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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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von besondern Bestimmungen abhängig ist.
VI.
Gärten bey Begräbnißörtern.
1.

Man hat in Frankreich und Italien schon einen glücklichen Anfang gemacht, die
schädlichen Begräbnisse aus den Kirchen und Städten zu verbannen. *) In
der Schweiz hat die Obrigkeit von Genf das erste Beyspiel gegeben, die Todten
außerhalb seiner Mauern zu begraben. Joseph, der Weise, hat verordnet, daß alle
Begräbnißplätze aus der Hauptstadt verlegt, und selbst die Familiengrüfte in den Kir-
chen nicht mehr verstattet werden sollen. Dieß große Muster fordert die deutschen
Fürsten zur Nachahmung auf. Auch ist man in einigen katholischen Provinzen des
Reichs auf eine für die Gesellschaft so wohlthätige Veränderung bedacht. Werden die
protestantischen Fürsten auch hier noch länger zögern können?

Die älteste Verschönerung der abgesonderten Begräbnißplätze ist die Bepflan-
zung mit Bäumen. Schon bey den Alten gehörte die Cypresse den Gräbern, so wie
die Rose ein Bild des Vergnügens war; sie umpflanzten damit die Grabmäler, die
sie nicht in düstern abgelegenen Winkeln versteckten, sondern an freyen Plätzen, die
von vielen Menschen besucht wurden, und selbst an den Landstraßen anlegten, mit Mo-
numenten und Inschriften belebten, und zugleich lehrreich machten.

Die Türken begraben außerhalb der Stadt. Sie geben sich viele Mühe, ihre
Begräbnißplätze durch Bepflanzung mit wohlriechenden Gewächsen angenehm zu ma-
chen. Hasselquist fand, besonders auf den Gräbern bey Smirna, **) hohe Cypref-
senbäume überall sehr häufig, und eine unzählige Menge Rosmarinsträucher, die eben
blüheten und einen vortrefflichen Geruch verbreiteten.

Man pflanzte ehemals in Schottland auf die Gräber, anstatt der Cypressen,
den Taxusbaum. Er scheint schon lange dieser Bestimmung zu gehören. Die Al-
ten ***) legten ihm schon die giftige tödtende Eigenschaft bey, die einige neuere Er-
fahrungen bestätigt haben, und andere wieder zweifelhaft machen. Die Dichter ver-
düsterten das Reich der Schatten mit Wäldern von diesem Baum; und Statius +
läßt eine Furie mit einem Brand von einem abgehauenen Taxus den abgeschiedenen
Seelen auf dem finstern Pfade entgegen gehen, und sie mit dieser Flamme zur Tod-
tengesellschaft einweihen. Es erhellt aus mehrern Zeugnissen bey den Alten, daß sie

den
*) S. 2ten B. S. 58.
**) Reise nach Palästina S. 36.
***) Caesar de bello Gallico VI. 30.
Plinii hist nat. XIV. 10.
+ Theb. VIII. 9.
P 3
von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
VI.
Gaͤrten bey Begraͤbnißoͤrtern.
1.

Man hat in Frankreich und Italien ſchon einen gluͤcklichen Anfang gemacht, die
ſchaͤdlichen Begraͤbniſſe aus den Kirchen und Staͤdten zu verbannen. *) In
der Schweiz hat die Obrigkeit von Genf das erſte Beyſpiel gegeben, die Todten
außerhalb ſeiner Mauern zu begraben. Joſeph, der Weiſe, hat verordnet, daß alle
Begraͤbnißplaͤtze aus der Hauptſtadt verlegt, und ſelbſt die Familiengruͤfte in den Kir-
chen nicht mehr verſtattet werden ſollen. Dieß große Muſter fordert die deutſchen
Fuͤrſten zur Nachahmung auf. Auch iſt man in einigen katholiſchen Provinzen des
Reichs auf eine fuͤr die Geſellſchaft ſo wohlthaͤtige Veraͤnderung bedacht. Werden die
proteſtantiſchen Fuͤrſten auch hier noch laͤnger zoͤgern koͤnnen?

Die aͤlteſte Verſchoͤnerung der abgeſonderten Begraͤbnißplaͤtze iſt die Bepflan-
zung mit Baͤumen. Schon bey den Alten gehoͤrte die Cypreſſe den Graͤbern, ſo wie
die Roſe ein Bild des Vergnuͤgens war; ſie umpflanzten damit die Grabmaͤler, die
ſie nicht in duͤſtern abgelegenen Winkeln verſteckten, ſondern an freyen Plaͤtzen, die
von vielen Menſchen beſucht wurden, und ſelbſt an den Landſtraßen anlegten, mit Mo-
numenten und Inſchriften belebten, und zugleich lehrreich machten.

