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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Daß ein liebendes Volk, in des Vaters Armen
gesammelt,
Menschlich freudig, wie sonst, und Ein Geist allen
gemein sey.
Aber weh! es wandelt in Nacht, es wohnt, wie
im Orkus,
Ohne Göttliches unser Geschlecht. An's eigene
Treiben
Sind sie geschmiedet allein, und sich in der to-
senden Werkstatt
Höret jeglicher nur und viel arbeiten die Wilden
Mit gewaltigem Arm, rastlos, doch immer und immer
Unfruchtbar, wie die Furien, bleibt die Mühe der
Armen.
Bis, erwacht vom ängstigen Traum, die Seele
den Menschen
Aufgeht, jugendlich froh, und der Liebe segnender
Odem
Wieder, wie vormals oft, bei Hellas blühenden
Kindern,
Wehet in neuer Zeit, und über freierer Stirne
Uns der Geist der Natur, der fernherwandelnde,
wieder
Stilleweilend der Gott in goldnen Wolken er-
scheinet.
Ach und säumest du noch? und jene, die göttlich
gebornen,

Daß ein liebendes Volk, in des Vaters Armen
geſammelt,
Menſchlich freudig, wie ſonſt, und Ein Geiſt allen
gemein ſey.
Aber weh! es wandelt in Nacht, es wohnt, wie
im Orkus,
Ohne Goͤttliches unſer Geſchlecht. An's eigene
Treiben
Sind ſie geſchmiedet allein, und ſich in der to-
ſenden Werkſtatt
Hoͤret jeglicher nur und viel arbeiten die Wilden
Mit gewaltigem Arm, raſtlos, doch immer und immer
Unfruchtbar, wie die Furien, bleibt die Muͤhe der
Armen.
Bis, erwacht vom aͤngſtigen Traum, die Seele
den Menſchen
Aufgeht, jugendlich froh, und der Liebe ſegnender
Odem
Wieder, wie vormals oft, bei Hellas bluͤhenden
Kindern,
Wehet in neuer Zeit, und uͤber freierer Stirne
Uns der Geiſt der Natur, der fernherwandelnde,
wieder
Stilleweilend der Gott in goldnen Wolken er-
ſcheinet.
Ach und ſaͤumeſt du noch? und jene, die goͤttlich
gebornen,

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[176/0184] Daß ein liebendes Volk, in des Vaters Armen geſammelt, Menſchlich freudig, wie ſonſt, und Ein Geiſt allen gemein ſey. Aber weh! es wandelt in Nacht, es wohnt, wie im Orkus, Ohne Goͤttliches unſer Geſchlecht. An's eigene Treiben Sind ſie geſchmiedet allein, und ſich in der to- ſenden Werkſtatt Hoͤret jeglicher nur und viel arbeiten die Wilden Mit gewaltigem Arm, raſtlos, doch immer und immer Unfruchtbar, wie die Furien, bleibt die Muͤhe der Armen. Bis, erwacht vom aͤngſtigen Traum, die Seele den Menſchen Aufgeht, jugendlich froh, und der Liebe ſegnender Odem Wieder, wie vormals oft, bei Hellas bluͤhenden Kindern, Wehet in neuer Zeit, und uͤber freierer Stirne Uns der Geiſt der Natur, der fernherwandelnde, wieder Stilleweilend der Gott in goldnen Wolken er- ſcheinet. Ach und ſaͤumeſt du noch? und jene, die goͤttlich gebornen,

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/184>, abgerufen am 21.11.2024.