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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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den hervor bringt, den die vorige und folgende
unleugbar stiften, aber nichts destoweniger oh-
ne Tadel ausgehen darf. Jch gebe sonst auch
gern meinen Beifall, da wo ich etwas desselben
würdig finde. Gegen meine Ueberzeugung und
Gefühl spreche und handle ich niemals. Führen
sie mich irre: so hoffe ich auf Jhre Nachsicht
mit den Schwächen, die aus einer Ueberzeu-
gung solgten, sey diese auch, welche sie wolle.

Die Sache betrift jetzt die dialogisirten
Geschichten. Dies Unwesen nimmt sehr die
Oberhand. Die Producte oder Edukte selbst
sind historischen Karrikaturen nicht unähnlich,
und ihr Nachtheil für reelle Wissenschaften,
Gelehrsamkeit und wahres historisches Studium
entschieden. Haben die Berfasser derselben auf
viele Langeweile des Publikums gerechnet: so
könnte man wol gar ihre Menschenkenntniß be-
wundern. Jhre Dialogen haben wenigstens mit
denen in vielen Konversationen das langweili-
ge gemein, auch trägt in beiden Täuschung das
Gepräge der Wahrheit, und Wahrheit das Ge-
präge der Täuschung. Der konventionelle An-
stand dient zum Maaßstabe der Beurtheilung.

Wenn man wüßte für wessen Unterhaltung
eigentlich durch diese Lektüre gesorgt werden soll-
te: so ließe sich ein treffenderes Urtheil darüber

den hervor bringt, den die vorige und folgende
unleugbar ſtiften, aber nichts deſtoweniger oh-
ne Tadel ausgehen darf. Jch gebe ſonſt auch
gern meinen Beifall, da wo ich etwas deſſelben
wuͤrdig finde. Gegen meine Ueberzeugung und
Gefuͤhl ſpreche und handle ich niemals. Fuͤhren
ſie mich irre: ſo hoffe ich auf Jhre Nachſicht
mit den Schwaͤchen, die aus einer Ueberzeu-
gung ſolgten, ſey dieſe auch, welche ſie wolle.

Die Sache betrift jetzt die dialogiſirten
Geſchichten. Dies Unweſen nimmt ſehr die
Oberhand. Die Producte oder Edukte ſelbſt
ſind hiſtoriſchen Karrikaturen nicht unaͤhnlich,
und ihr Nachtheil fuͤr reelle Wiſſenſchaften,
Gelehrſamkeit und wahres hiſtoriſches Studium
entſchieden. Haben die Berfaſſer derſelben auf
viele Langeweile des Publikums gerechnet: ſo
koͤnnte man wol gar ihre Menſchenkenntniß be-
wundern. Jhre Dialogen haben wenigſtens mit
denen in vielen Konverſationen das langweili-
ge gemein, auch traͤgt in beiden Taͤuſchung das
Gepraͤge der Wahrheit, und Wahrheit das Ge-
praͤge der Taͤuſchung. Der konventionelle An-
ſtand dient zum Maaßſtabe der Beurtheilung.

Wenn man wuͤßte fuͤr weſſen Unterhaltung
eigentlich durch dieſe Lektuͤre geſorgt werden ſoll-
te: ſo ließe ſich ein treffenderes Urtheil daruͤber

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[37/0037] den hervor bringt, den die vorige und folgende unleugbar ſtiften, aber nichts deſtoweniger oh- ne Tadel ausgehen darf. Jch gebe ſonſt auch gern meinen Beifall, da wo ich etwas deſſelben wuͤrdig finde. Gegen meine Ueberzeugung und Gefuͤhl ſpreche und handle ich niemals. Fuͤhren ſie mich irre: ſo hoffe ich auf Jhre Nachſicht mit den Schwaͤchen, die aus einer Ueberzeu- gung ſolgten, ſey dieſe auch, welche ſie wolle. Die Sache betrift jetzt die dialogiſirten Geſchichten. Dies Unweſen nimmt ſehr die Oberhand. Die Producte oder Edukte ſelbſt ſind hiſtoriſchen Karrikaturen nicht unaͤhnlich, und ihr Nachtheil fuͤr reelle Wiſſenſchaften, Gelehrſamkeit und wahres hiſtoriſches Studium entſchieden. Haben die Berfaſſer derſelben auf viele Langeweile des Publikums gerechnet: ſo koͤnnte man wol gar ihre Menſchenkenntniß be- wundern. Jhre Dialogen haben wenigſtens mit denen in vielen Konverſationen das langweili- ge gemein, auch traͤgt in beiden Taͤuſchung das Gepraͤge der Wahrheit, und Wahrheit das Ge- praͤge der Taͤuſchung. Der konventionelle An- ſtand dient zum Maaßſtabe der Beurtheilung. Wenn man wuͤßte fuͤr weſſen Unterhaltung eigentlich durch dieſe Lektuͤre geſorgt werden ſoll- te: ſo ließe ſich ein treffenderes Urtheil daruͤber

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/37>, abgerufen am 23.11.2024.