers ist, an dessen
Feuer sich seine Einbildungskraft erwärmt, dessen Ruhm seine Eifersucht beherrscht.

Einfalt

Zweyter Abſchnitt. Von kleinern
tigkeit uͤbereinſtimmen, eine Abtheilung fuͤr die Herren und fuͤr die Bedienten, und
ein ruhiges und anmuthiges Schlafgemach haben. Die Groͤße darf nur nach dem
Beduͤrfniß und der Bequemlichkeit abgemeſſen ſeyn; man braucht wenig Raum, wo
man gleich auf einen gruͤnen ſchattigten Vorplatz austreten kann. Nahe um dieſe
laͤndliche Huͤtten moͤgen bluͤhende Geſtraͤuche und die lieblichſten Blumen der Jahres-
zeit ihre Wohlgeruͤche aushauchen, der Pfirſchbaum und die Weinrebe mag ſich an
den Fenſtern hinaufziehen, und an der Seite des Schlafgemachs in einem Gebuͤſch,
wo die Saͤngerinn der Liebe gerne wohnt, eine Quelle rauſchen. Jeder Bewohner
bleibt hier die Zeit des Tages, ſo lange es ihm gefaͤllt; die Beſuche, die er ſeinen
Nachbarn giebt, ſind ſo viele angenehme Spaziergaͤnge; er verſchließt ſich wieder zum
Leſen und zur Beſchaͤftigung; er liebt ſeine Wohnung, als ſein Eigenthum. Die-
ſes iſt ohne Widerſpruch ein weit mehr lachendes Gemaͤlde, als ein Gebaͤude mit zwan-
zig Fenſtern im Vordertheil; alles athmet hier laͤndliche Freyheit und Anmuth.

Nicht weniger laſſen ſich einzelne Gartengebaͤude zu einem beſondern Gebrauch,
der zwiſchen Ergoͤtzung und Bequemlichkeit in der Mitte liegt, beſtimmen. So kann
man dem Vergnuͤgen der Tafel ein beſonderes Luſthaus widmen. Es verlangt eine
kuͤhle, ſchattigte Lage, und eine heitre Ausſicht. Iſt in der Naͤhe eine klare Quelle,
ein Gebuͤſch, das von ſingenden Voͤgeln bewohnt wird, ein beſchatteter Vorplatz zum
Herumwandeln, deſto angenehmer. Der Speiſeſaal muß hoch und helle ſeyn, und
verziert in einem lebhaften angenehmen Geſchmack. Die Kuͤche verberge ſich in den
Schatten eines nahen Dickigts.

Ein anderes Gartengebaͤude kann den Vergnuͤgungen der Muſik und des Tan-
zes beſonders gewidmet ſeyn. Es verlangt keine praͤchtige Lage, noch weite ergoͤtzen-
de Ausſichten; keine ſtark intereſſirende Naturſcenen in der Naͤhe. Eine Verſchlieſ-
ſung im ruhigen Schatten iſt hier am meiſten angemeſſen. Der aͤußere Charakter
kuͤndige die Beſtimmung des Gebaͤudes an, und die innere Verzierung befriedige die
Erwartung, die vor dem Eintritt erregt wird.

Ein abgeſondertes einzeln liegendes Studierkabinet fordert eine ruhige und ein-
ſame Lage zwiſchen Heiterkeit und milder Beſchattung; denn gar zu viel Helle iſt hier
eben ſo unbequem, als zu viel Dunkelheit. Kein Geraͤuſch eines ſtarken Waſſerfalls,
aber kleine ſanfte Waſſerguͤſſe; zur Seite eine Anhoͤhe, wenn es die Lage verſtattet,
oder hohe Baͤume, die den Flug des Geiſtes beleben helfen. Immer ſo viel Aus-
ſicht auf lebhafte Scenen in der Ferne, als in Zwiſchenſtunden zur Erheiterung noͤ-
thig iſt. Am Eingang oder auf dem Vorplatz die Statuͤe des Vaters der Kuͤnſte,
oder eines Philoſophen, oder eines Dichters, der Liebling des Beſitzers iſt, an deſſen
Feuer ſich ſeine Einbildungskraft erwaͤrmt, deſſen Ruhm ſeine Eiferſucht beherrſcht.

