gefangen, oder ich schieße Dich nieder. Da fiel der Mensch wimmernd zu Boden, und bat um Erbarmen. Meine Bursche kamen herbei, wir packten den Menschen, und führ¬ ten ihn nach Hause, wo ich ihn in den Thurm bei dem Nebengebäude einsperren ließ, und den nächsten Morgen, den Vorfall der Obrig¬ keit anzeigen wollte. Er fiel, so wie er in den Thurm kam, in einen ohnmächtigen Zu¬ stand. Als ich den andern Morgen zu ihm ging, saß er auf dem Strohlager, das ich ihm bereiten lassen, und weinte heftig. Er fiel mir zu Füßen, und flehte mich an, daß ich mit ihm Erbarmen haben solle; schon seit mehreren Wochen habe er im Walde gelebt, und nichts gegessen, als Kräuter und wildes Obst, er sey ein armer Capuziner aus einem weit entlegenen Kloster, und aus dem Ge¬ fängnisse, in das man ihn Wahnsinns hal¬ ber gesperrt, entsprungen. Der Mensch war in der That in einem erbarmungswürdigen Zustande, ich hatte Mitleiden mit ihm, und
gefangen, oder ich ſchieße Dich nieder. Da fiel der Menſch wimmernd zu Boden, und bat um Erbarmen. Meine Burſche kamen herbei, wir packten den Menſchen, und fuͤhr¬ ten ihn nach Hauſe, wo ich ihn in den Thurm bei dem Nebengebaͤude einſperren ließ, und den naͤchſten Morgen, den Vorfall der Obrig¬ keit anzeigen wollte. Er fiel, ſo wie er in den Thurm kam, in einen ohnmaͤchtigen Zu¬ ſtand. Als ich den andern Morgen zu ihm ging, ſaß er auf dem Strohlager, das ich ihm bereiten laſſen, und weinte heftig. Er fiel mir zu Fuͤßen, und flehte mich an, daß ich mit ihm Erbarmen haben ſolle; ſchon ſeit mehreren Wochen habe er im Walde gelebt, und nichts gegeſſen, als Kraͤuter und wildes Obſt, er ſey ein armer Capuziner aus einem weit entlegenen Kloſter, und aus dem Ge¬ faͤngniſſe, in das man ihn Wahnſinns hal¬ ber geſperrt, entſprungen. Der Menſch war in der That in einem erbarmungswuͤrdigen Zuſtande, ich hatte Mitleiden mit ihm, und
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gefangen, oder ich ſchieße Dich nieder. Da
fiel der Menſch wimmernd zu Boden, und
bat um Erbarmen. Meine Burſche kamen
herbei, wir packten den Menſchen, und fuͤhr¬
ten ihn nach Hauſe, wo ich ihn in den Thurm
bei dem Nebengebaͤude einſperren ließ, und
den naͤchſten Morgen, den Vorfall der Obrig¬
keit anzeigen wollte. Er fiel, ſo wie er in
den Thurm kam, in einen ohnmaͤchtigen Zu¬
ſtand. Als ich den andern Morgen zu ihm
ging, ſaß er auf dem Strohlager, das ich
ihm bereiten laſſen, und weinte heftig. Er
fiel mir zu Fuͤßen, und flehte mich an, daß
ich mit ihm Erbarmen haben ſolle; ſchon ſeit
mehreren Wochen habe er im Walde gelebt,
und nichts gegeſſen, als Kraͤuter und wildes
Obſt, er ſey ein armer Capuziner aus einem
weit entlegenen Kloſter, und aus dem Ge¬
faͤngniſſe, in das man ihn Wahnſinns hal¬
ber geſperrt, entſprungen. Der Menſch war
in der That in einem erbarmungswuͤrdigen
Zuſtande, ich hatte Mitleiden mit ihm, und
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/286>, abgerufen am 27.11.2024.
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