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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Gartengebäuden.
4.

Schon hin und wieder ist vorher auf den Gesichtspunkt gewinkt, aus welchem
Gartengebäude als Mittel zur Charakterisirung der verschiedenen Naturplätze erscheinen.
Sie verdienen von dieser Seite noch eine nähere Betrachtung.

Bey einem aufmerksamen Blick in den Landschaften umher bemerken wir schon
leicht die einwirkende Kraft der Gebäude auf die sie umgebende Gegend. In einem
ruhigen Thale mit Wiesen umkränzt, durch welche sich ein kleiner Bach schlängelt,
erblicken wir einige hin und her zerstreuete Hütten, niedrig, bemoost und nachläßig er-
baut, die ein unzertrennliches Eigenthum dieser Lage zu seyn scheinen, ihre Einfachheit
und glückliche Sorglosigkeit vermehren. An dem Abhange eines Berges, den auf
der einen Seite ein ansehnlicher Wald, auf der andern reiche Saatfelder mit Vieh-
triften abwechselnd schmücken, steigen aus den Umhüllungen der Fruchtbäume einige
Spitzen von ländlichen Häusern empor, die hoch, geräumig, und zierlich ins Auge
fallen; sie verkündigen mit dem Begriff von Fruchtbarkeit, welchen ihre Gegend er-
weckt, Wohlstand und Bequemlichkeit des Lebens. Einige Hütten nahe an dem Ufer
eines Sees, der in einer versperrten, wilden und unfruchtbaren Gegend liegt, lassen
uns doch die Beschäftigungen des Fischfangs errathen, und bringen dadurch etwas
Leben in die Vorstellung der Einöde. Zerfallene Wohnungen, deren durchlöcherte
Wände den Winden offen stehen, verstärken den Begriff von Armuth noch mehr, den
weite, kornlose Sandfelder erregen. Der Anblick entdachter Landhäuser, die ein
verwüstender Hagel unbewohnbar gemacht, verdunkelt noch mehr das Gemälde, das
die zerstörten Kornfluren darstellen. Erfreuender lacht uns eine in hoher Cultur blü-
hende Landschaft entgegen, wenn in ihrer Mitte sich ein Landhaus von edler und rei-
cher Architektur erhebt. Ein zerstörtes, von einer Felsspitze herabhangendes, Schloß
mit durchlöchertem Gemäuer, wovon ansehnliche Massen herabgestürzt in der Tiefe
liegen, vermehrt das Grausen der umherliegenden Wildniß, wo kahle Felsen an Felsen
sich thürmen, und von dem Getöse des Stroms wiederhallen, der gedrängt zwischen
den Klüften kämpft. Nach einem langen Wege durch stille und einsame Gehölze ist
eine Wassermühle, auf die wir unvermuthet in einer dunkeln Vertiefung stoßen, oft
schon ein sehr mächtiger Gegenstand, die Scene zu erfrischen und den Geist wieder zu
beleben. Noch mehr rührt uns, zumal nach dem Geräusch der Städte und offenen
Landstraßen, in einem unerwartet sich senkenden Thale der Anblick einer artig gebaue-
ten Landwohnung, die in stiller Anmuth da liegt, an einem kleinen Wasser, das sich
von einem vorüberfließenden Bache gesammelt hat; die klare Fluth freuet sich, das
Bild der ländlichreizenden Hütte zu tragen; an den Fenstern zieht sich vertraut der

spanische
III Band. G
Gartengebaͤuden.
4.

Schon hin und wieder iſt vorher auf den Geſichtspunkt gewinkt, aus welchem
Gartengebaͤude als Mittel zur Charakteriſirung der verſchiedenen Naturplaͤtze erſcheinen.
Sie verdienen von dieſer Seite noch eine naͤhere Betrachtung.

Bey einem aufmerkſamen Blick in den Landſchaften umher bemerken wir ſchon
leicht die einwirkende Kraft der Gebaͤude auf die ſie umgebende Gegend. In einem
ruhigen Thale mit Wieſen umkraͤnzt, durch welche ſich ein kleiner Bach ſchlaͤngelt,
erblicken wir einige hin und her zerſtreuete Huͤtten, niedrig, bemooſt und nachlaͤßig er-
baut, die ein unzertrennliches Eigenthum dieſer Lage zu ſeyn ſcheinen, ihre Einfachheit
und gluͤckliche Sorgloſigkeit vermehren. An dem Abhange eines Berges, den auf
der einen Seite ein anſehnlicher Wald, auf der andern reiche Saatfelder mit Vieh-
triften abwechſelnd ſchmuͤcken, ſteigen aus den Umhuͤllungen der Fruchtbaͤume einige
Spitzen von laͤndlichen Haͤuſern empor, die hoch, geraͤumig, und zierlich ins Auge
fallen; ſie verkuͤndigen mit dem Begriff von Fruchtbarkeit, welchen ihre Gegend er-
weckt, Wohlſtand und Bequemlichkeit des Lebens. Einige Huͤtten nahe an dem Ufer
eines Sees, der in einer verſperrten, wilden und unfruchtbaren Gegend liegt, laſſen
uns doch die Beſchaͤftigungen des Fiſchfangs errathen, und bringen dadurch etwas
Leben in die Vorſtellung der Einoͤde. Zerfallene Wohnungen, deren durchloͤcherte
Waͤnde den Winden offen ſtehen, verſtaͤrken den Begriff von Armuth noch mehr, den
weite, kornloſe Sandfelder erregen. Der Anblick entdachter Landhaͤuſer, die ein
verwuͤſtender Hagel unbewohnbar gemacht, verdunkelt noch mehr das Gemaͤlde, das
die zerſtoͤrten Kornfluren darſtellen. Erfreuender lacht uns eine in hoher Cultur bluͤ-
hende Landſchaft entgegen, wenn in ihrer Mitte ſich ein Landhaus von edler und rei-
cher Architektur erhebt. Ein zerſtoͤrtes, von einer Felsſpitze herabhangendes, Schloß
mit durchloͤchertem Gemaͤuer, wovon anſehnliche Maſſen herabgeſtuͤrzt in der Tiefe
liegen, vermehrt das Grauſen der umherliegenden Wildniß, wo kahle Felſen an Felſen
ſich thuͤrmen, und von dem Getoͤſe des Stroms wiederhallen, der gedraͤngt zwiſchen
den Kluͤften kaͤmpft. Nach einem langen Wege durch ſtille und einſame Gehoͤlze iſt
eine Waſſermuͤhle, auf die wir unvermuthet in einer dunkeln Vertiefung ſtoßen, oft
ſchon ein ſehr maͤchtiger Gegenſtand, die Scene zu erfriſchen und den Geiſt wieder zu
beleben. Noch mehr ruͤhrt uns, zumal nach dem Geraͤuſch der Staͤdte und offenen
Landſtraßen, in einem unerwartet ſich ſenkenden Thale der Anblick einer artig gebaue-
ten Landwohnung, die in ſtiller Anmuth da liegt, an einem kleinen Waſſer, das ſich
von einem voruͤberfließenden Bache geſammelt hat; die klare Fluth freuet ſich, das
Bild der laͤndlichreizenden Huͤtte zu tragen; an den Fenſtern zieht ſich vertraut der

