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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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von besondern Bestimmungen abhängig ist.

Diese Lage von Meienberg, so sehr sie auch zufällig ist, macht den Aufent-
halt nicht wenig angenehm. Die freyen und mannichfaltigen Aussichten beleben jedes
wohlgestimmte Herz. Die umliegenden Berge rufen zu gesunden und stärkenden
Spaziergängen. Die kleine Mühe des Steigens wird bald durch bequeme Fußwege,
durch den Reiz abwechselnder Aussichten, durch die frische Luft und die Wohlgerüche
balsamischer Bergkräuter belohnt.

Das Brunnenhaus ruhet im Thal, in der Mitte eines sehr großen Platzes.
Es hat keine schöne Architektur. Unter den Gebäuden zeichnen sich zwey durch ihre
Größe aus, das Haus des jetzigen verdienten Brunnenarztes, Hrn. Hofraths Tram-
pel,
unter dessen Besorgung die ganze Anstalt entstand, und das herrschaftliche Cur-
haus, die beyde an den Brunnenplatz stoßen, und sowohl eine Menge von Wohn-
zimmern für die Brunnengäste, als auch im Erdgeschoß die Bäder enthalten. An
dem Trampelschen Hause liegt das Ballhaus, das einen sehr großen Versammlungs-
saal hat. Zu dem Brunnenhause führen vier Alleen von Linden und Roßkastanien.
An der östlichen Allee ist vor einigen Jahren ein Lustgebüsch angelegt, das fast ganz
aus mancherley einheimischen Bäumen und Sträuchern besteht, die mit einigen aus-
ländischen Gewächsen untermischt sind. Man genießt hier jetzt in allen Stunden einen
kühlen Schatten, und, wenn kalte Winde durch die Alleen streichen, eine milde Be-
schützung. Schlängelnde Gänge, wo zwey Personen bequem neben einander gehen
können, laufen durch diese Pflanzung. Sie ist ein überaus erfrischender, waldigter
Spaziergang, der jedem Naturfreunde gefällt; anmuthig ist es, hier in den Mor-
genstunden den Dust des Laubes und des Grases zu athmen, und den Thau auf allen
Blättern glänzen zu sehen. Diese freye und natürliche Pflanzung war bisher der
schönste Theil der Anlagen; die übrige Pflanzung des Brunnenplatzes bestand in lau-
ter steifen Heckenwänden von Haynbuchen, die den Schatten, den man suchte, nicht
gaben, die Aussicht verschlossen, und den freyen Durchzug der gesunden Lüfte zurück-
hielten. Ich hatte hier bey meinem Aufenthalt das Vergnügen, daß die Ausfüh-
rung meiner Vorschläge, die zur Verbesserung der Anlagen verlangt wurden, beschlos-
sen ward. Schon ist der Anfang gemacht. Die versperrenden Hecken werden mit
den schlechten und unschicklichen Statuen weggeworfen; der Brunnenplatz wird anmu-
thiger bepflanzt, und das Ganze erhält, so weit es die besondere Lage verstattet, eine
natürliche und der Bestimmung des Orts mehr angemessene Einrichtung. *) Noch
verdienten die überaus schlechten Wege, die hier und in allen umliegenden Gegen-
den eben nicht zu Lustfahrten reizen, eine große Verbesserung. Die wilden Spa-

ziergänge
*) S. Gartenkalender auf das Jahr 1783. S. 131-148.
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von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.

Dieſe Lage von Meienberg, ſo ſehr ſie auch zufaͤllig iſt, macht den Aufent-
halt nicht wenig angenehm. Die freyen und mannichfaltigen Ausſichten beleben jedes
wohlgeſtimmte Herz. Die umliegenden Berge rufen zu geſunden und ſtaͤrkenden
Spaziergaͤngen. Die kleine Muͤhe des Steigens wird bald durch bequeme Fußwege,
durch den Reiz abwechſelnder Ausſichten, durch die friſche Luft und die Wohlgeruͤche
balſamiſcher Bergkraͤuter belohnt.

