Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

schnell bei der Hand, als er mir ausweichen
wollte, und mein Rednertalent machte es mir
möglich, so eindringend, so salbungsvoll zu
sprechen, daß er wirklich aufmerksam zu wer¬
den schien, und eine innere Rührung nicht
unterdrücken konnte. Wir hatten uns auf ei¬
ne steinerne Bank am Ende eines Ganges,
der nach dem Schloß führte, niedergelassen.
Im Reden stieg meine Begeisterung, ich
sprach davon daß es sündlich sey, wenn
der Mensch, im innern Gram sich verzehrend,
den Trost, die Hülfe der Kirche, die den Ge¬
beugten aufrichte, verschmähe, und so den
Zwecken des Lebens, wie die höhere Macht
sie ihm gestellt, feindlich entgegen strebe. Ja
daß selbst der Verbrecher nicht zweifeln solle
an der Gnade des Himmels, da dieser Zwei¬
fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die
er, entsündigt durch Buße und Frömmigkeit,
erwerben könne. Ich forderte ihn endlich
auf, gleich jetzt mir zu beichten, und so sein
Inneres wie vor Gott auszuschütten, indem

ſchnell bei der Hand, als er mir ausweichen
wollte, und mein Rednertalent machte es mir
moͤglich, ſo eindringend, ſo ſalbungsvoll zu
ſprechen, daß er wirklich aufmerkſam zu wer¬
den ſchien, und eine innere Ruͤhrung nicht
unterdruͤcken konnte. Wir hatten uns auf ei¬
ne ſteinerne Bank am Ende eines Ganges,
der nach dem Schloß fuͤhrte, niedergelaſſen.
Im Reden ſtieg meine Begeiſterung, ich
ſprach davon daß es ſuͤndlich ſey, wenn
der Menſch, im innern Gram ſich verzehrend,
den Troſt, die Huͤlfe der Kirche, die den Ge¬
beugten aufrichte, verſchmaͤhe, und ſo den
Zwecken des Lebens, wie die hoͤhere Macht
ſie ihm geſtellt, feindlich entgegen ſtrebe. Ja
daß ſelbſt der Verbrecher nicht zweifeln ſolle
an der Gnade des Himmels, da dieſer Zwei¬
fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die
er, entſuͤndigt durch Buße und Froͤmmigkeit,
erwerben koͤnne. Ich forderte ihn endlich
auf, gleich jetzt mir zu beichten, und ſo ſein
Inneres wie vor Gott auszuſchuͤtten, indem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0162" n="146"/>
&#x017F;chnell bei der Hand, als er mir ausweichen<lb/>
wollte, und mein Rednertalent machte es mir<lb/>
mo&#x0364;glich, &#x017F;o eindringend, &#x017F;o &#x017F;albungsvoll zu<lb/>
&#x017F;prechen, daß er wirklich aufmerk&#x017F;am zu wer¬<lb/>
den &#x017F;chien, und eine innere Ru&#x0364;hrung nicht<lb/>
unterdru&#x0364;cken konnte. Wir hatten uns auf ei¬<lb/>
ne &#x017F;teinerne Bank am Ende eines Ganges,<lb/>
der nach dem Schloß fu&#x0364;hrte, niedergela&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Im Reden &#x017F;tieg meine Begei&#x017F;terung, ich<lb/>
&#x017F;prach davon daß es &#x017F;u&#x0364;ndlich &#x017F;ey, wenn<lb/>
der Men&#x017F;ch, im innern Gram &#x017F;ich verzehrend,<lb/>
den Tro&#x017F;t, die Hu&#x0364;lfe der Kirche, die den Ge¬<lb/>
beugten aufrichte, ver&#x017F;chma&#x0364;he, und &#x017F;o den<lb/>
Zwecken des Lebens, wie die ho&#x0364;here Macht<lb/>
&#x017F;ie ihm ge&#x017F;tellt, feindlich entgegen &#x017F;trebe. Ja<lb/>
daß &#x017F;elb&#x017F;t der Verbrecher nicht zweifeln &#x017F;olle<lb/>
an der Gnade des Himmels, da die&#x017F;er Zwei¬<lb/>
fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die<lb/>
er, ent&#x017F;u&#x0364;ndigt durch Buße und Fro&#x0364;mmigkeit,<lb/>
erwerben ko&#x0364;nne. Ich forderte ihn endlich<lb/>
auf, gleich jetzt mir zu beichten, und &#x017F;o &#x017F;ein<lb/>
Inneres wie vor Gott auszu&#x017F;chu&#x0364;tten, indem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0162] ſchnell bei der Hand, als er mir ausweichen wollte, und mein Rednertalent machte es mir moͤglich, ſo eindringend, ſo ſalbungsvoll zu ſprechen, daß er wirklich aufmerkſam zu wer¬ den ſchien, und eine innere Ruͤhrung nicht unterdruͤcken konnte. Wir hatten uns auf ei¬ ne ſteinerne Bank am Ende eines Ganges, der nach dem Schloß fuͤhrte, niedergelaſſen. Im Reden ſtieg meine Begeiſterung, ich ſprach davon daß es ſuͤndlich ſey, wenn der Menſch, im innern Gram ſich verzehrend, den Troſt, die Huͤlfe der Kirche, die den Ge¬ beugten aufrichte, verſchmaͤhe, und ſo den Zwecken des Lebens, wie die hoͤhere Macht ſie ihm geſtellt, feindlich entgegen ſtrebe. Ja daß ſelbſt der Verbrecher nicht zweifeln ſolle an der Gnade des Himmels, da dieſer Zwei¬ fel ihn eben um die Seeligkeit bringe, die er, entſuͤndigt durch Buße und Froͤmmigkeit, erwerben koͤnne. Ich forderte ihn endlich auf, gleich jetzt mir zu beichten, und ſo ſein Inneres wie vor Gott auszuſchuͤtten, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/162
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/162>, abgerufen am 23.05.2024.