schnell bei der Hand, als er mir ausweichen wollte, und mein Rednertalent machte es mir möglich, so eindringend, so salbungsvoll zu sprechen, daß er wirklich aufmerksam zu wer¬ den schien, und eine innere Rührung nicht unterdrücken konnte. Wir hatten uns auf ei¬ ne steinerne Bank am Ende eines Ganges, der nach dem Schloß führte, niedergelassen. Im Reden stieg meine Begeisterung, ich sprach davon daß es sündlich sey, wenn der Mensch, im innern Gram sich verzehrend, den Trost, die Hülfe der Kirche, die den Ge¬ beugten aufrichte, verschmähe, und so den Zwecken des Lebens, wie die höhere Macht sie ihm gestellt, feindlich entgegen strebe. Ja daß selbst der Verbrecher nicht zweifeln solle an der Gnade des Himmels, da dieser Zwei¬ fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die er, entsündigt durch Buße und Frömmigkeit, erwerben könne. Ich forderte ihn endlich auf, gleich jetzt mir zu beichten, und so sein Inneres wie vor Gott auszuschütten, indem
ſchnell bei der Hand, als er mir ausweichen wollte, und mein Rednertalent machte es mir moͤglich, ſo eindringend, ſo ſalbungsvoll zu ſprechen, daß er wirklich aufmerkſam zu wer¬ den ſchien, und eine innere Ruͤhrung nicht unterdruͤcken konnte. Wir hatten uns auf ei¬ ne ſteinerne Bank am Ende eines Ganges, der nach dem Schloß fuͤhrte, niedergelaſſen. Im Reden ſtieg meine Begeiſterung, ich ſprach davon daß es ſuͤndlich ſey, wenn der Menſch, im innern Gram ſich verzehrend, den Troſt, die Huͤlfe der Kirche, die den Ge¬ beugten aufrichte, verſchmaͤhe, und ſo den Zwecken des Lebens, wie die hoͤhere Macht ſie ihm geſtellt, feindlich entgegen ſtrebe. Ja daß ſelbſt der Verbrecher nicht zweifeln ſolle an der Gnade des Himmels, da dieſer Zwei¬ fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die er, entſuͤndigt durch Buße und Froͤmmigkeit, erwerben koͤnne. Ich forderte ihn endlich auf, gleich jetzt mir zu beichten, und ſo ſein Inneres wie vor Gott auszuſchuͤtten, indem
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ſchnell bei der Hand, als er mir ausweichen
wollte, und mein Rednertalent machte es mir
moͤglich, ſo eindringend, ſo ſalbungsvoll zu
ſprechen, daß er wirklich aufmerkſam zu wer¬
den ſchien, und eine innere Ruͤhrung nicht
unterdruͤcken konnte. Wir hatten uns auf ei¬
ne ſteinerne Bank am Ende eines Ganges,
der nach dem Schloß fuͤhrte, niedergelaſſen.
Im Reden ſtieg meine Begeiſterung, ich
ſprach davon daß es ſuͤndlich ſey, wenn
der Menſch, im innern Gram ſich verzehrend,
den Troſt, die Huͤlfe der Kirche, die den Ge¬
beugten aufrichte, verſchmaͤhe, und ſo den
Zwecken des Lebens, wie die hoͤhere Macht
ſie ihm geſtellt, feindlich entgegen ſtrebe. Ja
daß ſelbſt der Verbrecher nicht zweifeln ſolle
an der Gnade des Himmels, da dieſer Zwei¬
fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die
er, entſuͤndigt durch Buße und Froͤmmigkeit,
erwerben koͤnne. Ich forderte ihn endlich
auf, gleich jetzt mir zu beichten, und ſo ſein
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/162>, abgerufen am 23.11.2024.
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