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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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nach dem Charakter der Gegenden.

Dunkle und dichte Gruppen von Bäumen bilden am besten die Hintergründe
großer Rasen, wo das Auge mit Vergnügen ruhet, wenn es durch eine Reihe heitrer
Gruppen und schön blühender Sträucher eine Weile fortgewandert ist. Ein überaus
anmuthiges Schauspiel giebt die Anordnung, wenn sie die Gruppen so stellt und fort-
schreitend erhöhet, daß das Auge sich zwischen ihnen gleichsam verliert und die Entfer-
nung bis zu dem Hintergrunde tiefer glaubt. Die Schatten, womit hin und wieder
die Gruppen oder einzelne Bäume den Rasen bestreuen, erhöhen das Gemälde nicht
weniger für die Ergötzung, als für die Ruhe des Auges. Wie angenehm der Con-
trast des Laubes gegen das Grün des Bodens wirkt, zeigt uns die Natur auf tausend
Wiesen.

Auf dunkle Hintergründe folge wieder ein heitres Gebüsch, das jene noch abste-
chender macht. Immer herrsche in der Größe, in den Formen, in den Abständen,
in dem Laubwerk der Gruppen Abwechselung und Contrast. Größer wird das Anse-
hen der Pflanzung, wenn man nicht die einzelnen Bäume, woraus eine Gruppe zu-
sammengesetzt ist, gegen einander, sondern vielmehr Gruppe mit Gruppe contra-
stiren läßt.

In ausgebreiteten Anlagen winden sich Rasen von abwechselnden Formen sehr
angenehm zwischen den Gruppen und Haynen hin; sie können hie und da, nur nicht
überall, eine Einfassung von Blumen haben, hie und da einen blühenden Strauch
oder auch einen Baum, und selbst, wenn es ihr Umfang verstattet, eine oder mehrere
Baumgruppen zeigen; nur keine zu öftere Wiederholung. Ueberhaupt müssen die
Rasen nie zu stark bepflanzt werden; sie sollen große grüne Flächen vorstellen; ihre
Bepflanzung ist nur Verzierung, Erhöhung ihres Ansehens und zuweilen Bedürfniß
zur Anordnung der Prospecte.

Oft sind geringe Ungleichheiten des Bodens lieber leer zu lassen, als zu bepflan-
zen; sie fließen alsdenn sanft und unvermerkt in einander. Kleine Hügel können mit
Blumen, mit einem Strauch oder einem niedrig bleibenden Bäumchen verziert wer-
den; aber ein ansehnlicher Baum würde sich auf diesen Platz, dessen unbedeutende
Erhebung gegen seine Höhe seltsam absticht, weniger schicken; auch ist er hier ganz
überflüßig. Auf vortretenden Ecken stelle man einen einzelnen Baum von schönem
Wuchs und Laube; sein Stand macht, daß der Blick ihm entgegen fliegt, und gerne
bey ihm verweilt.

Bäume,
IV Band. H
nach dem Charakter der Gegenden.

Dunkle und dichte Gruppen von Baͤumen bilden am beſten die Hintergruͤnde
großer Raſen, wo das Auge mit Vergnuͤgen ruhet, wenn es durch eine Reihe heitrer
Gruppen und ſchoͤn bluͤhender Straͤucher eine Weile fortgewandert iſt. Ein uͤberaus
anmuthiges Schauſpiel giebt die Anordnung, wenn ſie die Gruppen ſo ſtellt und fort-
ſchreitend erhoͤhet, daß das Auge ſich zwiſchen ihnen gleichſam verliert und die Entfer-
nung bis zu dem Hintergrunde tiefer glaubt. Die Schatten, womit hin und wieder
die Gruppen oder einzelne Baͤume den Raſen beſtreuen, erhoͤhen das Gemaͤlde nicht
weniger fuͤr die Ergoͤtzung, als fuͤr die Ruhe des Auges. Wie angenehm der Con-
traſt des Laubes gegen das Gruͤn des Bodens wirkt, zeigt uns die Natur auf tauſend
Wieſen.

Auf dunkle Hintergruͤnde folge wieder ein heitres Gebuͤſch, das jene noch abſte-
chender macht. Immer herrſche in der Groͤße, in den Formen, in den Abſtaͤnden,
in dem Laubwerk der Gruppen Abwechſelung und Contraſt. Groͤßer wird das Anſe-
hen der Pflanzung, wenn man nicht die einzelnen Baͤume, woraus eine Gruppe zu-
ſammengeſetzt iſt, gegen einander, ſondern vielmehr Gruppe mit Gruppe contra-
ſtiren laͤßt.

