Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter der Wohngebäude, um das Brunnenhaus, oder um die Bäder, in diese Anlagenkommen. Sie sind hier nicht allein als Zugänge schicklich, sondern auch bequem zum gesellschaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengäste und zur Un- terhaltung. Man ist an diesen Oertern vergnügt, sogleich aus dem Hause oder von dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier müssen demnach hohe und laubreiche Bäume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengast, ohne ihn im geringsten von der Sonne leiden zu lassen, mit ihren kühlen Schattengewölben beschirmen. Diese geraden Alleen können sowohl mit erweiterten, doch immer beschatteten, Versamm- lungsplätzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit schlängelnden Gängen wechseln, die in die übrigen Anlagen führen. Hohe Hecken, die schon an sich so verwerflich sind, werden an Brunnenörtern noch unerträglicher, indem sie zwischen ihren Wänden die Luft, wie den Menschen, einsperren, und in manchen Stunden des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verständige Pflanzung giebt ei- nen weit sicherern und reichern Schatten. Auch lange künstliche Bogengänge sind hier zu vermeiden, weil sie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in sich schließen. Einheimische und ausländische Bäume und Sträucher mit mancherley Stau- die *) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.
Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter der Wohngebaͤude, um das Brunnenhaus, oder um die Baͤder, in dieſe Anlagenkommen. Sie ſind hier nicht allein als Zugaͤnge ſchicklich, ſondern auch bequem zum geſellſchaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengaͤſte und zur Un- terhaltung. Man iſt an dieſen Oertern vergnuͤgt, ſogleich aus dem Hauſe oder von dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier muͤſſen demnach hohe und laubreiche Baͤume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengaſt, ohne ihn im geringſten von der Sonne leiden zu laſſen, mit ihren kuͤhlen Schattengewoͤlben beſchirmen. Dieſe geraden Alleen koͤnnen ſowohl mit erweiterten, doch immer beſchatteten, Verſamm- lungsplaͤtzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen wechſeln, die in die uͤbrigen Anlagen fuͤhren. Hohe Hecken, die ſchon an ſich ſo verwerflich ſind, werden an Brunnenoͤrtern noch unertraͤglicher, indem ſie zwiſchen ihren Waͤnden die Luft, wie den Menſchen, einſperren, und in manchen Stunden des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verſtaͤndige Pflanzung giebt ei- nen weit ſicherern und reichern Schatten. Auch lange kuͤnſtliche Bogengaͤnge ſind hier zu vermeiden, weil ſie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in ſich ſchließen. Einheimiſche und auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher mit mancherley Stau- die *) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.
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Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
der Wohngebaͤude, um das Brunnenhaus, oder um die Baͤder, in dieſe Anlagen
kommen. Sie ſind hier nicht allein als Zugaͤnge ſchicklich, ſondern auch bequem
zum geſellſchaftlichen Spaziergang, zur Verbindung der Brunnengaͤſte und zur Un-
terhaltung. Man iſt an dieſen Oertern vergnuͤgt, ſogleich aus dem Hauſe oder von
dem Brunnen in den Schatten zu treten. Hier muͤſſen demnach hohe und laubreiche
Baͤume ihre Zweige ausbreiten, und den Brunnengaſt, ohne ihn im geringſten von
der Sonne leiden zu laſſen, mit ihren kuͤhlen Schattengewoͤlben beſchirmen. Dieſe
geraden Alleen koͤnnen ſowohl mit erweiterten, doch immer beſchatteten, Verſamm-
lungsplaͤtzen in ihrem Bezirk, als auch an den Seiten mit ſchlaͤngelnden Gaͤngen
wechſeln, die in die uͤbrigen Anlagen fuͤhren. Hohe Hecken, die ſchon an ſich ſo
verwerflich ſind, werden an Brunnenoͤrtern noch unertraͤglicher, indem ſie zwiſchen
ihren Waͤnden die Luft, wie den Menſchen, einſperren, und in manchen Stunden
des Tages wie ein Treibhaus erhitzen. Jede andere verſtaͤndige Pflanzung giebt ei-
nen weit ſicherern und reichern Schatten. Auch lange kuͤnſtliche Bogengaͤnge ſind
hier zu vermeiden, weil ſie gemeiniglich eine feuchte und dumpfigte Luft in ſich
ſchließen.
Einheimiſche und auslaͤndiſche Baͤume und Straͤucher mit mancherley Stau-
den und Blumenpflanzen vermiſcht, koͤnnen die Alleen, oder die mehr freyen und
natuͤrlichen Gruppen, Hayne, Lauben und Schattengaͤnge bilden. Von den Baͤu-
men ſind ſolche Gattungen zu waͤhlen, die nicht allein reichen Schatten verbreiten,
als Roßkaſtanien, Platanen, Ahornen, italiaͤniſche und caroliniſche Pappeln,
Tulpenbaͤume, Katalpen, u. f. ſondern auch wohlriechendes Laub und Bluͤthen ha-
ben, als Balſampappeln, Linden, virginiſche Robinien (Robinia Pſeudoacacia, L.),
bluͤhende Eſchen (Fraxinus ornus, L.) u. a. Die Straͤucher, die zu dieſen Pflan-
zungen gehoͤren, bluͤhen entweder faſt den ganzen Sommer hindurch, oder ſie em-
pfehlen ſich durch wohlriechendes Laub, oder durch den Duft und die Annehmlichkeit
ihrer Blumen. *) Mit dieſen Baͤumen und Straͤuchern koͤnnen nicht allein ſolche
Stauden, die in den Sommermonaten lange bluͤhen, und beſonders wohlriechende,
ſondern auch Arzeneykraͤuter von einem angenehmen gewuͤrzhaften und ſtaͤrkenden
Geruch, als die roͤmiſche Chamille (Anthemis nobilis, L.), Krauſemuͤnze, Meliſſe,
Salvey, Lavendel u. ſ. w. zur Bereicherung der Gebuͤſche verbunden werden. Die
niedrigen Straͤucher, beſonders die ſchoͤnbluͤhenden, demnaͤchſt die feinſten Blumen
und die angenehmſten Pflanzen erſcheinen an dem Rande der Gebuͤſche und bekraͤnzen
die
*) S. 4ten B. S. 42-48. 141-142. 151-152.
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