Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.und trieb mich so in Spanien und Frankreich einige Zeit herum. Was ich in dieser Zeit erfuhr, wie an der Knechtschaft tausendfältigen Gestalten meine Freiheitsliebe sich schärft' und wie aus mancher harten Noth mir Lebensmuth und kluger Sinn erwuchs, das hab' ich oft mit Freude dir gesagt. Ich trieb mein wandernd schuldlos Tagewerk mit Lust, doch wurd' es endlich mir verbittert. Man nahm es für Maske, weil ich nicht gemein genug daneben aussehn mochte, man bildete sich ein, ich treib' im Stillen ein gefährlicher Geschäft, und wirklich wurd' ich zweimal in Verhaft genommen. Das bewog mich dann, es aufzugeben und ich trat mit wenig Gelde, das ich mir gewonnen, meine Rükkehr an zur Heimath, der ich einst entlaufen war. Schon war ich in Triest und wollte durch Dalmatien hinunter. Da befiel mich von der harten Reise eine Krankheit und mein kleiner Reichtum gieng darüber auf. So gieng ich halbgenesen traurig an dem Hafen von Triest. Mit Einmal stand der Mann vor mir, der an dem Ufer von Sevilla meiner einst sich angenommen hatte. Er freute sich sonderbar, und trieb mich so in Spanien und Frankreich einige Zeit herum. Was ich in dieser Zeit erfuhr, wie an der Knechtschaft tausendfältigen Gestalten meine Freiheitsliebe sich schärft’ und wie aus mancher harten Noth mir Lebensmuth und kluger Sinn erwuchs, das hab’ ich oft mit Freude dir gesagt. Ich trieb mein wandernd schuldlos Tagewerk mit Lust, doch wurd’ es endlich mir verbittert. Man nahm es für Maske, weil ich nicht gemein genug daneben aussehn mochte, man bildete sich ein, ich treib’ im Stillen ein gefährlicher Geschäft, und wirklich wurd’ ich zweimal in Verhaft genommen. Das bewog mich dann, es aufzugeben und ich trat mit wenig Gelde, das ich mir gewonnen, meine Rükkehr an zur Heimath, der ich einst entlaufen war. Schon war ich in Triest und wollte durch Dalmatien hinunter. Da befiel mich von der harten Reise eine Krankheit und mein kleiner Reichtum gieng darüber auf. So gieng ich halbgenesen traurig an dem Hafen von Triest. Mit Einmal stand der Mann vor mir, der an dem Ufer von Sevilla meiner einst sich angenommen hatte. Er freute sich sonderbar, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0085"/> und trieb mich so in Spanien und Frankreich einige Zeit herum.</p><lb/> <p>Was ich in dieser Zeit erfuhr, wie an der Knechtschaft tausendfältigen Gestalten meine Freiheitsliebe sich schärft’ und wie aus mancher harten Noth mir Lebensmuth und kluger Sinn erwuchs, das hab’ ich oft mit Freude dir gesagt.</p><lb/> <p>Ich trieb mein wandernd schuldlos Tagewerk mit Lust, doch wurd’ es endlich mir verbittert.</p><lb/> <p>Man nahm es für Maske, weil ich nicht gemein genug daneben aussehn mochte, man bildete sich ein, ich treib’ im Stillen ein gefährlicher Geschäft, und wirklich wurd’ ich zweimal in Verhaft genommen. Das bewog mich dann, es aufzugeben und ich trat mit wenig Gelde, das ich mir gewonnen, meine Rükkehr an zur Heimath, der ich einst entlaufen war. Schon war ich in Triest und wollte durch Dalmatien hinunter. Da befiel mich von der harten Reise eine Krankheit und mein kleiner Reichtum gieng darüber auf. So gieng ich halbgenesen traurig an dem Hafen von Triest. Mit Einmal stand der Mann vor mir, der an dem Ufer von Sevilla meiner einst sich angenommen hatte. Er freute sich sonderbar, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0085]
und trieb mich so in Spanien und Frankreich einige Zeit herum.
Was ich in dieser Zeit erfuhr, wie an der Knechtschaft tausendfältigen Gestalten meine Freiheitsliebe sich schärft’ und wie aus mancher harten Noth mir Lebensmuth und kluger Sinn erwuchs, das hab’ ich oft mit Freude dir gesagt.
Ich trieb mein wandernd schuldlos Tagewerk mit Lust, doch wurd’ es endlich mir verbittert.
Man nahm es für Maske, weil ich nicht gemein genug daneben aussehn mochte, man bildete sich ein, ich treib’ im Stillen ein gefährlicher Geschäft, und wirklich wurd’ ich zweimal in Verhaft genommen. Das bewog mich dann, es aufzugeben und ich trat mit wenig Gelde, das ich mir gewonnen, meine Rükkehr an zur Heimath, der ich einst entlaufen war. Schon war ich in Triest und wollte durch Dalmatien hinunter. Da befiel mich von der harten Reise eine Krankheit und mein kleiner Reichtum gieng darüber auf. So gieng ich halbgenesen traurig an dem Hafen von Triest. Mit Einmal stand der Mann vor mir, der an dem Ufer von Sevilla meiner einst sich angenommen hatte. Er freute sich sonderbar,
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