Einfalt
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[36/0040] Zweyter Abſchnitt. Von kleinern tigkeit uͤbereinſtimmen, eine Abtheilung fuͤr die Herren und fuͤr die Bedienten, und ein ruhiges und anmuthiges Schlafgemach haben. Die Groͤße darf nur nach dem Beduͤrfniß und der Bequemlichkeit abgemeſſen ſeyn; man braucht wenig Raum, wo man gleich auf einen gruͤnen ſchattigten Vorplatz austreten kann. Nahe um dieſe laͤndliche Huͤtten moͤgen bluͤhende Geſtraͤuche und die lieblichſten Blumen der Jahres- zeit ihre Wohlgeruͤche aushauchen, der Pfirſchbaum und die Weinrebe mag ſich an den Fenſtern hinaufziehen, und an der Seite des Schlafgemachs in einem Gebuͤſch, wo die Saͤngerinn der Liebe gerne wohnt, eine Quelle rauſchen. Jeder Bewohner bleibt hier die Zeit des Tages, ſo lange es ihm gefaͤllt; die Beſuche, die er ſeinen Nachbarn giebt, ſind ſo viele angenehme Spaziergaͤnge; er verſchließt ſich wieder zum Leſen und zur Beſchaͤftigung; er liebt ſeine Wohnung, als ſein Eigenthum. Die- ſes iſt ohne Widerſpruch ein weit mehr lachendes Gemaͤlde, als ein Gebaͤude mit zwan- zig Fenſtern im Vordertheil; alles athmet hier laͤndliche Freyheit und Anmuth. Nicht weniger laſſen ſich einzelne Gartengebaͤude zu einem beſondern Gebrauch, der zwiſchen Ergoͤtzung und Bequemlichkeit in der Mitte liegt, beſtimmen. So kann man dem Vergnuͤgen der Tafel ein beſonderes Luſthaus widmen. Es verlangt eine kuͤhle, ſchattigte Lage, und eine heitre Ausſicht. Iſt in der Naͤhe eine klare Quelle, ein Gebuͤſch, das von ſingenden Voͤgeln bewohnt wird, ein beſchatteter Vorplatz zum Herumwandeln, deſto angenehmer. Der Speiſeſaal muß hoch und helle ſeyn, und verziert in einem lebhaften angenehmen Geſchmack. Die Kuͤche verberge ſich in den Schatten eines nahen Dickigts. Ein anderes Gartengebaͤude kann den Vergnuͤgungen der Muſik und des Tan- zes beſonders gewidmet ſeyn. Es verlangt keine praͤchtige Lage, noch weite ergoͤtzen- de Ausſichten; keine ſtark intereſſirende Naturſcenen in der Naͤhe. Eine Verſchlieſ- ſung im ruhigen Schatten iſt hier am meiſten angemeſſen. Der aͤußere Charakter kuͤndige die Beſtimmung des Gebaͤudes an, und die innere Verzierung befriedige die Erwartung, die vor dem Eintritt erregt wird. Ein abgeſondertes einzeln liegendes Studierkabinet fordert eine ruhige und ein- ſame Lage zwiſchen Heiterkeit und milder Beſchattung; denn gar zu viel Helle iſt hier eben ſo unbequem, als zu viel Dunkelheit. Kein Geraͤuſch eines ſtarken Waſſerfalls, aber kleine ſanfte Waſſerguͤſſe; zur Seite eine Anhoͤhe, wenn es die Lage verſtattet, oder hohe Baͤume, die den Flug des Geiſtes beleben helfen. Immer ſo viel Aus- ſicht auf lebhafte Scenen in der Ferne, als in Zwiſchenſtunden zur Erheiterung noͤ- thig iſt. Am Eingang oder auf dem Vorplatz die Statuͤe des Vaters der Kuͤnſte, oder eines Philoſophen, oder eines Dichters, der Liebling des Beſitzers iſt, an deſſen Feuer ſich ſeine Einbildungskraft erwaͤrmt, deſſen Ruhm ſeine Eiferſucht beherrſcht. Einfalt

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/40>, abgerufen am 23.11.2024.