Die Tuͤrken begraben außerhalb der Stadt. Sie geben ſich viele Muͤhe, ihre
Begraͤbnißplaͤtze durch Bepflanzung mit wohlriechenden Gewaͤchſen angenehm zu ma-
chen. Haſſelquiſt fand, beſonders auf den Graͤbern bey Smirna, **) hohe Cypref-
ſenbaͤume uͤberall ſehr haͤufig, und eine unzaͤhlige Menge Rosmarinſtraͤucher, die eben
bluͤheten und einen vortrefflichen Geruch verbreiteten.

Man pflanzte ehemals in Schottland auf die Graͤber, anſtatt der Cypreſſen,
den Taxusbaum. Er ſcheint ſchon lange dieſer Beſtimmung zu gehoͤren. Die Al-
ten ***) legten ihm ſchon die giftige toͤdtende Eigenſchaft bey, die einige neuere Er-
fahrungen beſtaͤtigt haben, und andere wieder zweifelhaft machen. Die Dichter ver-
duͤſterten das Reich der Schatten mit Waͤldern von dieſem Baum; und Statius
laͤßt eine Furie mit einem Brand von einem abgehauenen Taxus den abgeſchiedenen
Seelen auf dem finſtern Pfade entgegen gehen, und ſie mit dieſer Flamme zur Tod-
tengeſellſchaft einweihen. Es erhellt aus mehrern Zeugniſſen bey den Alten, daß ſie

den
*) S. 2ten B. S. 58.
**) Reiſe nach Palaͤſtina S. 36.
***) Caeſar de bello Gallico VI. 30.
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Theb. VIII. 9.
P 3
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[117/0125] von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. VI. Gaͤrten bey Begraͤbnißoͤrtern. 1. Man hat in Frankreich und Italien ſchon einen gluͤcklichen Anfang gemacht, die ſchaͤdlichen Begraͤbniſſe aus den Kirchen und Staͤdten zu verbannen. *) In der Schweiz hat die Obrigkeit von Genf das erſte Beyſpiel gegeben, die Todten außerhalb ſeiner Mauern zu begraben. Joſeph, der Weiſe, hat verordnet, daß alle Begraͤbnißplaͤtze aus der Hauptſtadt verlegt, und ſelbſt die Familiengruͤfte in den Kir- chen nicht mehr verſtattet werden ſollen. Dieß große Muſter fordert die deutſchen Fuͤrſten zur Nachahmung auf. Auch iſt man in einigen katholiſchen Provinzen des Reichs auf eine fuͤr die Geſellſchaft ſo wohlthaͤtige Veraͤnderung bedacht. Werden die proteſtantiſchen Fuͤrſten auch hier noch laͤnger zoͤgern koͤnnen? Die aͤlteſte Verſchoͤnerung der abgeſonderten Begraͤbnißplaͤtze iſt die Bepflan- zung mit Baͤumen. Schon bey den Alten gehoͤrte die Cypreſſe den Graͤbern, ſo wie die Roſe ein Bild des Vergnuͤgens war; ſie umpflanzten damit die Grabmaͤler, die ſie nicht in duͤſtern abgelegenen Winkeln verſteckten, ſondern an freyen Plaͤtzen, die von vielen Menſchen beſucht wurden, und ſelbſt an den Landſtraßen anlegten, mit Mo- numenten und Inſchriften belebten, und zugleich lehrreich machten. Die Tuͤrken begraben außerhalb der Stadt. Sie geben ſich viele Muͤhe, ihre Begraͤbnißplaͤtze durch Bepflanzung mit wohlriechenden Gewaͤchſen angenehm zu ma- chen. Haſſelquiſt fand, beſonders auf den Graͤbern bey Smirna, **) hohe Cypref- ſenbaͤume uͤberall ſehr haͤufig, und eine unzaͤhlige Menge Rosmarinſtraͤucher, die eben bluͤheten und einen vortrefflichen Geruch verbreiteten. Man pflanzte ehemals in Schottland auf die Graͤber, anſtatt der Cypreſſen, den Taxusbaum. Er ſcheint ſchon lange dieſer Beſtimmung zu gehoͤren. Die Al- ten ***) legten ihm ſchon die giftige toͤdtende Eigenſchaft bey, die einige neuere Er- fahrungen beſtaͤtigt haben, und andere wieder zweifelhaft machen. Die Dichter ver- duͤſterten das Reich der Schatten mit Waͤldern von dieſem Baum; und Statius † laͤßt eine Furie mit einem Brand von einem abgehauenen Taxus den abgeſchiedenen Seelen auf dem finſtern Pfade entgegen gehen, und ſie mit dieſer Flamme zur Tod- tengeſellſchaft einweihen. Es erhellt aus mehrern Zeugniſſen bey den Alten, daß ſie den *) S. 2ten B. S. 58. **) Reiſe nach Palaͤſtina S. 36. ***) Caeſar de bello Gallico VI. 30. Plinii hiſt nat. XIV. 10. † Theb. VIII. 9. P 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/125>, abgerufen am 24.11.2024.