drangen in mich, ja des tiefsinnigen Hermo¬ gen mich mit aller Kraft, die mir zu Gebo¬ the stehe, anzunehmen. Noch war es mir aber nicht möglich geworden, auch nur ein einziges Wort mit ihm zu sprechen, denn sichtlich wich er jeder Gelegenheit aus, mit mir allein zu seyn, und traf er mich in der Gesellschaft des Barons oder Reinholds, so blickte er mich auf so sonderbare Weise an, daß ich in der That Mühe hatte, nicht in augenscheinliche Verlegenheit zu gerathen. Er schien tief in meine Seele zu dringen und meine geheimste Gedanken zu erspähen. Ein unbezwinglicher tiefer Mißmuth, ein un¬ terdrückter Groll, ein nur mit Mühe be¬ zähmter Zorn lag auf seinem bleichen Ge¬ sichte, so bald er mich ansichtig wurde. -- Es begab sich, daß er mir einmal, als ich eben im Park lustwandelte, ganz unerwartet entgegen trat; ich hielt dies für den schickli¬ chen Moment, endlich das drückende Verhält¬ niß mit ihm aufzuklären, daher faßte ich ihn
I. [ 10 ]
drangen in mich, ja des tiefſinnigen Hermo¬ gen mich mit aller Kraft, die mir zu Gebo¬ the ſtehe, anzunehmen. Noch war es mir aber nicht moͤglich geworden, auch nur ein einziges Wort mit ihm zu ſprechen, denn ſichtlich wich er jeder Gelegenheit aus, mit mir allein zu ſeyn, und traf er mich in der Geſellſchaft des Barons oder Reinholds, ſo blickte er mich auf ſo ſonderbare Weiſe an, daß ich in der That Muͤhe hatte, nicht in augenſcheinliche Verlegenheit zu gerathen. Er ſchien tief in meine Seele zu dringen und meine geheimſte Gedanken zu erſpaͤhen. Ein unbezwinglicher tiefer Mißmuth, ein un¬ terdruͤckter Groll, ein nur mit Muͤhe be¬ zaͤhmter Zorn lag auf ſeinem bleichen Ge¬ ſichte, ſo bald er mich anſichtig wurde. — Es begab ſich, daß er mir einmal, als ich eben im Park luſtwandelte, ganz unerwartet entgegen trat; ich hielt dies fuͤr den ſchickli¬ chen Moment, endlich das druͤckende Verhaͤlt¬ niß mit ihm aufzuklaͤren, daher faßte ich ihn
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drangen in mich, ja des tiefſinnigen Hermo¬
gen mich mit aller Kraft, die mir zu Gebo¬
the ſtehe, anzunehmen. Noch war es mir
aber nicht moͤglich geworden, auch nur ein
einziges Wort mit ihm zu ſprechen, denn
ſichtlich wich er jeder Gelegenheit aus, mit
mir allein zu ſeyn, und traf er mich in der
Geſellſchaft des Barons oder Reinholds, ſo
blickte er mich auf ſo ſonderbare Weiſe an,
daß ich in der That Muͤhe hatte, nicht in
augenſcheinliche Verlegenheit zu gerathen.
Er ſchien tief in meine Seele zu dringen
und meine geheimſte Gedanken zu erſpaͤhen.
Ein unbezwinglicher tiefer Mißmuth, ein un¬
terdruͤckter Groll, ein nur mit Muͤhe be¬
zaͤhmter Zorn lag auf ſeinem bleichen Ge¬
ſichte, ſo bald er mich anſichtig wurde. —
Es begab ſich, daß er mir einmal, als ich
eben im Park luſtwandelte, ganz unerwartet
entgegen trat; ich hielt dies fuͤr den ſchickli¬
chen Moment, endlich das druͤckende Verhaͤlt¬
niß mit ihm aufzuklaͤren, daher faßte ich ihn
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/161>, abgerufen am 27.11.2024.
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