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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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nach den Tageszeiten.

Das erste, worauf der Anleger eines Mittagsgartens oder einer Mittagsscene
seine Aufmerksamkeit zu richten hat, ist die Anwendung der Mittel, um die Unbe-
quemlichkeit der Tageszeit zu mildern. Wir suchen den Schatten und seine Küh-
lung. Dichte Lauben, stark belaubte Hayne und nicht zu sehr verwilderte Dickigte
bieten uns erwünschte Ruheplätze an. Zur Pflanzung in diesen Scenen empfehlen
sich verschiedene Bäume durch den Reichthum und die Größe des Laubwerks, als

die großblättrige Linde,
die Roßkastanie,
der Ahorn, mit verschiedenen Arten,
Die carolinische Pappel (Populus Heterophylla, L.)
die Katalpa (Biguonia Catalpa, L.)
der nordamericanische Platanus (Platanus occidentalis, L.)
der Tulpenbaum u. a.

Diese laubreichen Anpflanzungen befriedigen nicht blos das Bedürfniß der Kühlung;
sie geben zugleich liebliche Plätze zum Aufenthalt, zur Tafel, zum Lesen, zum Spiel,
zum Schlaf; sie gewähren, indem man in ihnen verweilt, eine Folge von sanften Em-
pfindungen; sie reizen selbst in der Ferne durch die Vorstellung der Erquickung, die
sie in ihrem Schooß enthalten. Allein die Pflanzungen dürfen doch nicht so dicht
seyn, daß sie der Luft allen Einzug verwehren; sie können demnach hin und wieder
mit einigen luftigen Gruppen abwechseln. Nichts ist anmuthiger, als aus der tiefen
Nacht der Belaubung zuweilen in eine mildere Dämmerung herüber zu irren, und
hier bald das Auge an dem Spiel der durchfallenden Lichter, bald das Gefühl unter
den kühlenden Athmungen der Luft zu beleben.

Außer den Anpflanzungen geben auch Grotten *) in Felsen und an Wasser-
fällen angenehme Zufluchtsörter vor der Hitze, und sind einem Mittagsgarten sehr
angemessen.

Ein ausgebreiteter See ist in diesen Stunden zu blendend für das Auge, das,
von dem Glanz des Tages belästigt, sich gern in der erquickenden Dunkelheit des
Schattens verbirgt. Mäßige Wassergüsse, halb mit Gesträuch verdeckt, erfrischen
die Einbildungskraft, wie die Scene. Selbst Springwasser, die in den Gärten
der heißen Himmelsstriche ihren Ursprung hatten, scheinen mit dem Charakter dieser

Anlage
*) S. 3ten B. S. 84-96.
B 2
nach den Tageszeiten.

Das erſte, worauf der Anleger eines Mittagsgartens oder einer Mittagsſcene
ſeine Aufmerkſamkeit zu richten hat, iſt die Anwendung der Mittel, um die Unbe-
quemlichkeit der Tageszeit zu mildern. Wir ſuchen den Schatten und ſeine Kuͤh-
lung. Dichte Lauben, ſtark belaubte Hayne und nicht zu ſehr verwilderte Dickigte
bieten uns erwuͤnſchte Ruheplaͤtze an. Zur Pflanzung in dieſen Scenen empfehlen
ſich verſchiedene Baͤume durch den Reichthum und die Groͤße des Laubwerks, als

die großblaͤttrige Linde,
die Roßkaſtanie,
der Ahorn, mit verſchiedenen Arten,
Die caroliniſche Pappel (Populus Heterophylla, L.)
die Katalpa (Biguonia Catalpa, L.)
der nordamericaniſche Platanus (Platanus occidentalis, L.)
der Tulpenbaum u. a.

Dieſe laubreichen Anpflanzungen befriedigen nicht blos das Beduͤrfniß der Kuͤhlung;
ſie geben zugleich liebliche Plaͤtze zum Aufenthalt, zur Tafel, zum Leſen, zum Spiel,
zum Schlaf; ſie gewaͤhren, indem man in ihnen verweilt, eine Folge von ſanften Em-
pfindungen; ſie reizen ſelbſt in der Ferne durch die Vorſtellung der Erquickung, die
ſie in ihrem Schooß enthalten. Allein die Pflanzungen duͤrfen doch nicht ſo dicht
ſeyn, daß ſie der Luft allen Einzug verwehren; ſie koͤnnen demnach hin und wieder
mit einigen luftigen Gruppen abwechſeln. Nichts iſt anmuthiger, als aus der tiefen
Nacht der Belaubung zuweilen in eine mildere Daͤmmerung heruͤber zu irren, und
hier bald das Auge an dem Spiel der durchfallenden Lichter, bald das Gefuͤhl unter
den kuͤhlenden Athmungen der Luft zu beleben.

