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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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Dritter Abschnitt. Gärten

Bäume, die sich einzeln zeigen sollen, müssen überhaupt ein schönes Ansehen
des Stammes und der Krone haben, oder sonst durch eine vorzügliche Eigenschaft das
Auge reizen, das sie gleich betrachtet. Ihre Schönheit wird in einem Walde oder
Hayn unter mehreren Stämmen weniger bemerkt, als wenn sie einzeln oder in sehr
kleinen Gruppen freyer vor dem Auge stehen. Die Roßkastanie, so gemein sie ist,
bleibt doch auch in dieser Absicht schätzbar wegen ihrer schönen runden Krone, ihrer
starken Belaubung, und der großen so angenehm ins Auge fallenden Blumenbüschel.
Nicht weniger sind von dieser Seite merkwürdig die großblättrige Linde, die italieni-
sche und carolinische Pappel, der Tulpenbaum, der Ahorn, besonders der italienische
(Acer opalus, Mill.), dessen ansehnliche mit herrlichen Blättern belaubte Krone die
Schönheit seines Stammes erhebt, und in Herbstscenen der Quitschernbaum, dessen
leuchtende Beeren in Menge seinen Gipfel füllen.

Die Rothtanne, die Weißtanne, die Fichte, die Weymouthsfuhre und andre
Nadelhölzer nehmen sich wegen ihrer schönen Pyramidalform am besten aus, wenn sie
einzeln stehen; sie sind eine treffliche Zierde auf großen Rasen, und ziehen hier jedes
Auge an, in dem angenehmen Umkreis, den sie beschreiben, zu verweilen.

Bey der Gruppirung hat man vornehmlich darauf zu achten, daß Bäume mit
einander verbunden werden, die sich zusammen schicken. Laubhölzer verbinden sich
am besten mit Laubhölzern, Nadelhölzer mit Nadelhölzern. Auch auf die Beschaffen-
heit des Laubwerks ist Bedacht zu nehmen. Die babylonische Weide, die Birke,
und der Lerchenbaum schicken sich sehr gut bey einander; der Tulpenbaum, der Ahorn,
der Platanus, die Eiche stimmen in Ansehung der ausgeschnittenen Figur ihrer Blät-
ter zusammen; die Linde, die schwarze Pappel, die Lenne erheben sich mit gleich gera-
den Schäften. Alle diese Bäume vertragen sich sehr wohl in der Zusammensetzung
der Gruppen. Doch ist auch hier alle Regelmäßigkeit sorgfältig zu vermeiden. In
romantischen Revieren muß Contrast, Abweichung und Sonderbarkeit durchaus herr-
schen; hier vereinigt sich die Silberpappel mit der Rothbüche. Die Wahl des Laub-
werks ist nach dem Ort und der Absicht des Gartenkünstlers zu bestimmen; heitres
oder silberfarbigtes Laub gegen die Vorderseite eines düstern Waldes, und dunkle Laub-
kronen auf einem hellen Rasen; finstre Laubarten, als Taxus und chinesischer Lebens-
baum, sind in die Hintergründe zu werfen.

Die besten Maximen, in Ansehung der Kunst zu gruppiren, merkt man sich
bey eigenen Versuchen und bey dem sorgfältigen Studium des Platzes, wo man ar-

beitet.
Dritter Abſchnitt. Gaͤrten

Baͤume, die ſich einzeln zeigen ſollen, muͤſſen uͤberhaupt ein ſchoͤnes Anſehen
des Stammes und der Krone haben, oder ſonſt durch eine vorzuͤgliche Eigenſchaft das
Auge reizen, das ſie gleich betrachtet. Ihre Schoͤnheit wird in einem Walde oder
Hayn unter mehreren Staͤmmen weniger bemerkt, als wenn ſie einzeln oder in ſehr
kleinen Gruppen freyer vor dem Auge ſtehen. Die Roßkaſtanie, ſo gemein ſie iſt,
bleibt doch auch in dieſer Abſicht ſchaͤtzbar wegen ihrer ſchoͤnen runden Krone, ihrer
ſtarken Belaubung, und der großen ſo angenehm ins Auge fallenden Blumenbuͤſchel.
Nicht weniger ſind von dieſer Seite merkwuͤrdig die großblaͤttrige Linde, die italieni-
ſche und caroliniſche Pappel, der Tulpenbaum, der Ahorn, beſonders der italieniſche
(Acer opalus, Mill.), deſſen anſehnliche mit herrlichen Blaͤttern belaubte Krone die
Schoͤnheit ſeines Stammes erhebt, und in Herbſtſcenen der Quitſchernbaum, deſſen
leuchtende Beeren in Menge ſeinen Gipfel fuͤllen.

Die Rothtanne, die Weißtanne, die Fichte, die Weymouthsfuhre und andre
Nadelhoͤlzer nehmen ſich wegen ihrer ſchoͤnen Pyramidalform am beſten aus, wenn ſie
einzeln ſtehen; ſie ſind eine treffliche Zierde auf großen Raſen, und ziehen hier jedes
Auge an, in dem angenehmen Umkreis, den ſie beſchreiben, zu verweilen.

