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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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von besondern Bestimmungen abhängig ist.
die Spaziergänge. Alle diese Verbindungen von Bäumen, Sträuchern und Blu-
men stellen zusammen ein großes mannichfaltiges reizendes Gemälde dar. Eine blü-
hende Heiterkeit der Natur, die auf allen Seiten Freude verbreitet, herrsche durch
die ganze Anlage an einem Brunnenorte. Daher Abwechselung der schattigten und
offenen Plätze, vornehmlich Abwechselung der Baumgruppen mit kleinen Blumen-
hügeln, mit Rasen, mit wohlriechenden Lauben, mit Sitzen unter Schatten. Die
Ausgänge der Pfade müssen immer zu den angenehmsten Aussichten in die Land-
schaft führen.

Die Hayne und Gruppen können mit Gängen durchbrochen werden. Lust-
wälder von schönen, geraden und hohen Stämmen mit beschattendem Laube sind
zum Spaziergang sowohl, als zum Ruhen überaus anmuthig. Die Pflanzung
muß frey im Geschmack der Natur seyn, und durchaus die gerade Linie vermeiden.
Daher ist eine Verschiedenheit in den Abständen der Bäume sorgfältig zu beobachten.
Es ist ein angenehmes Schauspiel, zu sehen, wie sich die Spazierenden zwischen den
vortretenden und zurückweichenden Stämmen zerstreuen, und diese sich selbst zu be-
wegen scheinen. -- Viele einsame Lauben und abgesonderte Schattensitze sind hier
willkommen. Doch ein weit wichtigeres Erforderniß sind große umpflanzte Plätze,
wo ganze Gesellschaften sich im Freyen versammeln können, wo sie am Morgen ih-
ren Kaffee trinken, an warmen Abenden speisen, spielen, tanzen, oder sich gesellig
unterreden. Diese Plätze müssen heiter, von schönen Lustgebüschen, von Rasen, von
Blumengruppen, von reizenden Aussichten umgeben, und zugleich von überschatten-
den Laubdecken vor den Strahlen der Sonne beschirmt seyn. Dichte Gruppen, oder
eine doppelte oder dreyfache Umkränzung von Laubbäumen, zwischen welchen Rosen,
Geisblatt und andere wohlriechende Sträucher die Zwischenräume füllen mögen, die-
nen zur anmuthigen Ueberschattung solcher frischen Versammlungsplätze, die so viel
zur Unterhaltung der Geselligkeit beytragen. -- Da, wo sich die Brunnengäste
während des Trinkens am Morgen aufhalten, muß ein reiches Grün, das so er-
quickend und stärkend für das Auge ist, überall seinen sanften Teppich und seine schü-
tzenden Vorhänge ausbreiten. Daher kein nahes Wasser, wo der blitzende Son-
nenstrahl das Auge verwundet, keine weiße blendende Wände an Gebäuden umher,
kein schimmerndes brennendes Steinpflaster.

Ueberall müssen in den Spaziergängen eines Brunnenorts die Wege tro-
cken seyn, eine Forderung nicht allein von der Bequemlichkeit, sondern auch von
der Gesundheit. Ueberall müssen die Gruppen, Hayne und Schattengänge mit

Garten-

von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt.
die Spaziergaͤnge. Alle dieſe Verbindungen von Baͤumen, Straͤuchern und Blu-
men ſtellen zuſammen ein großes mannichfaltiges reizendes Gemaͤlde dar. Eine bluͤ-
hende Heiterkeit der Natur, die auf allen Seiten Freude verbreitet, herrſche durch
die ganze Anlage an einem Brunnenorte. Daher Abwechſelung der ſchattigten und
offenen Plaͤtze, vornehmlich Abwechſelung der Baumgruppen mit kleinen Blumen-
huͤgeln, mit Raſen, mit wohlriechenden Lauben, mit Sitzen unter Schatten. Die
Ausgaͤnge der Pfade muͤſſen immer zu den angenehmſten Ausſichten in die Land-
ſchaft fuͤhren.

Die Hayne und Gruppen koͤnnen mit Gaͤngen durchbrochen werden. Luſt-
waͤlder von ſchoͤnen, geraden und hohen Staͤmmen mit beſchattendem Laube ſind
zum Spaziergang ſowohl, als zum Ruhen uͤberaus anmuthig. Die Pflanzung
muß frey im Geſchmack der Natur ſeyn, und durchaus die gerade Linie vermeiden.
Daher iſt eine Verſchiedenheit in den Abſtaͤnden der Baͤume ſorgfaͤltig zu beobachten.
Es iſt ein angenehmes Schauſpiel, zu ſehen, wie ſich die Spazierenden zwiſchen den
vortretenden und zuruͤckweichenden Staͤmmen zerſtreuen, und dieſe ſich ſelbſt zu be-
wegen ſcheinen. — Viele einſame Lauben und abgeſonderte Schattenſitze ſind hier
willkommen. Doch ein weit wichtigeres Erforderniß ſind große umpflanzte Plaͤtze,
wo ganze Geſellſchaften ſich im Freyen verſammeln koͤnnen, wo ſie am Morgen ih-
ren Kaffee trinken, an warmen Abenden ſpeiſen, ſpielen, tanzen, oder ſich geſellig
unterreden. Dieſe Plaͤtze muͤſſen heiter, von ſchoͤnen Luſtgebuͤſchen, von Raſen, von
Blumengruppen, von reizenden Ausſichten umgeben, und zugleich von uͤberſchatten-
den Laubdecken vor den Strahlen der Sonne beſchirmt ſeyn. Dichte Gruppen, oder
eine doppelte oder dreyfache Umkraͤnzung von Laubbaͤumen, zwiſchen welchen Roſen,
Geisblatt und andere wohlriechende Straͤucher die Zwiſchenraͤume fuͤllen moͤgen, die-
nen zur anmuthigen Ueberſchattung ſolcher friſchen Verſammlungsplaͤtze, die ſo viel
zur Unterhaltung der Geſelligkeit beytragen. — Da, wo ſich die Brunnengaͤſte
waͤhrend des Trinkens am Morgen aufhalten, muß ein reiches Gruͤn, das ſo er-
quickend und ſtaͤrkend fuͤr das Auge iſt, uͤberall ſeinen ſanften Teppich und ſeine ſchuͤ-
tzenden Vorhaͤnge ausbreiten. Daher kein nahes Waſſer, wo der blitzende Son-
nenſtrahl das Auge verwundet, keine weiße blendende Waͤnde an Gebaͤuden umher,
kein ſchimmerndes brennendes Steinpflaſter.

