Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

verwelkt, Ihr Entschluß, den geistlichen Stand
zu wählen, zerstört alle Hoffnungen, alle
Wünsche Ihres Vaters! -- Aber willig wür¬
de er diese Hoffnungen aufgeben, wenn ein
wahrer innerer Beruf, ein unwiderstehlicher
Hang zur Einsamkeit, von Jugend auf den
Entschluß in Ihnen erzeugt hätte, er würde
dann nicht dem zu widerstreben wagen, was
das Schicksal einmal über ihn verhängt.
Die plötzliche Aenderung Ihres ganzen We¬
sens, hat indessen nur zu deutlich gezeigt,
daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬
näckig verschweigen, Ihr Inneres auf furcht¬
bare Weise erschüttert hat, und nun zerstö¬
rend fortarbeitet. -- Sie waren sonst ein
froher unbefangener lebenslustiger Jüngling!
-- Was konnte Sie denn dem Menschlichen
so entfremden, daß sie daran verzweifeln in
eines Menschen Brust könne Trost für ihre
kranke Seele zu finden seyn. Sie schwei¬
gen? Sie starren vor sich hin? -- Sie seuf¬
zen? Hermogen! Sie liebten sonst Ihren Va¬

verwelkt, Ihr Entſchluß, den geiſtlichen Stand
zu waͤhlen, zerſtoͤrt alle Hoffnungen, alle
Wuͤnſche Ihres Vaters! — Aber willig wuͤr¬
de er dieſe Hoffnungen aufgeben, wenn ein
wahrer innerer Beruf, ein unwiderſtehlicher
Hang zur Einſamkeit, von Jugend auf den
Entſchluß in Ihnen erzeugt haͤtte, er wuͤrde
dann nicht dem zu widerſtreben wagen, was
das Schickſal einmal uͤber ihn verhaͤngt.
Die ploͤtzliche Aenderung Ihres ganzen We¬
ſens, hat indeſſen nur zu deutlich gezeigt,
daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬
naͤckig verſchweigen, Ihr Inneres auf furcht¬
bare Weiſe erſchuͤttert hat, und nun zerſtoͤ¬
rend fortarbeitet. — Sie waren ſonſt ein
froher unbefangener lebensluſtiger Juͤngling!
— Was konnte Sie denn dem Menſchlichen
ſo entfremden, daß ſie daran verzweifeln in
eines Menſchen Bruſt koͤnne Troſt fuͤr ihre
kranke Seele zu finden ſeyn. Sie ſchwei¬
gen? Sie ſtarren vor ſich hin? — Sie ſeuf¬
zen? Hermogen! Sie liebten ſonſt Ihren Va¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0122" n="106"/>
verwelkt, Ihr Ent&#x017F;chluß, den gei&#x017F;tlichen Stand<lb/>
zu wa&#x0364;hlen, zer&#x017F;to&#x0364;rt alle Hoffnungen, alle<lb/>
Wu&#x0364;n&#x017F;che Ihres Vaters! &#x2014; Aber willig wu&#x0364;<lb/>
de er die&#x017F;e Hoffnungen aufgeben, wenn ein<lb/>
wahrer innerer Beruf, ein unwider&#x017F;tehlicher<lb/>
Hang zur Ein&#x017F;amkeit, von Jugend auf den<lb/>
Ent&#x017F;chluß in Ihnen erzeugt ha&#x0364;tte, er wu&#x0364;rde<lb/>
dann nicht <hi rendition="#g">dem</hi> zu wider&#x017F;treben wagen, was<lb/>
das Schick&#x017F;al einmal u&#x0364;ber ihn verha&#x0364;ngt.<lb/>
Die plo&#x0364;tzliche Aenderung Ihres ganzen We¬<lb/>
&#x017F;ens, hat inde&#x017F;&#x017F;en nur zu deutlich gezeigt,<lb/>
daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬<lb/>
na&#x0364;ckig ver&#x017F;chweigen, Ihr Inneres auf furcht¬<lb/>
bare Wei&#x017F;e er&#x017F;chu&#x0364;ttert hat, und nun zer&#x017F;to&#x0364;¬<lb/>
rend fortarbeitet. &#x2014; Sie waren &#x017F;on&#x017F;t ein<lb/>
froher unbefangener lebenslu&#x017F;tiger Ju&#x0364;ngling!<lb/>
&#x2014; Was konnte Sie denn dem Men&#x017F;chlichen<lb/>
&#x017F;o entfremden, daß &#x017F;ie daran verzweifeln in<lb/>
eines Men&#x017F;chen Bru&#x017F;t ko&#x0364;nne Tro&#x017F;t fu&#x0364;r ihre<lb/>
kranke Seele zu finden &#x017F;eyn. Sie &#x017F;chwei¬<lb/>
gen? Sie &#x017F;tarren vor &#x017F;ich hin? &#x2014; Sie &#x017F;euf¬<lb/>
zen? Hermogen! Sie liebten &#x017F;on&#x017F;t Ihren Va¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0122] verwelkt, Ihr Entſchluß, den geiſtlichen Stand zu waͤhlen, zerſtoͤrt alle Hoffnungen, alle Wuͤnſche Ihres Vaters! — Aber willig wuͤr¬ de er dieſe Hoffnungen aufgeben, wenn ein wahrer innerer Beruf, ein unwiderſtehlicher Hang zur Einſamkeit, von Jugend auf den Entſchluß in Ihnen erzeugt haͤtte, er wuͤrde dann nicht dem zu widerſtreben wagen, was das Schickſal einmal uͤber ihn verhaͤngt. Die ploͤtzliche Aenderung Ihres ganzen We¬ ſens, hat indeſſen nur zu deutlich gezeigt, daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬ naͤckig verſchweigen, Ihr Inneres auf furcht¬ bare Weiſe erſchuͤttert hat, und nun zerſtoͤ¬ rend fortarbeitet. — Sie waren ſonſt ein froher unbefangener lebensluſtiger Juͤngling! — Was konnte Sie denn dem Menſchlichen ſo entfremden, daß ſie daran verzweifeln in eines Menſchen Bruſt koͤnne Troſt fuͤr ihre kranke Seele zu finden ſeyn. Sie ſchwei¬ gen? Sie ſtarren vor ſich hin? — Sie ſeuf¬ zen? Hermogen! Sie liebten ſonſt Ihren Va¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/122
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/122>, abgerufen am 24.11.2024.