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Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911.

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8 VAN'T HOFF:


auch die Stereochemie verdankt Landolt in den ersten Jahren des etwas
erschwerten Emporkommens eine kräftige Stütze, als er seine, auf dem
Gebiet der aktiven Körper unbestrittene Autorität zugunsten der neuen
Lehre geltend machte.
Daß er aber, der Mann der voraussetzungslosen Wissenschaft, infolge
gerade dieser seiner Leistungen, auch bei der Staatsverwaltung, in der
Industrie und sogar bei den Landwirten Beachtung fand, rührt daher, daß
der Polarisationsapparat, und das mit ihm gemessene optische Drehungs-
vermögen, als analytisches und zentralisierendes Hilfsmittel eine sehr wich-
tige Rolle spielt in der Fabrikation des Zuckers, der Alkaloide, der Terpene,
Kampfer und Riechstoffe. Und wo sich die Industrie zu entwickeln be-
ginnt, da ist bekanntlich auch der Steuer- und Zollbeamte gleich bei der
Hand. So kam es denn, daß Landolt auch bei den Zöllnern und sogar
bei den Agrariern bekannt wurde, mit denen ihn sonst keine sehr nahen
Beziehungen verbanden. Damit hängt auch wohl zusammen, daß Landolt
im Jahre 1880 vom preußischen Ministerinm für Landwirtschaft an die
neugegründete Berliner Landwirtschaftliche Hochschule berufen wurde.


Berlin (1880---1910).


Die an der Landwirtschaftlichen Hochschule verlebte Zeit (1880 bis
1891) brachte, neben einem nochmaligen Neu- und Umbau, 1883 die durch
Sorgfalt und Zuverlässigkeit ausgezeichneten " Physikalisch-chemischen Ta-
bellen", in Gemeinschaft mit Prof. Börnstein bearbeitet. Die dritte Auf-
lage (1905), für die auch Prof. Meyerhoffer als Mitherausgeber auftrat
und deren Erscheinen durch eine tatkräftige Unterstützung der Berliner
Akademie der Wissenschaften gefördert wurde, hat einen derartig unent-
behrlichen Charakter, daß nunmehr durch internationale Vereinbarung, von
den französischen Physiko-Chemikern angeregt, ein regelmäßiges Erscheinen
derartiger Tabellen in Aussicht genommen ist, welche hoffentlich die so
wertvolle Knappheit der Landoltschen Bearbeitung beibehalten werden.
Der Umfang einer derartigen Zusammenstellung verlangt tatsächlich das
Zusammenwirken vieler Kräfte, da schon die letzte Auflage der Tabellen
neben den 3 Herausgebern nicht weniger als 45 Mitarbeiter in Anspruch
nahm.


8 VAN'T HOFF:


auch die Stereochemie verdankt Landolt in den ersten Jahren des etwas
erschwerten Emporkommens eine kräftige Stütze, als er seine, auf dem
Gebiet der aktiven Körper unbestrittene Autorität zugunsten der neuen
Lehre geltend machte.
Daß er aber, der Mann der voraussetzungslosen Wissenschaft, infolge
gerade dieser seiner Leistungen, auch bei der Staatsverwaltung, in der
Industrie und sogar bei den Landwirten Beachtung fand, rührt daher, daß
der Polarisationsapparat, und das mit ihm gemessene optische Drehungs-
vermögen, als analytisches und zentralisierendes Hilfsmittel eine sehr wich-
tige Rolle spielt in der Fabrikation des Zuckers, der Alkaloide, der Terpene,
Kampfer und Riechstoffe. Und wo sich die Industrie zu entwickeln be-
ginnt, da ist bekanntlich auch der Steuer- und Zollbeamte gleich bei der
Hand. So kam es denn, daß Landolt auch bei den Zöllnern und sogar
bei den Agrariern bekannt wurde, mit denen ihn sonst keine sehr nahen
Beziehungen verbanden. Damit hängt auch wohl zusammen, daß Landolt
im Jahre 1880 vom preußischen Ministerinm für Landwirtschaft an die
neugegründete Berliner Landwirtschaftliche Hochschule berufen wurde.


