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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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von Gärten.
Schleswig heraufsegelnden Schiffe schleichen um die Wälder und Gruppen herum,
erscheinen in den Oeffnungen, und verschwinden wieder, und erneuern wohl viermal
dies täuschende Schauspiel, ehe sie vor den Fenstern des Wohngebäudes ankommen.
Reizender noch ist diese Scene unter dem letzten Lichte der Abendsonne. Indem sie
über die westlichen Waldungen hinuntergleitet, so fängt der vor ihnen in der Tiefe ru-
hende Flecken Kappel an, sich mit einem sanften Schatten zu überschleyern, der von
den Gipfeln seiner Dächer und Bäume in das Wasser hinunterschleicht; von der an-
gränzenden Weide irret die Heerde langsam zum Ufer hinab; hier zerstreut sich noch
eine Gruppe im Grase, eine andere streckt sich dort zur Ruhe hin, eine andere schöpft
die Kühlung des Wassers, und schaut verwundernd ihre Gestalt im Strom schweben.
Von den rosenfarbigten Lichtstreifen, welche die Bahn der Sonne in Westen bezeich-
nen, wallen die Wiederscheine auf den Strom herab, verlängern sich in seiner stillen
Flut hin, und ruhen lange mit lieblich wechselnden Malereyen. Eine röthere Beleuch-
tung schlägt, nach der gegenüber liegenden östlichen Gegend, an die vordern Gruppen
und an die Stirne der beyden Wälder hin, geht mit gebrochenen Strahlen durch ihre
Zwischenräume fort, erheitert jenseits die sich nähernden weißen Segel, und spielt mit
milderem Lichte in den Entfernungen des Stroms dahin. Indessen sinken die entfern-
teren Wälder allmälig immer tiefer in ihre Nacht herab, bis die zerstreuten Lichter, die
noch in der Landschaft glimmen, hier verschwinden, dort langsamer verlöschen; und
mit der Stille der herannahenden Abenddämmerung sich ein süßes Gefühl der Ruhe
und des Selbstgenusses über die Seele zn verbreiten beginnt.

Auf der westlichen Ecke der langen Terrasse steht ein wohlgebaueter runder Pa-
villon, den man schon, unten in der Wasserlaube, über die in jenem Prospect vor ihm
liegenden Gebüsche sich mit einem sehr malerischen Reiz erheben sah. Er besteht aus
einem schönen Saal, der mit vortrefflichen Kupferstichen, besonders Landschaftsstücken,
geziert ist. Die Höhe seiner Lage giebt ihm freye Aussichten nach allen Gegenden.
Die reizenden Landschaften umher scheinen mit einem Wetteifer zu blühen, um das
Auge zu entzücken; jedes Fenster liefert ein neues Gemälde. Vornehmlich reizt auch
hier die Aussicht auf die beyden in der östlichen Gegend ruhenden Wälder, auf die be-
nachbarte mit den Baumgruppen besetzte Landspitze, auf den hinter ihnen sich dahin
krümmenden Strom der Schley, und die dunkeln Waldungen in der Ferne, gegen
welche das wallende Silberlicht des Wassers anmuthig contrastirt. Sobald man aus
dem Pavillon heraustritt, wird das Auge überall von den heitersten Landschaftsgemäl-
den begrüßt, worinn sich mit dem Charakter des Ländlichen eine gewisse milde Ruhe
vereinigt.

Bey
IV Band. C c

von Gaͤrten.
Schleswig heraufſegelnden Schiffe ſchleichen um die Waͤlder und Gruppen herum,
erſcheinen in den Oeffnungen, und verſchwinden wieder, und erneuern wohl viermal
dies taͤuſchende Schauſpiel, ehe ſie vor den Fenſtern des Wohngebaͤudes ankommen.
Reizender noch iſt dieſe Scene unter dem letzten Lichte der Abendſonne. Indem ſie
uͤber die weſtlichen Waldungen hinuntergleitet, ſo faͤngt der vor ihnen in der Tiefe ru-
hende Flecken Kappel an, ſich mit einem ſanften Schatten zu uͤberſchleyern, der von
den Gipfeln ſeiner Daͤcher und Baͤume in das Waſſer hinunterſchleicht; von der an-
graͤnzenden Weide irret die Heerde langſam zum Ufer hinab; hier zerſtreut ſich noch
eine Gruppe im Graſe, eine andere ſtreckt ſich dort zur Ruhe hin, eine andere ſchoͤpft
die Kuͤhlung des Waſſers, und ſchaut verwundernd ihre Geſtalt im Strom ſchweben.
Von den roſenfarbigten Lichtſtreifen, welche die Bahn der Sonne in Weſten bezeich-
nen, wallen die Wiederſcheine auf den Strom herab, verlaͤngern ſich in ſeiner ſtillen
Flut hin, und ruhen lange mit lieblich wechſelnden Malereyen. Eine roͤthere Beleuch-
tung ſchlaͤgt, nach der gegenuͤber liegenden oͤſtlichen Gegend, an die vordern Gruppen
und an die Stirne der beyden Waͤlder hin, geht mit gebrochenen Strahlen durch ihre
Zwiſchenraͤume fort, erheitert jenſeits die ſich naͤhernden weißen Segel, und ſpielt mit
milderem Lichte in den Entfernungen des Stroms dahin. Indeſſen ſinken die entfern-
teren Waͤlder allmaͤlig immer tiefer in ihre Nacht herab, bis die zerſtreuten Lichter, die
noch in der Landſchaft glimmen, hier verſchwinden, dort langſamer verloͤſchen; und
mit der Stille der herannahenden Abenddaͤmmerung ſich ein ſuͤßes Gefuͤhl der Ruhe
und des Selbſtgenuſſes uͤber die Seele zn verbreiten beginnt.