ſpaniſche
III Band. G
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[49/0053] Gartengebaͤuden. 4. Schon hin und wieder iſt vorher auf den Geſichtspunkt gewinkt, aus welchem Gartengebaͤude als Mittel zur Charakteriſirung der verſchiedenen Naturplaͤtze erſcheinen. Sie verdienen von dieſer Seite noch eine naͤhere Betrachtung. Bey einem aufmerkſamen Blick in den Landſchaften umher bemerken wir ſchon leicht die einwirkende Kraft der Gebaͤude auf die ſie umgebende Gegend. In einem ruhigen Thale mit Wieſen umkraͤnzt, durch welche ſich ein kleiner Bach ſchlaͤngelt, erblicken wir einige hin und her zerſtreuete Huͤtten, niedrig, bemooſt und nachlaͤßig er- baut, die ein unzertrennliches Eigenthum dieſer Lage zu ſeyn ſcheinen, ihre Einfachheit und gluͤckliche Sorgloſigkeit vermehren. An dem Abhange eines Berges, den auf der einen Seite ein anſehnlicher Wald, auf der andern reiche Saatfelder mit Vieh- triften abwechſelnd ſchmuͤcken, ſteigen aus den Umhuͤllungen der Fruchtbaͤume einige Spitzen von laͤndlichen Haͤuſern empor, die hoch, geraͤumig, und zierlich ins Auge fallen; ſie verkuͤndigen mit dem Begriff von Fruchtbarkeit, welchen ihre Gegend er- weckt, Wohlſtand und Bequemlichkeit des Lebens. Einige Huͤtten nahe an dem Ufer eines Sees, der in einer verſperrten, wilden und unfruchtbaren Gegend liegt, laſſen uns doch die Beſchaͤftigungen des Fiſchfangs errathen, und bringen dadurch etwas Leben in die Vorſtellung der Einoͤde. Zerfallene Wohnungen, deren durchloͤcherte Waͤnde den Winden offen ſtehen, verſtaͤrken den Begriff von Armuth noch mehr, den weite, kornloſe Sandfelder erregen. Der Anblick entdachter Landhaͤuſer, die ein verwuͤſtender Hagel unbewohnbar gemacht, verdunkelt noch mehr das Gemaͤlde, das die zerſtoͤrten Kornfluren darſtellen. Erfreuender lacht uns eine in hoher Cultur bluͤ- hende Landſchaft entgegen, wenn in ihrer Mitte ſich ein Landhaus von edler und rei- cher Architektur erhebt. Ein zerſtoͤrtes, von einer Felsſpitze herabhangendes, Schloß mit durchloͤchertem Gemaͤuer, wovon anſehnliche Maſſen herabgeſtuͤrzt in der Tiefe liegen, vermehrt das Grauſen der umherliegenden Wildniß, wo kahle Felſen an Felſen ſich thuͤrmen, und von dem Getoͤſe des Stroms wiederhallen, der gedraͤngt zwiſchen den Kluͤften kaͤmpft. Nach einem langen Wege durch ſtille und einſame Gehoͤlze iſt eine Waſſermuͤhle, auf die wir unvermuthet in einer dunkeln Vertiefung ſtoßen, oft ſchon ein ſehr maͤchtiger Gegenſtand, die Scene zu erfriſchen und den Geiſt wieder zu beleben. Noch mehr ruͤhrt uns, zumal nach dem Geraͤuſch der Staͤdte und offenen Landſtraßen, in einem unerwartet ſich ſenkenden Thale der Anblick einer artig gebaue- ten Landwohnung, die in ſtiller Anmuth da liegt, an einem kleinen Waſſer, das ſich von einem voruͤberfließenden Bache geſammelt hat; die klare Fluth freuet ſich, das Bild der laͤndlichreizenden Huͤtte zu tragen; an den Fenſtern zieht ſich vertraut der ſpaniſche III Band. G

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/53>, abgerufen am 24.11.2024.