chen Quellen, von klaren Bächen und kleinen Wasserfällen belebt. Der Geschmack der Griechen war heiter und rein, wie die Luft um die Wohnung ihrer Musen.
Unstreitig gewinnen die Geschäfte des Geistes einen geschwindern und glückli- chern Fortgang, wenn wir von Gegenständen umgeben sind, die ihrer Natur nach sanfte und angenehme Eindrücke auf uns machen. Die Schönheit und Heiterkeit ei- ner Gegend schmeichelt nicht blos dem äußern Sinn, sie erwärmet nicht blos unsere Lebensgeister zu einer schnellern Bewegung; sie belebt auch die Einbildungskraft mit frischen Bildern, und erhöhet durch die Anmuthigkeit, die sie in den innern Sinn er- gießt, zugleich die ganze Thätigkeit des Geistes. Wir fühlen es bald, wie aufge- weckt und heiter der Kopf ist, wenn wir uns in einer schönen Gegend oder im Gar- ten eine frohe Bewegung gemacht, und dann zur Arbeit zurückkehren. Der Dich- ter, der Redner, der Schriftsteller, der Künstler müssen aus der reinen Quelle der Natur ihre Bilder schöpfen; sie müssen demnach sehr früh Gelegenheit haben, sie zu finden. Die Anmuthigkeit des Geistes, die von dem Genuß der schönen Natur ein- geflößt wird, macht überall unser Glück im Privatleben und am Hofe, in der Fami- lie und in der großen Gesellschaft. Die Stadt verwöhnt und verunstaltet so leicht den Geschmack der Jugend; das Land, der Garten giebt zu seiner Bildung nicht blos Reiz, sondern auch Anleitung. Die reinsten und edelsten Vergnügungen gewährt immer die Natur; wer sie in ihrem Schooß zu finden sich gewöhnt, der hat eine reiche Quelle angenehmer Empfindungen, die ihm das ganze Leben hinab nachfließt.
Sehr viel ist an den Umständen gelegen, unter welchen die erste Bildung des Menschen angefangen wird. Die ganze Stimmung unserer Empfindungskraft hängt meist von den ersten Eindrücken ab, die unsere Jugend empfängt; diese setzen uns fast immer in einen Ton, der uns durch das ganze Leben nicht verläßt. Junge Seelen, denen früh ein Gefühl der Reinlichkeit, der Harmonie, der Annehmlichkeit eingeflößt wird, werden dies Gefühl nicht leicht verlieren; es wird in ihre Urtheile, in ihre Handlungen übergehen, sie überall begleiten. Die Versperrung, die Unreinlichkeit, die Rauhigkeit, das geschmacklose Ansehen, das fast in allen Schulen volkreicher Städte herrscht, müssen sehr natürlich die Seelen der Jugend, die darinn verschlos- sen ist, erniedrigen, und sie allmälig gegen die feinern Eindrücke der Schönheit in den Werken der Natur und der Kunst unempfindlich machen. Daher so viel Stumpfheit, Geschmacklosigkeit, und niedrige Plumpheit in den Sitten junger Leute, welche die Schulen verlassen. Einrichtungen, welche Begriffe und Empfindungen von Ordnung, von Schicklichkeit, von Schönheit verbreiten, Gebäude und Garten- anlagen, die dazu beytragen, sind demnach bey Erziehungsanstalten nicht weniger nothwendig, als gute Lehrer. Wie selten ist noch wohl hieran gedacht Die Ge-
bäude,
K 2
von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
chen Quellen, von klaren Baͤchen und kleinen Waſſerfaͤllen belebt. Der Geſchmack der Griechen war heiter und rein, wie die Luft um die Wohnung ihrer Muſen.
