Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

nichtet, daß ein ungeheures Verbrechen auf
mir lastet, ein schändlicher Frevel, den ich
abbüße in Elend und Verzweiflung. -- Da¬
rum sey barmherzig und flehe den Vater
an, daß er mich fort lasse in die Mauern! --
"Baron, fiel der Alte ein: Sie sind in ei¬
ner Stimmung, die nur dem gänzlich zerrüt¬
teten Gemüthe eigen, Sie sollen nicht fort,
Sie dürfen durchaus nicht fort. In diesen
Tagen kommt die Baronesse mit Aurelien,
die müssen Sie sehen." Da lachte der Jüng¬
ling, wie in furchtbarem Hohn, und rief mit
einer Stimme, die durch mein Innres dröhn¬
te: "Muß ich? -- muß ich bleiben? -- Ja,
wahrhaftig, Alter, Du hast Recht, ich muß
bleiben, und meine Buße wird hier schreckli¬
cher seyn, als in den dumpfen Mauern." --
Damit sprang er fort durch das Gebüsch,
und ließ den Alten stehen, der, das gesenkte
Haupt in die Hand gestützt, sich ganz dem
Schmerz zu überlassen schien. "Gelobt sey
Jesus Christus !" sprach ich, zu ihm hinantre¬

nichtet, daß ein ungeheures Verbrechen auf
mir laſtet, ein ſchaͤndlicher Frevel, den ich
abbuͤße in Elend und Verzweiflung. — Da¬
rum ſey barmherzig und flehe den Vater
an, daß er mich fort laſſe in die Mauern! —
„Baron, fiel der Alte ein: Sie ſind in ei¬
ner Stimmung, die nur dem gaͤnzlich zerruͤt¬
teten Gemuͤthe eigen, Sie ſollen nicht fort,
Sie duͤrfen durchaus nicht fort. In dieſen
Tagen kommt die Baroneſſe mit Aurelien,
die muͤſſen Sie ſehen.“ Da lachte der Juͤng¬
ling, wie in furchtbarem Hohn, und rief mit
einer Stimme, die durch mein Innres droͤhn¬
te: „Muß ich? — muß ich bleiben? — Ja,
wahrhaftig, Alter, Du haſt Recht, ich muß
bleiben, und meine Buße wird hier ſchreckli¬
cher ſeyn, als in den dumpfen Mauern.“ —
Damit ſprang er fort durch das Gebuͤſch,
und ließ den Alten ſtehen, der, das geſenkte
Haupt in die Hand geſtuͤtzt, ſich ganz dem
Schmerz zu uͤberlaſſen ſchien. „Gelobt ſey
Jeſus Chriſtus !“ ſprach ich, zu ihm hinantre¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0126" n="110"/>
nichtet, daß ein ungeheures Verbrechen auf<lb/>
mir la&#x017F;tet, ein &#x017F;cha&#x0364;ndlicher Frevel, den ich<lb/>
abbu&#x0364;ße in Elend und Verzweiflung. &#x2014; Da¬<lb/>
rum &#x017F;ey barmherzig und flehe den Vater<lb/>
an, daß er mich fort la&#x017F;&#x017F;e in die Mauern! &#x2014;<lb/>
&#x201E;Baron, fiel der Alte ein: Sie &#x017F;ind in ei¬<lb/>
ner Stimmung, die nur dem ga&#x0364;nzlich zerru&#x0364;<lb/>
teten Gemu&#x0364;the eigen, Sie &#x017F;ollen nicht fort,<lb/>
Sie du&#x0364;rfen durchaus nicht fort. In die&#x017F;en<lb/>
Tagen kommt die Barone&#x017F;&#x017F;e mit Aurelien,<lb/><hi rendition="#g">die</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ehen.&#x201C; Da lachte der Ju&#x0364;ng¬<lb/>
ling, wie in furchtbarem Hohn, und rief mit<lb/>
einer Stimme, die durch mein Innres dro&#x0364;hn¬<lb/>
te: &#x201E;Muß ich? &#x2014; muß ich bleiben? &#x2014; Ja,<lb/>
wahrhaftig, Alter, Du ha&#x017F;t Recht, ich muß<lb/>
bleiben, und meine Buße wird hier &#x017F;chreckli¬<lb/>
cher &#x017F;eyn, als in den dumpfen Mauern.&#x201C; &#x2014;<lb/>
Damit &#x017F;prang er fort durch das Gebu&#x0364;&#x017F;ch,<lb/>
und ließ den Alten &#x017F;tehen, der, das ge&#x017F;enkte<lb/>
Haupt in die Hand ge&#x017F;tu&#x0364;tzt, &#x017F;ich ganz dem<lb/>
Schmerz zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chien. &#x201E;Gelobt &#x017F;ey<lb/>
Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus !&#x201C; &#x017F;prach ich, zu ihm hinantre¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0126] nichtet, daß ein ungeheures Verbrechen auf mir laſtet, ein ſchaͤndlicher Frevel, den ich abbuͤße in Elend und Verzweiflung. — Da¬ rum ſey barmherzig und flehe den Vater an, daß er mich fort laſſe in die Mauern! — „Baron, fiel der Alte ein: Sie ſind in ei¬ ner Stimmung, die nur dem gaͤnzlich zerruͤt¬ teten Gemuͤthe eigen, Sie ſollen nicht fort, Sie duͤrfen durchaus nicht fort. In dieſen Tagen kommt die Baroneſſe mit Aurelien, die muͤſſen Sie ſehen.“ Da lachte der Juͤng¬ ling, wie in furchtbarem Hohn, und rief mit einer Stimme, die durch mein Innres droͤhn¬ te: „Muß ich? — muß ich bleiben? — Ja, wahrhaftig, Alter, Du haſt Recht, ich muß bleiben, und meine Buße wird hier ſchreckli¬ cher ſeyn, als in den dumpfen Mauern.“ — Damit ſprang er fort durch das Gebuͤſch, und ließ den Alten ſtehen, der, das geſenkte Haupt in die Hand geſtuͤtzt, ſich ganz dem Schmerz zu uͤberlaſſen ſchien. „Gelobt ſey Jeſus Chriſtus !“ ſprach ich, zu ihm hinantre¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/126
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/126>, abgerufen am 24.11.2024.