Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

Bericht über den ganzen Vorgang ist längst
fertig, und da mag er denn in die Irrenan¬
stalt gebracht werden."

Als ich in meinem Gemach allein war,
stand mir Hermogens Gestalt vor Augen,
und wenn ich sie fassen wollte mit schärfe¬
rem Blick, wandelte sie sich um in den wahn¬
sinnigen Mönch. Beide flossen in meinem
Gemüth in Eins zusammen, und bildeten so
die Warnung der höhern Macht, die ich wie
dicht vor dem Abgrunde vernahm. Ich stieß
an die Korbflasche, die noch auf dem Boden
lag; der Mönch hatte sie bis auf den letzten
Tropfen ausgeleert, und so war ich jeder
neuen Versuchung, davon zu genießen, entho¬
ben: aber auch selbst die Flasche, aus der
noch ein starker berauschender Duft strömte,
schleuderte ich fort, durch das offne Fenster
über die Hofmauer weg, um so jede mögliche
Wirkung des verhängnißvollen Elixiers zu
vernichten. -- Nach und nach wurde ich ru¬
higer, ja der Gedanke ermuthigte mich, daß

ich

Bericht uͤber den ganzen Vorgang iſt laͤngſt
fertig, und da mag er denn in die Irrenan¬
ſtalt gebracht werden.“

Als ich in meinem Gemach allein war,
ſtand mir Hermogens Geſtalt vor Augen,
und wenn ich ſie faſſen wollte mit ſchaͤrfe¬
rem Blick, wandelte ſie ſich um in den wahn¬
ſinnigen Moͤnch. Beide floſſen in meinem
Gemuͤth in Eins zuſammen, und bildeten ſo
die Warnung der hoͤhern Macht, die ich wie
dicht vor dem Abgrunde vernahm. Ich ſtieß
an die Korbflaſche, die noch auf dem Boden
lag; der Moͤnch hatte ſie bis auf den letzten
Tropfen ausgeleert, und ſo war ich jeder
neuen Verſuchung, davon zu genießen, entho¬
ben: aber auch ſelbſt die Flaſche, aus der
noch ein ſtarker berauſchender Duft ſtroͤmte,
ſchleuderte ich fort, durch das offne Fenſter
uͤber die Hofmauer weg, um ſo jede moͤgliche
Wirkung des verhaͤngnißvollen Elixiers zu
vernichten. — Nach und nach wurde ich ru¬
higer, ja der Gedanke ermuthigte mich, daß

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0304" n="288"/>
Bericht u&#x0364;ber den ganzen Vorgang i&#x017F;t la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
fertig, und da mag er denn in die Irrenan¬<lb/>
&#x017F;talt gebracht werden.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Als ich in meinem Gemach allein war,<lb/>
&#x017F;tand mir Hermogens Ge&#x017F;talt vor Augen,<lb/>
und wenn ich &#x017F;ie fa&#x017F;&#x017F;en wollte mit &#x017F;cha&#x0364;rfe¬<lb/>
rem Blick, wandelte &#x017F;ie &#x017F;ich um in den wahn¬<lb/>
&#x017F;innigen Mo&#x0364;nch. Beide flo&#x017F;&#x017F;en in meinem<lb/>
Gemu&#x0364;th in Eins zu&#x017F;ammen, und bildeten &#x017F;o<lb/>
die Warnung der ho&#x0364;hern Macht, die ich wie<lb/>
dicht vor dem Abgrunde vernahm. Ich &#x017F;tieß<lb/>
an die Korbfla&#x017F;che, die noch auf dem Boden<lb/>
lag; der Mo&#x0364;nch hatte &#x017F;ie bis auf den letzten<lb/>
Tropfen ausgeleert, und &#x017F;o war ich jeder<lb/>
neuen Ver&#x017F;uchung, davon zu genießen, entho¬<lb/>
ben: aber auch &#x017F;elb&#x017F;t die Fla&#x017F;che, aus der<lb/>
noch ein &#x017F;tarker berau&#x017F;chender Duft &#x017F;tro&#x0364;mte,<lb/>
&#x017F;chleuderte ich fort, durch das offne Fen&#x017F;ter<lb/>
u&#x0364;ber die Hofmauer weg, um &#x017F;o jede mo&#x0364;gliche<lb/>
Wirkung des verha&#x0364;ngnißvollen Elixiers zu<lb/>
vernichten. &#x2014; Nach und nach wurde ich ru¬<lb/>
higer, ja der Gedanke ermuthigte mich, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0304] Bericht uͤber den ganzen Vorgang iſt laͤngſt fertig, und da mag er denn in die Irrenan¬ ſtalt gebracht werden.“ Als ich in meinem Gemach allein war, ſtand mir Hermogens Geſtalt vor Augen, und wenn ich ſie faſſen wollte mit ſchaͤrfe¬ rem Blick, wandelte ſie ſich um in den wahn¬ ſinnigen Moͤnch. Beide floſſen in meinem Gemuͤth in Eins zuſammen, und bildeten ſo die Warnung der hoͤhern Macht, die ich wie dicht vor dem Abgrunde vernahm. Ich ſtieß an die Korbflaſche, die noch auf dem Boden lag; der Moͤnch hatte ſie bis auf den letzten Tropfen ausgeleert, und ſo war ich jeder neuen Verſuchung, davon zu genießen, entho¬ ben: aber auch ſelbſt die Flaſche, aus der noch ein ſtarker berauſchender Duft ſtroͤmte, ſchleuderte ich fort, durch das offne Fenſter uͤber die Hofmauer weg, um ſo jede moͤgliche Wirkung des verhaͤngnißvollen Elixiers zu vernichten. — Nach und nach wurde ich ru¬ higer, ja der Gedanke ermuthigte mich, daß ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/304
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/304>, abgerufen am 27.11.2024.