Berlin (1880—-1910).


Die an der Landwirtschaftlichen Hochschule verlebte Zeit (1880 bis
1891) brachte, neben einem nochmaligen Neu- und Umbau, 1883 die durch
Sorgfalt und Zuverlässigkeit ausgezeichneten » Physikalisch-chemischen Ta-
bellen«, in Gemeinschaft mit Prof. Börnstein bearbeitet. Die dritte Auf-
lage (1905), für die auch Prof. Meyerhoffer als Mitherausgeber auftrat
und deren Erscheinen durch eine tatkräftige Unterstützung der Berliner
Akademie der Wissenschaften gefördert wurde, hat einen derartig unent-
behrlichen Charakter, daß nunmehr durch internationale Vereinbarung, von
den französischen Physiko-Chemikern angeregt, ein regelmäßiges Erscheinen
derartiger Tabellen in Aussicht genommen ist, welche hoffentlich die so
wertvolle Knappheit der Landoltschen Bearbeitung beibehalten werden.
Der Umfang einer derartigen Zusammenstellung verlangt tatsächlich das
Zusammenwirken vieler Kräfte, da schon die letzte Auflage der Tabellen
neben den 3 Herausgebern nicht weniger als 45 Mitarbeiter in Anspruch
nahm.

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[10/0010] 8 VAN'T HOFF: auch die Stereochemie verdankt Landolt in den ersten Jahren des etwas erschwerten Emporkommens eine kräftige Stütze, als er seine, auf dem Gebiet der aktiven Körper unbestrittene Autorität zugunsten der neuen Lehre geltend machte. Daß er aber, der Mann der voraussetzungslosen Wissenschaft, infolge gerade dieser seiner Leistungen, auch bei der Staatsverwaltung, in der Industrie und sogar bei den Landwirten Beachtung fand, rührt daher, daß der Polarisationsapparat, und das mit ihm gemessene optische Drehungs- vermögen, als analytisches und zentralisierendes Hilfsmittel eine sehr wich- tige Rolle spielt in der Fabrikation des Zuckers, der Alkaloide, der Terpene, Kampfer und Riechstoffe. Und wo sich die Industrie zu entwickeln be- ginnt, da ist bekanntlich auch der Steuer- und Zollbeamte gleich bei der Hand. So kam es denn, daß Landolt auch bei den Zöllnern und sogar bei den Agrariern bekannt wurde, mit denen ihn sonst keine sehr nahen Beziehungen verbanden. Damit hängt auch wohl zusammen, daß Landolt im Jahre 1880 vom preußischen Ministerinm für Landwirtschaft an die neugegründete Berliner Landwirtschaftliche Hochschule berufen wurde. Berlin (1880—-1910). Die an der Landwirtschaftlichen Hochschule verlebte Zeit (1880 bis 1891) brachte, neben einem nochmaligen Neu- und Umbau, 1883 die durch Sorgfalt und Zuverlässigkeit ausgezeichneten » Physikalisch-chemischen Ta- bellen«, in Gemeinschaft mit Prof. Börnstein bearbeitet. Die dritte Auf- lage (1905), für die auch Prof. Meyerhoffer als Mitherausgeber auftrat und deren Erscheinen durch eine tatkräftige Unterstützung der Berliner Akademie der Wissenschaften gefördert wurde, hat einen derartig unent- behrlichen Charakter, daß nunmehr durch internationale Vereinbarung, von den französischen Physiko-Chemikern angeregt, ein regelmäßiges Erscheinen derartiger Tabellen in Aussicht genommen ist, welche hoffentlich die so wertvolle Knappheit der Landoltschen Bearbeitung beibehalten werden. Der Umfang einer derartigen Zusammenstellung verlangt tatsächlich das Zusammenwirken vieler Kräfte, da schon die letzte Auflage der Tabellen neben den 3 Herausgebern nicht weniger als 45 Mitarbeiter in Anspruch nahm.

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Zitationshilfe: Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_landolt_1911/10>, abgerufen am 27.04.2024.