Unſtreitig gewinnen die Geſchaͤfte des Geiſtes einen geſchwindern und gluͤckli- chern Fortgang, wenn wir von Gegenſtaͤnden umgeben ſind, die ihrer Natur nach ſanfte und angenehme Eindruͤcke auf uns machen. Die Schoͤnheit und Heiterkeit ei- ner Gegend ſchmeichelt nicht blos dem aͤußern Sinn, ſie erwaͤrmet nicht blos unſere Lebensgeiſter zu einer ſchnellern Bewegung; ſie belebt auch die Einbildungskraft mit friſchen Bildern, und erhoͤhet durch die Anmuthigkeit, die ſie in den innern Sinn er- gießt, zugleich die ganze Thaͤtigkeit des Geiſtes. Wir fuͤhlen es bald, wie aufge- weckt und heiter der Kopf iſt, wenn wir uns in einer ſchoͤnen Gegend oder im Gar- ten eine frohe Bewegung gemacht, und dann zur Arbeit zuruͤckkehren. Der Dich- ter, der Redner, der Schriftſteller, der Kuͤnſtler muͤſſen aus der reinen Quelle der Natur ihre Bilder ſchoͤpfen; ſie muͤſſen demnach ſehr fruͤh Gelegenheit haben, ſie zu finden. Die Anmuthigkeit des Geiſtes, die von dem Genuß der ſchoͤnen Natur ein- gefloͤßt wird, macht uͤberall unſer Gluͤck im Privatleben und am Hofe, in der Fami- lie und in der großen Geſellſchaft. Die Stadt verwoͤhnt und verunſtaltet ſo leicht den Geſchmack der Jugend; das Land, der Garten giebt zu ſeiner Bildung nicht blos Reiz, ſondern auch Anleitung. Die reinſten und edelſten Vergnuͤgungen gewaͤhrt immer die Natur; wer ſie in ihrem Schooß zu finden ſich gewoͤhnt, der hat eine reiche Quelle angenehmer Empfindungen, die ihm das ganze Leben hinab nachfließt.
Sehr viel iſt an den Umſtaͤnden gelegen, unter welchen die erſte Bildung des Menſchen angefangen wird. Die ganze Stimmung unſerer Empfindungskraft haͤngt meiſt von den erſten Eindruͤcken ab, die unſere Jugend empfaͤngt; dieſe ſetzen uns faſt immer in einen Ton, der uns durch das ganze Leben nicht verlaͤßt. Junge Seelen, denen fruͤh ein Gefuͤhl der Reinlichkeit, der Harmonie, der Annehmlichkeit eingefloͤßt wird, werden dies Gefuͤhl nicht leicht verlieren; es wird in ihre Urtheile, in ihre Handlungen uͤbergehen, ſie uͤberall begleiten. Die Verſperrung, die Unreinlichkeit, die Rauhigkeit, das geſchmackloſe Anſehen, das faſt in allen Schulen volkreicher Staͤdte herrſcht, muͤſſen ſehr natuͤrlich die Seelen der Jugend, die darinn verſchloſ- ſen iſt, erniedrigen, und ſie allmaͤlig gegen die feinern Eindruͤcke der Schoͤnheit in den Werken der Natur und der Kunſt unempfindlich machen. Daher ſo viel Stumpfheit, Geſchmackloſigkeit, und niedrige Plumpheit in den Sitten junger Leute, welche die Schulen verlaſſen. Einrichtungen, welche Begriffe und Empfindungen von Ordnung, von Schicklichkeit, von Schoͤnheit verbreiten, Gebaͤude und Garten- anlagen, die dazu beytragen, ſind demnach bey Erziehungsanſtalten nicht weniger nothwendig, als gute Lehrer. Wie ſelten iſt noch wohl hieran gedacht Die Ge-
baͤude,
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0083"n="75"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.</hi></fw><lb/>
chen Quellen, von klaren Baͤchen und kleinen Waſſerfaͤllen belebt. Der Geſchmack<lb/>
der <hirendition="#fr">Griechen</hi> war heiter und rein, wie die Luft um die Wohnung ihrer Muſen.</p><lb/><p>Unſtreitig gewinnen die Geſchaͤfte des Geiſtes einen geſchwindern und gluͤckli-<lb/>
