verwelkt, Ihr Entschluß, den geistlichen Stand zu wählen, zerstört alle Hoffnungen, alle Wünsche Ihres Vaters! -- Aber willig wür¬ de er diese Hoffnungen aufgeben, wenn ein wahrer innerer Beruf, ein unwiderstehlicher Hang zur Einsamkeit, von Jugend auf den Entschluß in Ihnen erzeugt hätte, er würde dann nicht dem zu widerstreben wagen, was das Schicksal einmal über ihn verhängt. Die plötzliche Aenderung Ihres ganzen We¬ sens, hat indessen nur zu deutlich gezeigt, daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬ näckig verschweigen, Ihr Inneres auf furcht¬ bare Weise erschüttert hat, und nun zerstö¬ rend fortarbeitet. -- Sie waren sonst ein froher unbefangener lebenslustiger Jüngling! -- Was konnte Sie denn dem Menschlichen so entfremden, daß sie daran verzweifeln in eines Menschen Brust könne Trost für ihre kranke Seele zu finden seyn. Sie schwei¬ gen? Sie starren vor sich hin? -- Sie seuf¬ zen? Hermogen! Sie liebten sonst Ihren Va¬
verwelkt, Ihr Entſchluß, den geiſtlichen Stand zu waͤhlen, zerſtoͤrt alle Hoffnungen, alle Wuͤnſche Ihres Vaters! — Aber willig wuͤr¬ de er dieſe Hoffnungen aufgeben, wenn ein wahrer innerer Beruf, ein unwiderſtehlicher Hang zur Einſamkeit, von Jugend auf den Entſchluß in Ihnen erzeugt haͤtte, er wuͤrde dann nicht dem zu widerſtreben wagen, was das Schickſal einmal uͤber ihn verhaͤngt. Die ploͤtzliche Aenderung Ihres ganzen We¬ ſens, hat indeſſen nur zu deutlich gezeigt, daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬ naͤckig verſchweigen, Ihr Inneres auf furcht¬ bare Weiſe erſchuͤttert hat, und nun zerſtoͤ¬ rend fortarbeitet. — Sie waren ſonſt ein froher unbefangener lebensluſtiger Juͤngling! — Was konnte Sie denn dem Menſchlichen ſo entfremden, daß ſie daran verzweifeln in eines Menſchen Bruſt koͤnne Troſt fuͤr ihre kranke Seele zu finden ſeyn. Sie ſchwei¬ gen? Sie ſtarren vor ſich hin? — Sie ſeuf¬ zen? Hermogen! Sie liebten ſonſt Ihren Va¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0122"n="106"/>
verwelkt, Ihr Entſchluß, den geiſtlichen Stand<lb/>
zu waͤhlen, zerſtoͤrt alle Hoffnungen, alle<lb/>
Wuͤnſche Ihres Vaters! — Aber willig wuͤr¬<lb/>
de er dieſe Hoffnungen aufgeben, wenn ein<lb/>
wahrer innerer Beruf, ein unwiderſtehlicher<lb/>
Hang zur Einſamkeit, von Jugend auf den<lb/>
Entſchluß in Ihnen erzeugt haͤtte, er wuͤrde<lb/>
dann nicht <hirendition="#g">dem</hi> zu widerſtreben wagen, was<lb/>
das Schickſal einmal uͤber ihn verhaͤngt.<lb/>
Die ploͤtzliche Aenderung Ihres ganzen We¬<lb/>ſens, hat indeſſen nur zu deutlich gezeigt,<lb/>
daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬<lb/>
naͤckig verſchweigen, Ihr Inneres auf furcht¬<lb/>
bare Weiſe erſchuͤttert hat, und nun zerſtoͤ¬<lb/>
rend fortarbeitet. — Sie waren ſonſt ein<lb/>
froher unbefangener lebensluſtiger Juͤngling!<lb/>— Was konnte Sie denn dem Menſchlichen<lb/>ſo entfremden, daß ſie daran verzweifeln in<lb/>
eines Menſchen Bruſt koͤnne Troſt fuͤr ihre<lb/>
kranke Seele zu finden ſeyn. Sie ſchwei¬<lb/>
gen? Sie ſtarren vor ſich hin? — Sie ſeuf¬<lb/>
zen? Hermogen! Sie liebten ſonſt Ihren Va¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[106/0122]
verwelkt, Ihr Entſchluß, den geiſtlichen Stand
zu waͤhlen, zerſtoͤrt alle Hoffnungen, alle
Wuͤnſche Ihres Vaters! — Aber willig wuͤr¬
de er dieſe Hoffnungen aufgeben, wenn ein
wahrer innerer Beruf, ein unwiderſtehlicher
Hang zur Einſamkeit, von Jugend auf den
Entſchluß in Ihnen erzeugt haͤtte, er wuͤrde
dann nicht dem zu widerſtreben wagen, was
das Schickſal einmal uͤber ihn verhaͤngt.
Die ploͤtzliche Aenderung Ihres ganzen We¬
ſens, hat indeſſen nur zu deutlich gezeigt,
daß irgend ein Ereigniß, das Sie uns hart¬
naͤckig verſchweigen, Ihr Inneres auf furcht¬
bare Weiſe erſchuͤttert hat, und nun zerſtoͤ¬
rend fortarbeitet. — Sie waren ſonſt ein
froher unbefangener lebensluſtiger Juͤngling!
— Was konnte Sie denn dem Menſchlichen
ſo entfremden, daß ſie daran verzweifeln in
eines Menſchen Bruſt koͤnne Troſt fuͤr ihre
kranke Seele zu finden ſeyn. Sie ſchwei¬
gen? Sie ſtarren vor ſich hin? — Sie ſeuf¬
zen? Hermogen! Sie liebten ſonſt Ihren Va¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/122>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.