Außer den Anpflanzungen geben auch Grotten *) in Felſen und an Waſſer-
faͤllen angenehme Zufluchtsoͤrter vor der Hitze, und ſind einem Mittagsgarten ſehr
angemeſſen.

Ein ausgebreiteter See iſt in dieſen Stunden zu blendend fuͤr das Auge, das,
von dem Glanz des Tages belaͤſtigt, ſich gern in der erquickenden Dunkelheit des
Schattens verbirgt. Maͤßige Waſſerguͤſſe, halb mit Geſtraͤuch verdeckt, erfriſchen
die Einbildungskraft, wie die Scene. Selbſt Springwaſſer, die in den Gaͤrten
der heißen Himmelsſtriche ihren Urſprung hatten, ſcheinen mit dem Charakter dieſer

Anlage
*) S. 3ten B. S. 84-96.
B 2
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[11/0019] nach den Tageszeiten. Das erſte, worauf der Anleger eines Mittagsgartens oder einer Mittagsſcene ſeine Aufmerkſamkeit zu richten hat, iſt die Anwendung der Mittel, um die Unbe- quemlichkeit der Tageszeit zu mildern. Wir ſuchen den Schatten und ſeine Kuͤh- lung. Dichte Lauben, ſtark belaubte Hayne und nicht zu ſehr verwilderte Dickigte bieten uns erwuͤnſchte Ruheplaͤtze an. Zur Pflanzung in dieſen Scenen empfehlen ſich verſchiedene Baͤume durch den Reichthum und die Groͤße des Laubwerks, als die großblaͤttrige Linde, die Roßkaſtanie, der Ahorn, mit verſchiedenen Arten, Die caroliniſche Pappel (Populus Heterophylla, L.) die Katalpa (Biguonia Catalpa, L.) der nordamericaniſche Platanus (Platanus occidentalis, L.) der Tulpenbaum u. a. Dieſe laubreichen Anpflanzungen befriedigen nicht blos das Beduͤrfniß der Kuͤhlung; ſie geben zugleich liebliche Plaͤtze zum Aufenthalt, zur Tafel, zum Leſen, zum Spiel, zum Schlaf; ſie gewaͤhren, indem man in ihnen verweilt, eine Folge von ſanften Em- pfindungen; ſie reizen ſelbſt in der Ferne durch die Vorſtellung der Erquickung, die ſie in ihrem Schooß enthalten. Allein die Pflanzungen duͤrfen doch nicht ſo dicht ſeyn, daß ſie der Luft allen Einzug verwehren; ſie koͤnnen demnach hin und wieder mit einigen luftigen Gruppen abwechſeln. Nichts iſt anmuthiger, als aus der tiefen Nacht der Belaubung zuweilen in eine mildere Daͤmmerung heruͤber zu irren, und hier bald das Auge an dem Spiel der durchfallenden Lichter, bald das Gefuͤhl unter den kuͤhlenden Athmungen der Luft zu beleben. Außer den Anpflanzungen geben auch Grotten *) in Felſen und an Waſſer- faͤllen angenehme Zufluchtsoͤrter vor der Hitze, und ſind einem Mittagsgarten ſehr angemeſſen. Ein ausgebreiteter See iſt in dieſen Stunden zu blendend fuͤr das Auge, das, von dem Glanz des Tages belaͤſtigt, ſich gern in der erquickenden Dunkelheit des Schattens verbirgt. Maͤßige Waſſerguͤſſe, halb mit Geſtraͤuch verdeckt, erfriſchen die Einbildungskraft, wie die Scene. Selbſt Springwaſſer, die in den Gaͤrten der heißen Himmelsſtriche ihren Urſprung hatten, ſcheinen mit dem Charakter dieſer Anlage *) S. 3ten B. S. 84-96. B 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/19>, abgerufen am 21.11.2024.