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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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einzelner Theile eines Landsitzes.
müssen, da sie dem Auge so nahe stehen, um einzeln beobachtet zu werden, schöne
Stämme und einen angenehmen Wuchs haben; sie müssen durch das Grün ihres
Laubes einen Contrast mit der Farbe des Rasens machen. Wo ein Baum einzeln er-
scheint, da mag er mit stärkerer Belaubung herabschatten, wie die Roßkastanie oder
der amerikanische Platanus. Wo mehrere Stämme sich zu einer Gruppe vereinigen,
da mögen sich Bäume mit leichtem oder gefiedertem Laube, wie die Zitterespe, der
Quitschernbaum, die virginische Robinie, zusammen gesellen. Bäume mit leicht sich
bewegenden Blättern, die mit jedem Lüftchen dem Auge ein angenehmes Spiel dar-
stellen, und wankende Schatten und phantastische Malereyen auf den Boden hin-
streuen, sodann Bäume mit heiterm Laube und mit wohlriechenden Blüthen schicken
sich vorzüglich zur Anpflanzung auf Vorplätzen. Ein Spaziergang zwischen diesen
Bäumen, ein Sitz unter ihrer lieblichen Beschattung ist überaus ergötzend.

Die Anordnung der kleinen, einzeln auf dem Vorplatze zerstreuten Gruppen,
ist von den Aussichten, die man zum Genuß anbieten will, abhängig. Denn ein
heiterer Himmel, eine freye Aussicht in die Landschaft, eine Entwickelung der Natur
in ihrem ganzen Reiz, sind die Schauspiele, die hier das Auge sucht, und die nie
schöner, als zwischen wohlgeordneten Gruppen des Vorgrundes, erscheinen. Bäume
von hohem Wuchs und von besonderer Lebhaftigkeit des Grüns empfehlen sich am mei-
sten zu Vorgründen, um die Wirkung des Perspectivs zu heben. Die Gruppen wei-
chen aus einander, oder schließen sich näher an, je nachdem die Aussicht zur Verstär-
kung ihrer Wirkung eine größere oder geringere Oeffnung verlangt. Das vornehmste
Verdienst der Gruppen, in so fern sie als Mittel der Verschönerung betrachtet wer-
den, besteht darinn, daß sie die Landschaft in einzelnen Gemälden und ausgewählten
Perspectiven zeigen, zur längern und mannichfaltigern Unterhaltung. Denn die ganze
Masse einer großen Landschaft, die auf einmal überschaut wird, zerstreuet und ermü-
det das Auge. Die Baumgruppen des Vorgrundes geben, zur Verschönerung der
einzelnen Parthien landschaftlicher Scenen, noch den Vortheil, daß das Auge hier
die sanftere Fortschreitung von der Dämmerung zum Licht gewinnt, und im Schat-
ten wieder ruhen kann. Auch selbst die Wahl der Bäume nach der Farbe des Laubes
und nach der Größe kann der Landschaft untergeordnet werden; denn die Farben des
Vorgrundes sollen sich, zur Verstärkung der Wirkung, mit den Farben der Land-
schaft allmälig verbinden, wozu auch in den Zwischenplätzen kleine Klumpen von
Gesträuchen wichtige Mittel werden.

Laufen nicht weit von der äußersten Gränze des Vorplatzes Wiesen ab, so ge-
ben diese die leichtesten und natürlichsten Verbindungen. Einzelne Bäume, die ohne
Absicht, ohne Wirkung da stehen, oder gar die Uebereinstimmung des Ganzen stören,

