Unter den Sternen mir, wie schaurige Lüfte, den Busen, Daß ich spähe nach Rath, und lang schon reden sie nimmer Trost den Bedürftigen zu, die prophetischen Haine Dodona's, Stumm ist der delphische Gott, und einsam liegen und öde Längst die Pfade, wo einst, von Hoffnungen leise geleitet, Fragend der Mann zur Stadt des redlichen Se- hers heraufstieg. Aber droben das Licht, es spricht noch heute zu Menschen, Schöner Deutungen voll, und des großen Don- nerers Stimme, Ruft es: Denket ihr mein? und die trauernde Woge des Meergotts Hallt es wieder: gedenkt ihr nimmer meiner, wie vormals? Denn es ruhn die Himmlischen gern am fühlen- den Herzen, Immer, wie sonst, geleiten sie noch, die begei- sternden Kräfte, Gerne den strebenden Mann, und über den Ber- gen der Heimath Ruht und waltet und lebt allgegenwärtig der Aether,
Unter den Sternen mir, wie ſchaurige Luͤfte, den Buſen, Daß ich ſpaͤhe nach Rath, und lang ſchon reden ſie nimmer Troſt den Beduͤrftigen zu, die prophetiſchen Haine Dodona's, Stumm iſt der delphiſche Gott, und einſam liegen und oͤde Laͤngſt die Pfade, wo einſt, von Hoffnungen leiſe geleitet, Fragend der Mann zur Stadt des redlichen Se- hers heraufſtieg. Aber droben das Licht, es ſpricht noch heute zu Menſchen, Schoͤner Deutungen voll, und des großen Don- nerers Stimme, Ruft es: Denket ihr mein? und die trauernde Woge des Meergotts Hallt es wieder: gedenkt ihr nimmer meiner, wie vormals? Denn es ruhn die Himmliſchen gern am fuͤhlen- den Herzen, Immer, wie ſonſt, geleiten ſie noch, die begei- ſternden Kraͤfte, Gerne den ſtrebenden Mann, und uͤber den Ber- gen der Heimath Ruht und waltet und lebt allgegenwaͤrtig der Aether,
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Unter den Sternen mir, wie ſchaurige Luͤfte, den
Buſen,
Daß ich ſpaͤhe nach Rath, und lang ſchon reden
ſie nimmer
Troſt den Beduͤrftigen zu, die prophetiſchen Haine
Dodona's,
Stumm iſt der delphiſche Gott, und einſam liegen
und oͤde
Laͤngſt die Pfade, wo einſt, von Hoffnungen leiſe
geleitet,
Fragend der Mann zur Stadt des redlichen Se-
hers heraufſtieg.
Aber droben das Licht, es ſpricht noch heute zu
Menſchen,
Schoͤner Deutungen voll, und des großen Don-
nerers Stimme,
Ruft es: Denket ihr mein? und die trauernde
Woge des Meergotts
Hallt es wieder: gedenkt ihr nimmer meiner, wie
vormals?
Denn es ruhn die Himmliſchen gern am fuͤhlen-
den Herzen,
Immer, wie ſonſt, geleiten ſie noch, die begei-
ſternden Kraͤfte,
Gerne den ſtrebenden Mann, und uͤber den Ber-
gen der Heimath
Ruht und waltet und lebt allgegenwaͤrtig der Aether,
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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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