chern Fortgang, wenn wir von Gegenſtaͤnden umgeben ſind, die ihrer Natur nach<lb/>ſanfte und angenehme Eindruͤcke auf uns machen. Die Schoͤnheit und Heiterkeit ei-<lb/>
ner Gegend ſchmeichelt nicht blos dem aͤußern Sinn, ſie erwaͤrmet nicht blos unſere<lb/>
Lebensgeiſter zu einer ſchnellern Bewegung; ſie belebt auch die Einbildungskraft mit<lb/>
friſchen Bildern, und erhoͤhet durch die Anmuthigkeit, die ſie in den innern Sinn er-<lb/>
gießt, zugleich die ganze Thaͤtigkeit des Geiſtes. Wir fuͤhlen es bald, wie aufge-<lb/>
weckt und heiter der Kopf iſt, wenn wir uns in einer ſchoͤnen Gegend oder im Gar-<lb/>
ten eine frohe Bewegung gemacht, und dann zur Arbeit zuruͤckkehren. Der Dich-<lb/>
ter, der Redner, der Schriftſteller, der Kuͤnſtler muͤſſen aus der reinen Quelle der<lb/>
Natur ihre Bilder ſchoͤpfen; ſie muͤſſen demnach ſehr fruͤh Gelegenheit haben, ſie zu<lb/>
finden. Die Anmuthigkeit des Geiſtes, die von dem Genuß der ſchoͤnen Natur ein-<lb/>
gefloͤßt wird, macht uͤberall unſer Gluͤck im Privatleben und am Hofe, in der Fami-<lb/>
lie und in der großen Geſellſchaft. Die Stadt verwoͤhnt und verunſtaltet ſo leicht den<lb/>
Geſchmack der Jugend; das Land, der Garten giebt zu ſeiner Bildung nicht blos<lb/>
Reiz, ſondern auch Anleitung. Die reinſten und edelſten Vergnuͤgungen gewaͤhrt<lb/>
immer die Natur; wer ſie in ihrem Schooß zu finden ſich gewoͤhnt, der hat eine<lb/>
reiche Quelle angenehmer Empfindungen, die ihm das ganze Leben hinab nachfließt.</p><lb/><p>Sehr viel iſt an den Umſtaͤnden gelegen, unter welchen die erſte Bildung des<lb/>
Menſchen angefangen wird. Die ganze Stimmung unſerer Empfindungskraft haͤngt<lb/>
meiſt von den erſten Eindruͤcken ab, die unſere Jugend empfaͤngt; dieſe ſetzen uns faſt<lb/>
immer in einen Ton, der uns durch das ganze Leben nicht verlaͤßt. Junge Seelen,<lb/>
denen fruͤh ein Gefuͤhl der Reinlichkeit, der Harmonie, der Annehmlichkeit eingefloͤßt<lb/>
wird, werden dies Gefuͤhl nicht leicht verlieren; es wird in ihre Urtheile, in ihre<lb/>
Handlungen uͤbergehen, ſie uͤberall begleiten. Die Verſperrung, die Unreinlichkeit,<lb/>
die Rauhigkeit, das geſchmackloſe Anſehen, das faſt in allen Schulen volkreicher<lb/>
Staͤdte herrſcht, muͤſſen ſehr natuͤrlich die Seelen der Jugend, die darinn verſchloſ-<lb/>ſen iſt, erniedrigen, und ſie allmaͤlig gegen die feinern Eindruͤcke der Schoͤnheit in<lb/>
den Werken der Natur und der Kunſt unempfindlich machen. Daher ſo viel<lb/>
Stumpfheit, Geſchmackloſigkeit, und niedrige Plumpheit in den Sitten junger Leute,<lb/>
welche die Schulen verlaſſen. Einrichtungen, welche Begriffe und Empfindungen<lb/>
von Ordnung, von Schicklichkeit, von Schoͤnheit verbreiten, Gebaͤude und Garten-<lb/>
anlagen, die dazu beytragen, ſind demnach bey Erziehungsanſtalten nicht weniger<lb/>
nothwendig, als gute Lehrer. Wie ſelten iſt noch wohl hieran gedacht Die Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">baͤude,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[75/0083]
von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
chen Quellen, von klaren Baͤchen und kleinen Waſſerfaͤllen belebt. Der Geſchmack
der Griechen war heiter und rein, wie die Luft um die Wohnung ihrer Muſen.