sind
Q 2

einzelner Theile eines Landſitzes.
muͤſſen, da ſie dem Auge ſo nahe ſtehen, um einzeln beobachtet zu werden, ſchoͤne
Staͤmme und einen angenehmen Wuchs haben; ſie muͤſſen durch das Gruͤn ihres
Laubes einen Contraſt mit der Farbe des Raſens machen. Wo ein Baum einzeln er-
ſcheint, da mag er mit ſtaͤrkerer Belaubung herabſchatten, wie die Roßkaſtanie oder
der amerikaniſche Platanus. Wo mehrere Staͤmme ſich zu einer Gruppe vereinigen,
da moͤgen ſich Baͤume mit leichtem oder gefiedertem Laube, wie die Zittereſpe, der
Quitſchernbaum, die virginiſche Robinie, zuſammen geſellen. Baͤume mit leicht ſich
bewegenden Blaͤttern, die mit jedem Luͤftchen dem Auge ein angenehmes Spiel dar-
ſtellen, und wankende Schatten und phantaſtiſche Malereyen auf den Boden hin-
ſtreuen, ſodann Baͤume mit heiterm Laube und mit wohlriechenden Bluͤthen ſchicken
ſich vorzuͤglich zur Anpflanzung auf Vorplaͤtzen. Ein Spaziergang zwiſchen dieſen
Baͤumen, ein Sitz unter ihrer lieblichen Beſchattung iſt uͤberaus ergoͤtzend.

Die Anordnung der kleinen, einzeln auf dem Vorplatze zerſtreuten Gruppen,
iſt von den Ausſichten, die man zum Genuß anbieten will, abhaͤngig. Denn ein
heiterer Himmel, eine freye Ausſicht in die Landſchaft, eine Entwickelung der Natur
in ihrem ganzen Reiz, ſind die Schauſpiele, die hier das Auge ſucht, und die nie
ſchoͤner, als zwiſchen wohlgeordneten Gruppen des Vorgrundes, erſcheinen. Baͤume
von hohem Wuchs und von beſonderer Lebhaftigkeit des Gruͤns empfehlen ſich am mei-
ſten zu Vorgruͤnden, um die Wirkung des Perſpectivs zu heben. Die Gruppen wei-
chen aus einander, oder ſchließen ſich naͤher an, je nachdem die Ausſicht zur Verſtaͤr-
kung ihrer Wirkung eine groͤßere oder geringere Oeffnung verlangt. Das vornehmſte
Verdienſt der Gruppen, in ſo fern ſie als Mittel der Verſchoͤnerung betrachtet wer-
den, beſteht darinn, daß ſie die Landſchaft in einzelnen Gemaͤlden und ausgewaͤhlten
Perſpectiven zeigen, zur laͤngern und mannichfaltigern Unterhaltung. Denn die ganze
Maſſe einer großen Landſchaft, die auf einmal uͤberſchaut wird, zerſtreuet und ermuͤ-
det das Auge. Die Baumgruppen des Vorgrundes geben, zur Verſchoͤnerung der
einzelnen Parthien landſchaftlicher Scenen, noch den Vortheil, daß das Auge hier
die ſanftere Fortſchreitung von der Daͤmmerung zum Licht gewinnt, und im Schat-
ten wieder ruhen kann. Auch ſelbſt die Wahl der Baͤume nach der Farbe des Laubes
und nach der Groͤße kann der Landſchaft untergeordnet werden; denn die Farben des
Vorgrundes ſollen ſich, zur Verſtaͤrkung der Wirkung, mit den Farben der Land-
ſchaft allmaͤlig verbinden, wozu auch in den Zwiſchenplaͤtzen kleine Klumpen von
Geſtraͤuchen wichtige Mittel werden.

