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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gärten,
überall in Ruf gekommen ist. Viele Vornehme der Stadt haben noch in andern
Gegenden ihre Landhäuser in anmuthigen Lagen.

5.

Wir erkennen aus dieser kurzen Uebersicht von Italien, daß es nicht allein
Landhäuser in einer zahlreichen Menge besitzt, sondern daß auch sehr viele davon sich
durch eine vortreffliche Baukunst auszeichnen, wodurch zum Theil die größten Archi-
tecten Denkmäler ihres Geistes hinterlassen haben. Die schönsten Villen, besonders
in Toscana und um Rom, wurden in den Zeiten des Reichthums und der Pracht-
liebe unter Fürsten angelegt, welche die schönen Künste liebten und die Künstler bil-
deten, indem sie sie beschäftigten und ehrten. Die meisten heutigen Besitzer wenden
jetzt wenig auf ihre Unterhaltung; daher sangen sie hin und wieder schon an, präch-
tige Ruinen für die N[a]chkommenschaft vorzubereiten. Die Gärten haben zum
Theil die herrlichsten Lagen. Allein sie sind durchgängig regelmäßig und ein großer
Theil noch in der Manier der ersten Hälste des vorigen Jahrhunderts angelegt.
Der Geschmack der Gärten mag sich in ganz Europa verändern; Italien hat
wenig Hoffnung, die Verbesserung so bald zu sehen. Der Italiäner scheint nicht
das schärsste Gefühl für diese Gattung von Schönheit von der Natur empfangen zu
haben; der Geschmack an ländlichen Vergnügungen verliert sich immer mehr bey
ihm; Schauspiele, Musik, nächtliche Gaukeleyen und verliebte Abentheuer unter-
drücken die sanftere Empfindung für den stillen Reiz des Landlebens. Außerdem
stehen hier die Gärten noch unter dem strengen Gebot der Architecten, die sie nach
den Regeln ihrer Kunst verunstalten. Könnte man erwarten, daß durch die Menge
der reisenden Britten, die jetzt immer nach Italien strömen und deren reiner Ge-
schmack nicht ganz ohne Aufklärung bleiben kann, die Liebe für die schöne Kunst der
Gärten erweckt und zu einer ähnlichen Begeisterung, wie ehemals für ihre ältere
Schwestern, aufgeheitert würde; so ließen sich freylich auch noch andere Aussichten
erwarten, die aber doch durch die eingeführte Art der Benutzung des Landes und durch
den geringen Trieb der Italiäner zur Nachahmung des Ausländischen wieder begränzt
werden. Allein welche Vorzüge behält nicht noch immer ein Land, das seine Hügel
rings umher von den Blüthen des Mandelbaums sich freywillig verschönern, freywillig
seine Ebenen mit den Früchten der Citronen- und Pomeranzenwälder sich vergolden,
und an seinen öffentlichen Wegen die amerikanische Agave neben dem fruchttragenden
Palmbaum blühen sieht?

II. Die
bildungen im 2ten B. von des Grafen
Borch Briefen über Sicilien und Malta,
[Spaltenumbruch] und die Zusätze dieses aufmerksamen Rei-
senden.

Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten,
uͤberall in Ruf gekommen iſt. Viele Vornehme der Stadt haben noch in andern
Gegenden ihre Landhaͤuſer in anmuthigen Lagen.

5.

Wir erkennen aus dieſer kurzen Ueberſicht von Italien, daß es nicht allein
Landhaͤuſer in einer zahlreichen Menge beſitzt, ſondern daß auch ſehr viele davon ſich
durch eine vortreffliche Baukunſt auszeichnen, wodurch zum Theil die groͤßten Archi-
tecten Denkmaͤler ihres Geiſtes hinterlaſſen haben. Die ſchoͤnſten Villen, beſonders
in Toſcana und um Rom, wurden in den Zeiten des Reichthums und der Pracht-
liebe unter Fuͤrſten angelegt, welche die ſchoͤnen Kuͤnſte liebten und die Kuͤnſtler bil-
deten, indem ſie ſie beſchaͤftigten und ehrten. Die meiſten heutigen Beſitzer wenden
jetzt wenig auf ihre Unterhaltung; daher ſangen ſie hin und wieder ſchon an, praͤch-
tige Ruinen fuͤr die N[a]chkommenſchaft vorzubereiten. Die Gaͤrten haben zum
Theil die herrlichſten Lagen. Allein ſie ſind durchgaͤngig regelmaͤßig und ein großer
Theil noch in der Manier der erſten Haͤlſte des vorigen Jahrhunderts angelegt.
Der Geſchmack der Gaͤrten mag ſich in ganz Europa veraͤndern; Italien hat
wenig Hoffnung, die Verbeſſerung ſo bald zu ſehen. Der Italiaͤner ſcheint nicht
das ſchaͤrſſte Gefuͤhl fuͤr dieſe Gattung von Schoͤnheit von der Natur empfangen zu
haben; der Geſchmack an laͤndlichen Vergnuͤgungen verliert ſich immer mehr bey
ihm; Schauſpiele, Muſik, naͤchtliche Gaukeleyen und verliebte Abentheuer unter-
druͤcken die ſanftere Empfindung fuͤr den ſtillen Reiz des Landlebens. Außerdem
ſtehen hier die Gaͤrten noch unter dem ſtrengen Gebot der Architecten, die ſie nach
den Regeln ihrer Kunſt verunſtalten. Koͤnnte man erwarten, daß durch die Menge
der reiſenden Britten, die jetzt immer nach Italien ſtroͤmen und deren reiner Ge-
ſchmack nicht ganz ohne Aufklaͤrung bleiben kann, die Liebe fuͤr die ſchoͤne Kunſt der
Gaͤrten erweckt und zu einer aͤhnlichen Begeiſterung, wie ehemals fuͤr ihre aͤltere
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erwarten, die aber doch durch die eingefuͤhrte Art der Benutzung des Landes und durch
den geringen Trieb der Italiaͤner zur Nachahmung des Auslaͤndiſchen wieder begraͤnzt
werden. Allein welche Vorzuͤge behaͤlt nicht noch immer ein Land, das ſeine Huͤgel
rings umher von den Bluͤthen des Mandelbaums ſich freywillig verſchoͤnern, freywillig
ſeine Ebenen mit den Fruͤchten der Citronen- und Pomeranzenwaͤlder ſich vergolden,
und an ſeinen oͤffentlichen Wegen die amerikaniſche Agave neben dem fruchttragenden
Palmbaum bluͤhen ſieht?

