Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911.Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. 7 Aachen (1867--1880).
Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. 7 Aachen (1867—1880).
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009" n="9"/> <fw type="header" place="top"><lb/> Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. 7</fw> <div> <head><lb/> Aachen (1867—1880).</head> <p><lb/> In Aachen war zunächst Landolts Aufgabe der Bau des neuen In-<lb/> stituts. Unterstützt von seinem Assistenten, dem damaligen Privatdozenten<lb/> Brühl, wurde bei diesem Bau das Allerbeste erstrebt, vielleicht mit einer<lb/> kleinen Übertreibung, da dem Neubau für den vorübergehenden Besucher<lb/> eine gewisse Komplikation nicht abzusprechen war. Von meiner persön-<lb/> lichen Besichtigung mit Rücksicht auf eigenen Neubau erinnere ich mich<lb/> z. B., daß der Heizer von den unteren Räumen aus Gelegenheit hatte,<lb/> durch eine Serie Thermometer, welche heruntergezogen werden konnten,<lb/> die Temperatur in den oberen Räumen zu kontrollieren; derselbe gestand<lb/> mir aber, diese Einrichtung nie zu gebrauchen und mehr nach dem Gefühl<lb/> zu arbeiten. Anderseits aber wurde Grundlegendes erzielt, und die An-<lb/> wendung des Projektionsapparats mit elektrischer Beleuchtung zu Vorlesungs-<lb/> zwecken ist wohl wesentlich durch Landolt zum unentbehrlichen De-<lb/> monstrationsmittel im Hörsaal geworden.<lb/> Die Untersuchungen bewegen sich auf dem Gebiet, das die damalige<lb/> physikalische Chemie charakterisierte: Beziehungen zwischen physikalischen<lb/> Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung. Nur wurde, wohl der<lb/> mehr praktischen Seite einer technischen Hochschule entsprechend, dies-<lb/> mal das polarisierte Licht, das ja für die Zuckerindustrie unter anderm von<lb/> größter Bedeutung ist, ins Auge gefaßt. Der Erfolg war ein durch-<lb/> schlagender. Die ausgezeichneten Arbeiten (»Über das Vermögen organi-<lb/> scher Körper, das polarisierte Licht zu drehen«) brachten diese Disziplin<lb/> zu einer wahren Vollendung; Landolt hat durch seine klassischen ex-<lb/> perimentellen Arbeiten auf diesem Gebiet, durch Verbesserung und Nenu-<lb/> konstruktion der Polarisationsinstrumente, sowie durch sein mustergültiges<lb/> Buch über »das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen«<lb/> (1879) seinen Namen in Wissenschaft und Technik weltbekannt gemacht;<lb/> die zweite, 1898 von ihm besorgte Auflage dieses Werkes ist noch<lb/> heute unbestritten das klassische, den ganzen Stoff mit seltener Zuver-<lb/> lässigkeit behandelnde Kompendium der Polarimetrie. Von den wissen-<lb/> schaftlichen Resultaten sei hervorgehoben das Gesetz, das wohl bleibend<lb/> mit Landolts Namen verknüpft sein wird und nach welchem die Drehung<lb/> von Salzen aktiver Säuren und Basen in wässeriger Lösung für einen<lb/> gegebenen aktiven Bestandteil unabhängig von der Salzart ist. Aber</p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0009]
Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. 7
Aachen (1867—1880).
In Aachen war zunächst Landolts Aufgabe der Bau des neuen In-
stituts. Unterstützt von seinem Assistenten, dem damaligen Privatdozenten
Brühl, wurde bei diesem Bau das Allerbeste erstrebt, vielleicht mit einer
kleinen Übertreibung, da dem Neubau für den vorübergehenden Besucher
eine gewisse Komplikation nicht abzusprechen war. Von meiner persön-
lichen Besichtigung mit Rücksicht auf eigenen Neubau erinnere ich mich
z. B., daß der Heizer von den unteren Räumen aus Gelegenheit hatte,
durch eine Serie Thermometer, welche heruntergezogen werden konnten,
die Temperatur in den oberen Räumen zu kontrollieren; derselbe gestand
mir aber, diese Einrichtung nie zu gebrauchen und mehr nach dem Gefühl
zu arbeiten. Anderseits aber wurde Grundlegendes erzielt, und die An-
wendung des Projektionsapparats mit elektrischer Beleuchtung zu Vorlesungs-
zwecken ist wohl wesentlich durch Landolt zum unentbehrlichen De-
monstrationsmittel im Hörsaal geworden.
Die Untersuchungen bewegen sich auf dem Gebiet, das die damalige
physikalische Chemie charakterisierte: Beziehungen zwischen physikalischen
Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung. Nur wurde, wohl der
mehr praktischen Seite einer technischen Hochschule entsprechend, dies-
mal das polarisierte Licht, das ja für die Zuckerindustrie unter anderm von
größter Bedeutung ist, ins Auge gefaßt. Der Erfolg war ein durch-
schlagender. Die ausgezeichneten Arbeiten (»Über das Vermögen organi-
scher Körper, das polarisierte Licht zu drehen«) brachten diese Disziplin
zu einer wahren Vollendung; Landolt hat durch seine klassischen ex-
perimentellen Arbeiten auf diesem Gebiet, durch Verbesserung und Nenu-
konstruktion der Polarisationsinstrumente, sowie durch sein mustergültiges
Buch über »das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen«
(1879) seinen Namen in Wissenschaft und Technik weltbekannt gemacht;
die zweite, 1898 von ihm besorgte Auflage dieses Werkes ist noch
heute unbestritten das klassische, den ganzen Stoff mit seltener Zuver-
lässigkeit behandelnde Kompendium der Polarimetrie. Von den wissen-
schaftlichen Resultaten sei hervorgehoben das Gesetz, das wohl bleibend
mit Landolts Namen verknüpft sein wird und nach welchem die Drehung
von Salzen aktiver Säuren und Basen in wässeriger Lösung für einen
gegebenen aktiven Bestandteil unabhängig von der Salzart ist. Aber
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