Laufen nicht weit von der aͤußerſten Graͤnze des Vorplatzes Wieſen ab, ſo ge-
ben dieſe die leichteſten und natuͤrlichſten Verbindungen. Einzelne Baͤume, die ohne
Abſicht, ohne Wirkung da ſtehen, oder gar die Uebereinſtimmung des Ganzen ſtoͤren,

ſind
Q 2
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[123/0131] einzelner Theile eines Landſitzes. muͤſſen, da ſie dem Auge ſo nahe ſtehen, um einzeln beobachtet zu werden, ſchoͤne Staͤmme und einen angenehmen Wuchs haben; ſie muͤſſen durch das Gruͤn ihres Laubes einen Contraſt mit der Farbe des Raſens machen. Wo ein Baum einzeln er- ſcheint, da mag er mit ſtaͤrkerer Belaubung herabſchatten, wie die Roßkaſtanie oder der amerikaniſche Platanus. Wo mehrere Staͤmme ſich zu einer Gruppe vereinigen, da moͤgen ſich Baͤume mit leichtem oder gefiedertem Laube, wie die Zittereſpe, der Quitſchernbaum, die virginiſche Robinie, zuſammen geſellen. Baͤume mit leicht ſich bewegenden Blaͤttern, die mit jedem Luͤftchen dem Auge ein angenehmes Spiel dar- ſtellen, und wankende Schatten und phantaſtiſche Malereyen auf den Boden hin- ſtreuen, ſodann Baͤume mit heiterm Laube und mit wohlriechenden Bluͤthen ſchicken ſich vorzuͤglich zur Anpflanzung auf Vorplaͤtzen. Ein Spaziergang zwiſchen dieſen Baͤumen, ein Sitz unter ihrer lieblichen Beſchattung iſt uͤberaus ergoͤtzend. Die Anordnung der kleinen, einzeln auf dem Vorplatze zerſtreuten Gruppen, iſt von den Ausſichten, die man zum Genuß anbieten will, abhaͤngig. Denn ein heiterer Himmel, eine freye Ausſicht in die Landſchaft, eine Entwickelung der Natur in ihrem ganzen Reiz, ſind die Schauſpiele, die hier das Auge ſucht, und die nie ſchoͤner, als zwiſchen wohlgeordneten Gruppen des Vorgrundes, erſcheinen. Baͤume von hohem Wuchs und von beſonderer Lebhaftigkeit des Gruͤns empfehlen ſich am mei- ſten zu Vorgruͤnden, um die Wirkung des Perſpectivs zu heben. Die Gruppen wei- chen aus einander, oder ſchließen ſich naͤher an, je nachdem die Ausſicht zur Verſtaͤr- kung ihrer Wirkung eine groͤßere oder geringere Oeffnung verlangt. Das vornehmſte Verdienſt der Gruppen, in ſo fern ſie als Mittel der Verſchoͤnerung betrachtet wer- den, beſteht darinn, daß ſie die Landſchaft in einzelnen Gemaͤlden und ausgewaͤhlten Perſpectiven zeigen, zur laͤngern und mannichfaltigern Unterhaltung. Denn die ganze Maſſe einer großen Landſchaft, die auf einmal uͤberſchaut wird, zerſtreuet und ermuͤ- det das Auge. Die Baumgruppen des Vorgrundes geben, zur Verſchoͤnerung der einzelnen Parthien landſchaftlicher Scenen, noch den Vortheil, daß das Auge hier die ſanftere Fortſchreitung von der Daͤmmerung zum Licht gewinnt, und im Schat- ten wieder ruhen kann. Auch ſelbſt die Wahl der Baͤume nach der Farbe des Laubes und nach der Groͤße kann der Landſchaft untergeordnet werden; denn die Farben des Vorgrundes ſollen ſich, zur Verſtaͤrkung der Wirkung, mit den Farben der Land- ſchaft allmaͤlig verbinden, wozu auch in den Zwiſchenplaͤtzen kleine Klumpen von Geſtraͤuchen wichtige Mittel werden. Laufen nicht weit von der aͤußerſten Graͤnze des Vorplatzes Wieſen ab, ſo ge- ben dieſe die leichteſten und natuͤrlichſten Verbindungen. Einzelne Baͤume, die ohne Abſicht, ohne Wirkung da ſtehen, oder gar die Uebereinſtimmung des Ganzen ſtoͤren, ſind Q 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/131>, abgerufen am 24.11.2024.