Ueberall muͤſſen in den Spaziergaͤngen eines Brunnenorts die Wege tro-
cken ſeyn, eine Forderung nicht allein von der Bequemlichkeit, ſondern auch von
der Geſundheit. Ueberall muͤſſen die Gruppen, Hayne und Schattengaͤnge mit

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[87/0095] von beſondern Beſtimmungen abhaͤngig iſt. die Spaziergaͤnge. Alle dieſe Verbindungen von Baͤumen, Straͤuchern und Blu- men ſtellen zuſammen ein großes mannichfaltiges reizendes Gemaͤlde dar. Eine bluͤ- hende Heiterkeit der Natur, die auf allen Seiten Freude verbreitet, herrſche durch die ganze Anlage an einem Brunnenorte. Daher Abwechſelung der ſchattigten und offenen Plaͤtze, vornehmlich Abwechſelung der Baumgruppen mit kleinen Blumen- huͤgeln, mit Raſen, mit wohlriechenden Lauben, mit Sitzen unter Schatten. Die Ausgaͤnge der Pfade muͤſſen immer zu den angenehmſten Ausſichten in die Land- ſchaft fuͤhren. Die Hayne und Gruppen koͤnnen mit Gaͤngen durchbrochen werden. Luſt- waͤlder von ſchoͤnen, geraden und hohen Staͤmmen mit beſchattendem Laube ſind zum Spaziergang ſowohl, als zum Ruhen uͤberaus anmuthig. Die Pflanzung muß frey im Geſchmack der Natur ſeyn, und durchaus die gerade Linie vermeiden. Daher iſt eine Verſchiedenheit in den Abſtaͤnden der Baͤume ſorgfaͤltig zu beobachten. Es iſt ein angenehmes Schauſpiel, zu ſehen, wie ſich die Spazierenden zwiſchen den vortretenden und zuruͤckweichenden Staͤmmen zerſtreuen, und dieſe ſich ſelbſt zu be- wegen ſcheinen. — Viele einſame Lauben und abgeſonderte Schattenſitze ſind hier willkommen. Doch ein weit wichtigeres Erforderniß ſind große umpflanzte Plaͤtze, wo ganze Geſellſchaften ſich im Freyen verſammeln koͤnnen, wo ſie am Morgen ih- ren Kaffee trinken, an warmen Abenden ſpeiſen, ſpielen, tanzen, oder ſich geſellig unterreden. Dieſe Plaͤtze muͤſſen heiter, von ſchoͤnen Luſtgebuͤſchen, von Raſen, von Blumengruppen, von reizenden Ausſichten umgeben, und zugleich von uͤberſchatten- den Laubdecken vor den Strahlen der Sonne beſchirmt ſeyn. Dichte Gruppen, oder eine doppelte oder dreyfache Umkraͤnzung von Laubbaͤumen, zwiſchen welchen Roſen, Geisblatt und andere wohlriechende Straͤucher die Zwiſchenraͤume fuͤllen moͤgen, die- nen zur anmuthigen Ueberſchattung ſolcher friſchen Verſammlungsplaͤtze, die ſo viel zur Unterhaltung der Geſelligkeit beytragen. — Da, wo ſich die Brunnengaͤſte waͤhrend des Trinkens am Morgen aufhalten, muß ein reiches Gruͤn, das ſo er- quickend und ſtaͤrkend fuͤr das Auge iſt, uͤberall ſeinen ſanften Teppich und ſeine ſchuͤ- tzenden Vorhaͤnge ausbreiten. Daher kein nahes Waſſer, wo der blitzende Son- nenſtrahl das Auge verwundet, keine weiße blendende Waͤnde an Gebaͤuden umher, kein ſchimmerndes brennendes Steinpflaſter. Ueberall muͤſſen in den Spaziergaͤngen eines Brunnenorts die Wege tro- cken ſeyn, eine Forderung nicht allein von der Bequemlichkeit, ſondern auch von der Geſundheit. Ueberall muͤſſen die Gruppen, Hayne und Schattengaͤnge mit Garten-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/95>, abgerufen am 21.11.2024.