Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter mögen Böte und andere Fahrzeuge zu Lustfahrten und zum Fischfang einladen. DieMusik in einem Gehölz ist nicht wenig reizend, und die zum wollüstigen Gefühl be- rauschenden Töne des Waldhorns geben einem heitern Sommerabend einen neuen Zauber. Man kann hier Musikhäuser anlegen, deren Architektur zugleich die Scene ziert. Kostbare Kunstwerke, feine Verzierungen und seltene Gewächse, die Vorsorge 2. So
Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter moͤgen Boͤte und andere Fahrzeuge zu Luſtfahrten und zum Fiſchfang einladen. DieMuſik in einem Gehoͤlz iſt nicht wenig reizend, und die zum wolluͤſtigen Gefuͤhl be- rauſchenden Toͤne des Waldhorns geben einem heitern Sommerabend einen neuen Zauber. Man kann hier Muſikhaͤuſer anlegen, deren Architektur zugleich die Scene ziert. Koſtbare Kunſtwerke, feine Verzierungen und ſeltene Gewaͤchſe, die Vorſorge 2. So
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Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
moͤgen Boͤte und andere Fahrzeuge zu Luſtfahrten und zum Fiſchfang einladen. Die
Muſik in einem Gehoͤlz iſt nicht wenig reizend, und die zum wolluͤſtigen Gefuͤhl be-
rauſchenden Toͤne des Waldhorns geben einem heitern Sommerabend einen neuen
Zauber. Man kann hier Muſikhaͤuſer anlegen, deren Architektur zugleich die
Scene ziert.
Koſtbare Kunſtwerke, feine Verzierungen und ſeltene Gewaͤchſe, die Vorſorge
erfordern, gehoͤren nicht in Anlagen dieſer Klaſſe. Doch laſſen ſich hier Werke auf-
ſtellen, die nuͤtzliche Eindruͤcke auf die Menge verbreiten. Hier ſcheint der Ort zu
ſeyn, wo man leicht dem Volk mitten auf den Weg ſeiner Vergnuͤgungen eine gute
Lehre hinſtreuen und ſeine Aufmerkſamkeit durch wichtige Erinnerungen anhalten
kann. Gebaͤude mit intereſſanten Gemaͤlden aus der Geſchichte der Nation, Bild-
ſaͤulen ihrer verſtorbenen Wohlthaͤter, Denkmaͤler von wichtigen Vorfaͤllen und Be-
gebenheiten mit lehrreichen Inſchriften koͤnnen hier mit Geſchmack an ſchicklichen Plaͤ-
tzen zu ſehr vortheilhaften Wirkungen angeordnet werden. Nur keine Urne, noch
andere Monumente des Schmerzes gehoͤren in dieſe Gaͤrten. Jene Gebaͤude, jene
Statuen, Buͤſten und andere Denkmaͤler, die das Volk an ſein einheimiſches Ver-
dienſt, an die Wohlthaͤtigkeit ſeiner Patrioten, an das Gluͤck ſeiner Nationalbege-
benheiten erinnern, ſind ſie nicht an Wuͤrde und Kraft weit mehr, als die Bildſaͤule
eines Faun? Einer der oͤffentlichen Spaziergaͤnge in Athen war eine bedeckte Saͤu-
lenlaube, die mit Abbildungen der Thaten der verdienteſten Buͤrger angefuͤllt war.
Wie wenig hat man noch in unſern Zeiten daran gedacht, nach dem Beyſpiele der
Alten, die faſt auf allen Spaziergaͤngen durch Denkmaͤler der buͤrgerlichen Tugend
zur Tugend ermunterten, die Oerter des oͤffentlichen Vergnuͤgens mit Werken der
Kunſt zu zieren, die an das nuͤtzliche Verdienſt erinnern! Aber auch das ſchoͤne Ver-
dienſt kann hier ſeine Monumente fordern. Die Statue, die Buͤſte oder die Denk-
ſaͤule des malenden Dichters, und des dichtenden Malers, des Lehrers der Naturſchoͤn-
heit und ihres Nachbilders ſind intereſſante Vorſtellungen in Volksgaͤrten. Wie leicht
waͤre es, daß jede Stadt an dem Ort ihrer oͤffentlichen Spaziergaͤnge, dem verdien-
teſten Manne, der in ihrem Schooß geboren ward, oder deſſen Talente ſie erleuchte-
ten, ein Denkmal ſetzte, und mit dieſem Denkmal ihre Mitbuͤrger erwaͤrmte und ihre
Nachkommen unterrichtete! Bey großen Reſidenzſtaͤdten ließe ſich ſelbſt eine Art von
oͤffentlichen Nationalgaͤrten anlegen, worinn den Dichtern, den Kuͤnſtlern, den ſchoͤ-
nen Geiſtern, den Philoſophen beſondere heilige Hayne gewidmet, und dieſe mit ih-
ren Monumenten in dazu angeordneten Scenen, die ihrem Charakter zuſtimmten,
ausgeſchmuͤckt wuͤrden. Ein neues und fruchtbares Feld fuͤr die patriotiſche Gar-
tenkunſt!
2. So
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