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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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ich ihm von jeder Sünde, die er begangen,
Absolution zusage: da stand er auf, seine
Augenbraunen zogen sich zusammen, die Au¬
gen brannten, eine glühende Röthe überflog
sein leichenblasses Gesicht, und mit seltsam
gellender Stimme rief er: "Bist Du denn
rein von der Sünde, daß Du es wagst, wie
der Reinste, ja wie Gott selbst, den Du ver¬
höhnest, in meine Brust schauen zu wollen,
daß Du es wagst, mir Vergebung der Sün¬
de zuzusagen, Du, der Du selbst vergeblich
ringen wirst nach der Entsündigung, nach
der Seeligkeit des Himmels, die sich Dir
auf ewig verschloß? Elender Heuchler, bald
kommt die Stunde der Vergeltung, und in
den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm,
zuckst Du im schmachvollen Tode vergebens
nach Hülfe, nach Erlösung von unnennbarer
Quaal ächzend, bis Du verdirbst in Wahn¬
sinn und Verzweiflung!" -- Er schritt rasch
von dannen, ich war zerschmettert, vernich¬
tet, all' meine Fassung, mein Muth, war

ich ihm von jeder Suͤnde, die er begangen,
Abſolution zuſage: da ſtand er auf, ſeine
Augenbraunen zogen ſich zuſammen, die Au¬
gen brannten, eine gluͤhende Roͤthe uͤberflog
ſein leichenblaſſes Geſicht, und mit ſeltſam
gellender Stimme rief er: „Biſt Du denn
rein von der Suͤnde, daß Du es wagſt, wie
der Reinſte, ja wie Gott ſelbſt, den Du ver¬
hoͤhneſt, in meine Bruſt ſchauen zu wollen,
daß Du es wagſt, mir Vergebung der Suͤn¬
de zuzuſagen, Du, der Du ſelbſt vergeblich
ringen wirſt nach der Entſuͤndigung, nach
der Seeligkeit des Himmels, die ſich Dir
auf ewig verſchloß? Elender Heuchler, bald
kommt die Stunde der Vergeltung, und in
den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm,
zuckſt Du im ſchmachvollen Tode vergebens
nach Huͤlfe, nach Erloͤſung von unnennbarer
Quaal aͤchzend, bis Du verdirbſt in Wahn¬
ſinn und Verzweiflung!“ — Er ſchritt raſch
von dannen, ich war zerſchmettert, vernich¬
tet, all' meine Faſſung, mein Muth, war

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[147/0163] ich ihm von jeder Suͤnde, die er begangen, Abſolution zuſage: da ſtand er auf, ſeine Augenbraunen zogen ſich zuſammen, die Au¬ gen brannten, eine gluͤhende Roͤthe uͤberflog ſein leichenblaſſes Geſicht, und mit ſeltſam gellender Stimme rief er: „Biſt Du denn rein von der Suͤnde, daß Du es wagſt, wie der Reinſte, ja wie Gott ſelbſt, den Du ver¬ hoͤhneſt, in meine Bruſt ſchauen zu wollen, daß Du es wagſt, mir Vergebung der Suͤn¬ de zuzuſagen, Du, der Du ſelbſt vergeblich ringen wirſt nach der Entſuͤndigung, nach der Seeligkeit des Himmels, die ſich Dir auf ewig verſchloß? Elender Heuchler, bald kommt die Stunde der Vergeltung, und in den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm, zuckſt Du im ſchmachvollen Tode vergebens nach Huͤlfe, nach Erloͤſung von unnennbarer Quaal aͤchzend, bis Du verdirbſt in Wahn¬ ſinn und Verzweiflung!“ — Er ſchritt raſch von dannen, ich war zerſchmettert, vernich¬ tet, all' meine Faſſung, mein Muth, war

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/163>, abgerufen am 18.05.2024.