Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.Genie und Charakter enthalten sind, bestimmen Also gewinnt vielleicht die Laune der Leser Genie und Charakter enthalten ſind, beſtimmen Alſo gewinnt vielleicht die Laune der Leſer <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0120" n="120"/> Genie und Charakter enthalten ſind, beſtimmen<lb/> ſie die eigene <hi rendition="#fr">beſtaͤndige</hi> Laune des Menſchen.</p><lb/> <p>Alſo gewinnt vielleicht die Laune der Leſer<lb/> durch die Lektuͤre? es waͤre zu wuͤnſchen, daß<lb/> es immer wahr waͤre, indem vorzuͤglich der<lb/> Schoͤpfer einen großen Theil unſers Gluͤcks an<lb/> unſere Gemuͤthsſtimmungen gebunden hat. Wie<lb/> viele frohe Stunden entſchwunden uns als frohe<lb/> Augenblicke, und wie viele traurige Augenblicke<lb/> als traurige Stunden, durch die Launen derer<lb/> die uns umgaben. Wie oft wird nicht die trau-<lb/> rige Stimmung der Seele in Geſellſchaft,<lb/> in eine Heiterkeit und wie oft nicht die<lb/> Heiterkeit in Traurigkeit, durch Launen<lb/> ungeſtimmt! Eigenthuͤmliche Launen ertraͤgt<lb/> man noch wol bei andern ſie koͤnnen zur Ge-<lb/> wohnheit werden, aber die ſchnelle Abwechſe-<lb/> lung iſt unertraͤglich. Wer ſich durch ſubiekti-<lb/> viſches Mißvergnuͤgen in ſeinen Urtheilen<lb/> und Handlungen leiten laͤßt, wird eine Pein fuͤr<lb/> die Geſellſchaft und eine Hoͤllenqual im Hauſe.<lb/> Eine froͤhlige Laune iſt die Wuͤrze des Lebens,<lb/> ihren Beſitzer preiſen wir gluͤcklich. Sie pflegt<lb/> gewoͤhnlich mit einer Portion Witz und Naivi-<lb/> taͤt verbunden zu ſeyn, und wie ſehr dieſe die<lb/> Freude und Unterhaltung wuͤrzen darf ich Jhnen<lb/> wol nicht beweiſen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [120/0120]
Genie und Charakter enthalten ſind, beſtimmen
ſie die eigene beſtaͤndige Laune des Menſchen.
Alſo gewinnt vielleicht die Laune der Leſer
durch die Lektuͤre? es waͤre zu wuͤnſchen, daß
es immer wahr waͤre, indem vorzuͤglich der
Schoͤpfer einen großen Theil unſers Gluͤcks an
unſere Gemuͤthsſtimmungen gebunden hat. Wie
viele frohe Stunden entſchwunden uns als frohe
Augenblicke, und wie viele traurige Augenblicke
als traurige Stunden, durch die Launen derer
die uns umgaben. Wie oft wird nicht die trau-
rige Stimmung der Seele in Geſellſchaft,
in eine Heiterkeit und wie oft nicht die
Heiterkeit in Traurigkeit, durch Launen
ungeſtimmt! Eigenthuͤmliche Launen ertraͤgt
man noch wol bei andern ſie koͤnnen zur Ge-
wohnheit werden, aber die ſchnelle Abwechſe-
lung iſt unertraͤglich. Wer ſich durch ſubiekti-
viſches Mißvergnuͤgen in ſeinen Urtheilen
und Handlungen leiten laͤßt, wird eine Pein fuͤr
die Geſellſchaft und eine Hoͤllenqual im Hauſe.
Eine froͤhlige Laune iſt die Wuͤrze des Lebens,
ihren Beſitzer preiſen wir gluͤcklich. Sie pflegt
gewoͤhnlich mit einer Portion Witz und Naivi-
taͤt verbunden zu ſeyn, und wie ſehr dieſe die
Freude und Unterhaltung wuͤrzen darf ich Jhnen
wol nicht beweiſen.
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