II. Die
bildungen im 2ten B. von des Grafen
Borch Briefen uͤber Sicilien und Malta,
[Spaltenumbruch] und die Zuſaͤtze dieſes aufmerkſamen Rei-
ſenden.
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[250/0258] Zweyter Anhang. Kurze Nachrichten von Gaͤrten, uͤberall in Ruf gekommen iſt. Viele Vornehme der Stadt haben noch in andern Gegenden ihre Landhaͤuſer in anmuthigen Lagen. 5. Wir erkennen aus dieſer kurzen Ueberſicht von Italien, daß es nicht allein Landhaͤuſer in einer zahlreichen Menge beſitzt, ſondern daß auch ſehr viele davon ſich durch eine vortreffliche Baukunſt auszeichnen, wodurch zum Theil die groͤßten Archi- tecten Denkmaͤler ihres Geiſtes hinterlaſſen haben. Die ſchoͤnſten Villen, beſonders in Toſcana und um Rom, wurden in den Zeiten des Reichthums und der Pracht- liebe unter Fuͤrſten angelegt, welche die ſchoͤnen Kuͤnſte liebten und die Kuͤnſtler bil- deten, indem ſie ſie beſchaͤftigten und ehrten. Die meiſten heutigen Beſitzer wenden jetzt wenig auf ihre Unterhaltung; daher ſangen ſie hin und wieder ſchon an, praͤch- tige Ruinen fuͤr die Nachkommenſchaft vorzubereiten. Die Gaͤrten haben zum Theil die herrlichſten Lagen. Allein ſie ſind durchgaͤngig regelmaͤßig und ein großer Theil noch in der Manier der erſten Haͤlſte des vorigen Jahrhunderts angelegt. Der Geſchmack der Gaͤrten mag ſich in ganz Europa veraͤndern; Italien hat wenig Hoffnung, die Verbeſſerung ſo bald zu ſehen. Der Italiaͤner ſcheint nicht das ſchaͤrſſte Gefuͤhl fuͤr dieſe Gattung von Schoͤnheit von der Natur empfangen zu haben; der Geſchmack an laͤndlichen Vergnuͤgungen verliert ſich immer mehr bey ihm; Schauſpiele, Muſik, naͤchtliche Gaukeleyen und verliebte Abentheuer unter- druͤcken die ſanftere Empfindung fuͤr den ſtillen Reiz des Landlebens. Außerdem ſtehen hier die Gaͤrten noch unter dem ſtrengen Gebot der Architecten, die ſie nach den Regeln ihrer Kunſt verunſtalten. Koͤnnte man erwarten, daß durch die Menge der reiſenden Britten, die jetzt immer nach Italien ſtroͤmen und deren reiner Ge- ſchmack nicht ganz ohne Aufklaͤrung bleiben kann, die Liebe fuͤr die ſchoͤne Kunſt der Gaͤrten erweckt und zu einer aͤhnlichen Begeiſterung, wie ehemals fuͤr ihre aͤltere Schweſtern, aufgeheitert wuͤrde; ſo ließen ſich freylich auch noch andere Ausſichten erwarten, die aber doch durch die eingefuͤhrte Art der Benutzung des Landes und durch den geringen Trieb der Italiaͤner zur Nachahmung des Auslaͤndiſchen wieder begraͤnzt werden. Allein welche Vorzuͤge behaͤlt nicht noch immer ein Land, das ſeine Huͤgel rings umher von den Bluͤthen des Mandelbaums ſich freywillig verſchoͤnern, freywillig ſeine Ebenen mit den Fruͤchten der Citronen- und Pomeranzenwaͤlder ſich vergolden, und an ſeinen oͤffentlichen Wegen die amerikaniſche Agave neben dem fruchttragenden Palmbaum bluͤhen ſieht? **) II. Die **) bildungen im 2ten B. von des Grafen Borch Briefen uͤber Sicilien und Malta, und die Zuſaͤtze dieſes aufmerkſamen Rei- ſenden.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/258>, abgerufen am 23.11.2024.