Das Brunnenhaus ruhet im Thal, in der Mitte eines ſehr großen Platzes.
Es hat keine ſchoͤne Architektur. Unter den Gebaͤuden zeichnen ſich zwey durch ihre
Groͤße aus, das Haus des jetzigen verdienten Brunnenarztes, Hrn. Hofraths Tram-
pel,
unter deſſen Beſorgung die ganze Anſtalt entſtand, und das herrſchaftliche Cur-
haus, die beyde an den Brunnenplatz ſtoßen, und ſowohl eine Menge von Wohn-
zimmern fuͤr die Brunnengaͤſte, als auch im Erdgeſchoß die Baͤder enthalten. An
dem Trampelſchen Hauſe liegt das Ballhaus, das einen ſehr großen Verſammlungs-
ſaal hat. Zu dem Brunnenhauſe fuͤhren vier Alleen von Linden und Roßkaſtanien.
An der oͤſtlichen Allee iſt vor einigen Jahren ein Luſtgebuͤſch angelegt, das faſt ganz
aus mancherley einheimiſchen Baͤumen und Straͤuchern beſteht, die mit einigen aus-
laͤndiſchen Gewaͤchſen untermiſcht ſind. Man genießt hier jetzt in allen Stunden einen
kuͤhlen Schatten, und, wenn kalte Winde durch die Alleen ſtreichen, eine milde Be-
ſchuͤtzung. Schlaͤngelnde Gaͤnge, wo zwey Perſonen bequem neben einander gehen
koͤnnen, laufen durch dieſe Pflanzung. Sie iſt ein uͤberaus erfriſchender, waldigter
Spaziergang, der jedem Naturfreunde gefaͤllt; anmuthig iſt es, hier in den Mor-
genſtunden den Duſt des Laubes und des Graſes zu athmen, und den Thau auf allen
Blaͤttern glaͤnzen zu ſehen. Dieſe freye und natuͤrliche Pflanzung war bisher der
ſchoͤnſte Theil der Anlagen; die uͤbrige Pflanzung des Brunnenplatzes beſtand in lau-
ter ſteifen Heckenwaͤnden von Haynbuchen, die den Schatten, den man ſuchte, nicht
gaben, die Ausſicht verſchloſſen, und den freyen Durchzug der geſunden Luͤfte zuruͤck-
hielten. Ich hatte hier bey meinem Aufenthalt das Vergnuͤgen, daß die Ausfuͤh-
rung meiner Vorſchlaͤge, die zur Verbeſſerung der Anlagen verlangt wurden, beſchloſ-
ſen ward. Schon iſt der Anfang gemacht. Die verſperrenden Hecken werden mit
den ſchlechten und unſchicklichen Statuen weggeworfen; der Brunnenplatz wird anmu-
thiger bepflanzt, und das Ganze erhaͤlt, ſo weit es die beſondere Lage verſtattet, eine
natuͤrliche und der Beſtimmung des Orts mehr angemeſſene Einrichtung. *) Noch
verdienten die uͤberaus ſchlechten Wege, die hier und in allen umliegenden Gegen-
den eben nicht zu Luſtfahrten reizen, eine große Verbeſſerung. Die wilden Spa-

ziergaͤnge
*) S. Gartenkalender auf das Jahr 1783. S. 131-148.
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[93/0101] von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. Dieſe Lage von Meienberg, ſo ſehr ſie auch zufaͤllig iſt, macht den Aufent- halt nicht wenig angenehm. Die freyen und mannichfaltigen Ausſichten beleben jedes wohlgeſtimmte Herz. Die umliegenden Berge rufen zu geſunden und ſtaͤrkenden Spaziergaͤngen. Die kleine Muͤhe des Steigens wird bald durch bequeme Fußwege, durch den Reiz abwechſelnder Ausſichten, durch die friſche Luft und die Wohlgeruͤche balſamiſcher Bergkraͤuter belohnt. Das Brunnenhaus ruhet im Thal, in der Mitte eines ſehr großen Platzes. Es hat keine ſchoͤne Architektur. Unter den Gebaͤuden zeichnen ſich zwey durch ihre Groͤße aus, das Haus des jetzigen verdienten Brunnenarztes, Hrn. Hofraths Tram- pel, unter deſſen Beſorgung die ganze Anſtalt entſtand, und das herrſchaftliche Cur- haus, die beyde an den Brunnenplatz ſtoßen, und ſowohl eine Menge von Wohn- zimmern fuͤr die Brunnengaͤſte, als auch im Erdgeſchoß die Baͤder enthalten. An dem Trampelſchen Hauſe liegt das Ballhaus, das einen ſehr großen Verſammlungs- ſaal hat. Zu dem Brunnenhauſe fuͤhren vier Alleen von Linden und Roßkaſtanien. An der oͤſtlichen Allee iſt vor einigen Jahren ein Luſtgebuͤſch angelegt, das faſt ganz aus mancherley einheimiſchen Baͤumen und Straͤuchern beſteht, die mit einigen aus- laͤndiſchen Gewaͤchſen untermiſcht ſind. Man genießt hier jetzt in allen Stunden einen kuͤhlen Schatten, und, wenn kalte Winde durch die Alleen ſtreichen, eine milde Be- ſchuͤtzung. Schlaͤngelnde Gaͤnge, wo zwey Perſonen bequem neben einander gehen koͤnnen, laufen durch dieſe Pflanzung. Sie iſt ein uͤberaus erfriſchender, waldigter Spaziergang, der jedem Naturfreunde gefaͤllt; anmuthig iſt es, hier in den Mor- genſtunden den Duſt des Laubes und des Graſes zu athmen, und den Thau auf allen Blaͤttern glaͤnzen zu ſehen. Dieſe freye und natuͤrliche Pflanzung war bisher der ſchoͤnſte Theil der Anlagen; die uͤbrige Pflanzung des Brunnenplatzes beſtand in lau- ter ſteifen Heckenwaͤnden von Haynbuchen, die den Schatten, den man ſuchte, nicht gaben, die Ausſicht verſchloſſen, und den freyen Durchzug der geſunden Luͤfte zuruͤck- hielten. Ich hatte hier bey meinem Aufenthalt das Vergnuͤgen, daß die Ausfuͤh- rung meiner Vorſchlaͤge, die zur Verbeſſerung der Anlagen verlangt wurden, beſchloſ- ſen ward. Schon iſt der Anfang gemacht. Die verſperrenden Hecken werden mit den ſchlechten und unſchicklichen Statuen weggeworfen; der Brunnenplatz wird anmu- thiger bepflanzt, und das Ganze erhaͤlt, ſo weit es die beſondere Lage verſtattet, eine natuͤrliche und der Beſtimmung des Orts mehr angemeſſene Einrichtung. *) Noch verdienten die uͤberaus ſchlechten Wege, die hier und in allen umliegenden Gegen- den eben nicht zu Luſtfahrten reizen, eine große Verbeſſerung. Die wilden Spa- ziergaͤnge *) S. Gartenkalender auf das Jahr 1783. S. 131-148. M 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/101>, abgerufen am 22.11.2024.