In ausgebreiteten Anlagen winden ſich Raſen von abwechſelnden Formen ſehr
angenehm zwiſchen den Gruppen und Haynen hin; ſie koͤnnen hie und da, nur nicht
uͤberall, eine Einfaſſung von Blumen haben, hie und da einen bluͤhenden Strauch
oder auch einen Baum, und ſelbſt, wenn es ihr Umfang verſtattet, eine oder mehrere
Baumgruppen zeigen; nur keine zu oͤftere Wiederholung. Ueberhaupt muͤſſen die
Raſen nie zu ſtark bepflanzt werden; ſie ſollen große gruͤne Flaͤchen vorſtellen; ihre
Bepflanzung iſt nur Verzierung, Erhoͤhung ihres Anſehens und zuweilen Beduͤrfniß
zur Anordnung der Proſpecte.

Oft ſind geringe Ungleichheiten des Bodens lieber leer zu laſſen, als zu bepflan-
zen; ſie fließen alsdenn ſanft und unvermerkt in einander. Kleine Huͤgel koͤnnen mit
Blumen, mit einem Strauch oder einem niedrig bleibenden Baͤumchen verziert wer-
den; aber ein anſehnlicher Baum wuͤrde ſich auf dieſen Platz, deſſen unbedeutende
Erhebung gegen ſeine Hoͤhe ſeltſam abſticht, weniger ſchicken; auch iſt er hier ganz
uͤberfluͤßig. Auf vortretenden Ecken ſtelle man einen einzelnen Baum von ſchoͤnem
Wuchs und Laube; ſein Stand macht, daß der Blick ihm entgegen fliegt, und gerne
bey ihm verweilt.

Baͤume,
IV Band. H
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[57/0061] nach dem Charakter der Gegenden. Dunkle und dichte Gruppen von Baͤumen bilden am beſten die Hintergruͤnde großer Raſen, wo das Auge mit Vergnuͤgen ruhet, wenn es durch eine Reihe heitrer Gruppen und ſchoͤn bluͤhender Straͤucher eine Weile fortgewandert iſt. Ein uͤberaus anmuthiges Schauſpiel giebt die Anordnung, wenn ſie die Gruppen ſo ſtellt und fort- ſchreitend erhoͤhet, daß das Auge ſich zwiſchen ihnen gleichſam verliert und die Entfer- nung bis zu dem Hintergrunde tiefer glaubt. Die Schatten, womit hin und wieder die Gruppen oder einzelne Baͤume den Raſen beſtreuen, erhoͤhen das Gemaͤlde nicht weniger fuͤr die Ergoͤtzung, als fuͤr die Ruhe des Auges. Wie angenehm der Con- traſt des Laubes gegen das Gruͤn des Bodens wirkt, zeigt uns die Natur auf tauſend Wieſen. Auf dunkle Hintergruͤnde folge wieder ein heitres Gebuͤſch, das jene noch abſte- chender macht. Immer herrſche in der Groͤße, in den Formen, in den Abſtaͤnden, in dem Laubwerk der Gruppen Abwechſelung und Contraſt. Groͤßer wird das Anſe- hen der Pflanzung, wenn man nicht die einzelnen Baͤume, woraus eine Gruppe zu- ſammengeſetzt iſt, gegen einander, ſondern vielmehr Gruppe mit Gruppe contra- ſtiren laͤßt. In ausgebreiteten Anlagen winden ſich Raſen von abwechſelnden Formen ſehr angenehm zwiſchen den Gruppen und Haynen hin; ſie koͤnnen hie und da, nur nicht uͤberall, eine Einfaſſung von Blumen haben, hie und da einen bluͤhenden Strauch oder auch einen Baum, und ſelbſt, wenn es ihr Umfang verſtattet, eine oder mehrere Baumgruppen zeigen; nur keine zu oͤftere Wiederholung. Ueberhaupt muͤſſen die Raſen nie zu ſtark bepflanzt werden; ſie ſollen große gruͤne Flaͤchen vorſtellen; ihre Bepflanzung iſt nur Verzierung, Erhoͤhung ihres Anſehens und zuweilen Beduͤrfniß zur Anordnung der Proſpecte. Oft ſind geringe Ungleichheiten des Bodens lieber leer zu laſſen, als zu bepflan- zen; ſie fließen alsdenn ſanft und unvermerkt in einander. Kleine Huͤgel koͤnnen mit Blumen, mit einem Strauch oder einem niedrig bleibenden Baͤumchen verziert wer- den; aber ein anſehnlicher Baum wuͤrde ſich auf dieſen Platz, deſſen unbedeutende Erhebung gegen ſeine Hoͤhe ſeltſam abſticht, weniger ſchicken; auch iſt er hier ganz uͤberfluͤßig. Auf vortretenden Ecken ſtelle man einen einzelnen Baum von ſchoͤnem Wuchs und Laube; ſein Stand macht, daß der Blick ihm entgegen fliegt, und gerne bey ihm verweilt. Baͤume, IV Band. H

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/61>, abgerufen am 21.11.2024.