Unſtreitig gewinnen die Geſchaͤfte des Geiſtes einen geſchwindern und gluͤckli-
chern Fortgang, wenn wir von Gegenſtaͤnden umgeben ſind, die ihrer Natur nach
ſanfte und angenehme Eindruͤcke auf uns machen. Die Schoͤnheit und Heiterkeit ei-
ner Gegend ſchmeichelt nicht blos dem aͤußern Sinn, ſie erwaͤrmet nicht blos unſere
Lebensgeiſter zu einer ſchnellern Bewegung; ſie belebt auch die Einbildungskraft mit
friſchen Bildern, und erhoͤhet durch die Anmuthigkeit, die ſie in den innern Sinn er-
gießt, zugleich die ganze Thaͤtigkeit des Geiſtes. Wir fuͤhlen es bald, wie aufge-
weckt und heiter der Kopf iſt, wenn wir uns in einer ſchoͤnen Gegend oder im Gar-
ten eine frohe Bewegung gemacht, und dann zur Arbeit zuruͤckkehren. Der Dich-
ter, der Redner, der Schriftſteller, der Kuͤnſtler muͤſſen aus der reinen Quelle der
Natur ihre Bilder ſchoͤpfen; ſie muͤſſen demnach ſehr fruͤh Gelegenheit haben, ſie zu
finden. Die Anmuthigkeit des Geiſtes, die von dem Genuß der ſchoͤnen Natur ein-
gefloͤßt wird, macht uͤberall unſer Gluͤck im Privatleben und am Hofe, in der Fami-
lie und in der großen Geſellſchaft. Die Stadt verwoͤhnt und verunſtaltet ſo leicht den
Geſchmack der Jugend; das Land, der Garten giebt zu ſeiner Bildung nicht blos
Reiz, ſondern auch Anleitung. Die reinſten und edelſten Vergnuͤgungen gewaͤhrt
immer die Natur; wer ſie in ihrem Schooß zu finden ſich gewoͤhnt, der hat eine
reiche Quelle angenehmer Empfindungen, die ihm das ganze Leben hinab nachfließt.
Sehr viel iſt an den Umſtaͤnden gelegen, unter welchen die erſte Bildung des
Menſchen angefangen wird. Die ganze Stimmung unſerer Empfindungskraft haͤngt
meiſt von den erſten Eindruͤcken ab, die unſere Jugend empfaͤngt; dieſe ſetzen uns faſt
immer in einen Ton, der uns durch das ganze Leben nicht verlaͤßt. Junge Seelen,
denen fruͤh ein Gefuͤhl der Reinlichkeit, der Harmonie, der Annehmlichkeit eingefloͤßt
wird, werden dies Gefuͤhl nicht leicht verlieren; es wird in ihre Urtheile, in ihre
Handlungen uͤbergehen, ſie uͤberall begleiten. Die Verſperrung, die Unreinlichkeit,
die Rauhigkeit, das geſchmackloſe Anſehen, das faſt in allen Schulen volkreicher
Staͤdte herrſcht, muͤſſen ſehr natuͤrlich die Seelen der Jugend, die darinn verſchloſ-
ſen iſt, erniedrigen, und ſie allmaͤlig gegen die feinern Eindruͤcke der Schoͤnheit in
den Werken der Natur und der Kunſt unempfindlich machen. Daher ſo viel
Stumpfheit, Geſchmackloſigkeit, und niedrige Plumpheit in den Sitten junger Leute,
welche die Schulen verlaſſen. Einrichtungen, welche Begriffe und Empfindungen
von Ordnung, von Schicklichkeit, von Schoͤnheit verbreiten, Gebaͤude und Garten-
anlagen, die dazu beytragen, ſind demnach bey Erziehungsanſtalten nicht weniger
nothwendig, als gute Lehrer. Wie ſelten iſt noch wohl hieran gedacht Die Ge-
baͤude,
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/83>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.