Bey der Gruppirung hat man vornehmlich darauf zu achten, daß Baͤume mit
einander verbunden werden, die ſich zuſammen ſchicken. Laubhoͤlzer verbinden ſich
am beſten mit Laubhoͤlzern, Nadelhoͤlzer mit Nadelhoͤlzern. Auch auf die Beſchaffen-
heit des Laubwerks iſt Bedacht zu nehmen. Die babyloniſche Weide, die Birke,
und der Lerchenbaum ſchicken ſich ſehr gut bey einander; der Tulpenbaum, der Ahorn,
der Platanus, die Eiche ſtimmen in Anſehung der ausgeſchnittenen Figur ihrer Blaͤt-
ter zuſammen; die Linde, die ſchwarze Pappel, die Lenne erheben ſich mit gleich gera-
den Schaͤften. Alle dieſe Baͤume vertragen ſich ſehr wohl in der Zuſammenſetzung
der Gruppen. Doch iſt auch hier alle Regelmaͤßigkeit ſorgfaͤltig zu vermeiden. In
romantiſchen Revieren muß Contraſt, Abweichung und Sonderbarkeit durchaus herr-
ſchen; hier vereinigt ſich die Silberpappel mit der Rothbuͤche. Die Wahl des Laub-
werks iſt nach dem Ort und der Abſicht des Gartenkuͤnſtlers zu beſtimmen; heitres
oder ſilberfarbigtes Laub gegen die Vorderſeite eines duͤſtern Waldes, und dunkle Laub-
kronen auf einem hellen Raſen; finſtre Laubarten, als Taxus und chineſiſcher Lebens-
baum, ſind in die Hintergruͤnde zu werfen.

Die beſten Maximen, in Anſehung der Kunſt zu gruppiren, merkt man ſich
bey eigenen Verſuchen und bey dem ſorgfaͤltigen Studium des Platzes, wo man ar-

beitet.
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[58/0062] Dritter Abſchnitt. Gaͤrten Baͤume, die ſich einzeln zeigen ſollen, muͤſſen uͤberhaupt ein ſchoͤnes Anſehen des Stammes und der Krone haben, oder ſonſt durch eine vorzuͤgliche Eigenſchaft das Auge reizen, das ſie gleich betrachtet. Ihre Schoͤnheit wird in einem Walde oder Hayn unter mehreren Staͤmmen weniger bemerkt, als wenn ſie einzeln oder in ſehr kleinen Gruppen freyer vor dem Auge ſtehen. Die Roßkaſtanie, ſo gemein ſie iſt, bleibt doch auch in dieſer Abſicht ſchaͤtzbar wegen ihrer ſchoͤnen runden Krone, ihrer ſtarken Belaubung, und der großen ſo angenehm ins Auge fallenden Blumenbuͤſchel. Nicht weniger ſind von dieſer Seite merkwuͤrdig die großblaͤttrige Linde, die italieni- ſche und caroliniſche Pappel, der Tulpenbaum, der Ahorn, beſonders der italieniſche (Acer opalus, Mill.), deſſen anſehnliche mit herrlichen Blaͤttern belaubte Krone die Schoͤnheit ſeines Stammes erhebt, und in Herbſtſcenen der Quitſchernbaum, deſſen leuchtende Beeren in Menge ſeinen Gipfel fuͤllen. Die Rothtanne, die Weißtanne, die Fichte, die Weymouthsfuhre und andre Nadelhoͤlzer nehmen ſich wegen ihrer ſchoͤnen Pyramidalform am beſten aus, wenn ſie einzeln ſtehen; ſie ſind eine treffliche Zierde auf großen Raſen, und ziehen hier jedes Auge an, in dem angenehmen Umkreis, den ſie beſchreiben, zu verweilen. Bey der Gruppirung hat man vornehmlich darauf zu achten, daß Baͤume mit einander verbunden werden, die ſich zuſammen ſchicken. Laubhoͤlzer verbinden ſich am beſten mit Laubhoͤlzern, Nadelhoͤlzer mit Nadelhoͤlzern. Auch auf die Beſchaffen- heit des Laubwerks iſt Bedacht zu nehmen. Die babyloniſche Weide, die Birke, und der Lerchenbaum ſchicken ſich ſehr gut bey einander; der Tulpenbaum, der Ahorn, der Platanus, die Eiche ſtimmen in Anſehung der ausgeſchnittenen Figur ihrer Blaͤt- ter zuſammen; die Linde, die ſchwarze Pappel, die Lenne erheben ſich mit gleich gera- den Schaͤften. Alle dieſe Baͤume vertragen ſich ſehr wohl in der Zuſammenſetzung der Gruppen. Doch iſt auch hier alle Regelmaͤßigkeit ſorgfaͤltig zu vermeiden. In romantiſchen Revieren muß Contraſt, Abweichung und Sonderbarkeit durchaus herr- ſchen; hier vereinigt ſich die Silberpappel mit der Rothbuͤche. Die Wahl des Laub- werks iſt nach dem Ort und der Abſicht des Gartenkuͤnſtlers zu beſtimmen; heitres oder ſilberfarbigtes Laub gegen die Vorderſeite eines duͤſtern Waldes, und dunkle Laub- kronen auf einem hellen Raſen; finſtre Laubarten, als Taxus und chineſiſcher Lebens- baum, ſind in die Hintergruͤnde zu werfen. Die beſten Maximen, in Anſehung der Kunſt zu gruppiren, merkt man ſich bey eigenen Verſuchen und bey dem ſorgfaͤltigen Studium des Platzes, wo man ar- beitet.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/62>, abgerufen am 18.12.2024.