Auf der weſtlichen Ecke der langen Terraſſe ſteht ein wohlgebaueter runder Pa-
villon, den man ſchon, unten in der Waſſerlaube, uͤber die in jenem Proſpect vor ihm
liegenden Gebuͤſche ſich mit einem ſehr maleriſchen Reiz erheben ſah. Er beſteht aus
einem ſchoͤnen Saal, der mit vortrefflichen Kupferſtichen, beſonders Landſchaftsſtuͤcken,
geziert iſt. Die Hoͤhe ſeiner Lage giebt ihm freye Ausſichten nach allen Gegenden.
Die reizenden Landſchaften umher ſcheinen mit einem Wetteifer zu bluͤhen, um das
Auge zu entzuͤcken; jedes Fenſter liefert ein neues Gemaͤlde. Vornehmlich reizt auch
hier die Ausſicht auf die beyden in der oͤſtlichen Gegend ruhenden Waͤlder, auf die be-
nachbarte mit den Baumgruppen beſetzte Landſpitze, auf den hinter ihnen ſich dahin
kruͤmmenden Strom der Schley, und die dunkeln Waldungen in der Ferne, gegen
welche das wallende Silberlicht des Waſſers anmuthig contraſtirt. Sobald man aus
dem Pavillon heraustritt, wird das Auge uͤberall von den heiterſten Landſchaftsgemaͤl-
den begruͤßt, worinn ſich mit dem Charakter des Laͤndlichen eine gewiſſe milde Ruhe
vereinigt.

Bey
IV Band. C c
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[201/0205] von Gaͤrten. Schleswig heraufſegelnden Schiffe ſchleichen um die Waͤlder und Gruppen herum, erſcheinen in den Oeffnungen, und verſchwinden wieder, und erneuern wohl viermal dies taͤuſchende Schauſpiel, ehe ſie vor den Fenſtern des Wohngebaͤudes ankommen. Reizender noch iſt dieſe Scene unter dem letzten Lichte der Abendſonne. Indem ſie uͤber die weſtlichen Waldungen hinuntergleitet, ſo faͤngt der vor ihnen in der Tiefe ru- hende Flecken Kappel an, ſich mit einem ſanften Schatten zu uͤberſchleyern, der von den Gipfeln ſeiner Daͤcher und Baͤume in das Waſſer hinunterſchleicht; von der an- graͤnzenden Weide irret die Heerde langſam zum Ufer hinab; hier zerſtreut ſich noch eine Gruppe im Graſe, eine andere ſtreckt ſich dort zur Ruhe hin, eine andere ſchoͤpft die Kuͤhlung des Waſſers, und ſchaut verwundernd ihre Geſtalt im Strom ſchweben. Von den roſenfarbigten Lichtſtreifen, welche die Bahn der Sonne in Weſten bezeich- nen, wallen die Wiederſcheine auf den Strom herab, verlaͤngern ſich in ſeiner ſtillen Flut hin, und ruhen lange mit lieblich wechſelnden Malereyen. Eine roͤthere Beleuch- tung ſchlaͤgt, nach der gegenuͤber liegenden oͤſtlichen Gegend, an die vordern Gruppen und an die Stirne der beyden Waͤlder hin, geht mit gebrochenen Strahlen durch ihre Zwiſchenraͤume fort, erheitert jenſeits die ſich naͤhernden weißen Segel, und ſpielt mit milderem Lichte in den Entfernungen des Stroms dahin. Indeſſen ſinken die entfern- teren Waͤlder allmaͤlig immer tiefer in ihre Nacht herab, bis die zerſtreuten Lichter, die noch in der Landſchaft glimmen, hier verſchwinden, dort langſamer verloͤſchen; und mit der Stille der herannahenden Abenddaͤmmerung ſich ein ſuͤßes Gefuͤhl der Ruhe und des Selbſtgenuſſes uͤber die Seele zn verbreiten beginnt. Auf der weſtlichen Ecke der langen Terraſſe ſteht ein wohlgebaueter runder Pa- villon, den man ſchon, unten in der Waſſerlaube, uͤber die in jenem Proſpect vor ihm liegenden Gebuͤſche ſich mit einem ſehr maleriſchen Reiz erheben ſah. Er beſteht aus einem ſchoͤnen Saal, der mit vortrefflichen Kupferſtichen, beſonders Landſchaftsſtuͤcken, geziert iſt. Die Hoͤhe ſeiner Lage giebt ihm freye Ausſichten nach allen Gegenden. Die reizenden Landſchaften umher ſcheinen mit einem Wetteifer zu bluͤhen, um das Auge zu entzuͤcken; jedes Fenſter liefert ein neues Gemaͤlde. Vornehmlich reizt auch hier die Ausſicht auf die beyden in der oͤſtlichen Gegend ruhenden Waͤlder, auf die be- nachbarte mit den Baumgruppen beſetzte Landſpitze, auf den hinter ihnen ſich dahin kruͤmmenden Strom der Schley, und die dunkeln Waldungen in der Ferne, gegen welche das wallende Silberlicht des Waſſers anmuthig contraſtirt. Sobald man aus dem Pavillon heraustritt, wird das Auge uͤberall von den heiterſten Landſchaftsgemaͤl- den begruͤßt, worinn ſich mit dem Charakter des Laͤndlichen eine gewiſſe milde Ruhe vereinigt. Bey IV Band. C c

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/205>, abgerufen am 21.11.2024.