ten auch all' die Herren, die den Fürsten um¬ gaben, in gestickten Röcken, steifen Frisuren u. s. w. einhergehen, und ich war nicht we¬ nig verwundert, nur einfache, geschmackvolle Anzüge zu bemerken. Ich nahm wahr, daß mein Begriff vom Leben am Hofe wohl über¬ haupt ein kindisches Vorurtheil seyn könne, meine Befangenheit verlohr sich, und ganz er¬ muthigte mich der Fürst, der mit den Worten auf mich zutrat: "Sieh da, Herr Leonard!" und dann über meinen strengen kunstrichter¬ lichen Blick scherzte, mit dem ich seinen Park gemustert. -- Die Flügelthüren öffneten sich, und die Fürstin trat in den Conversations¬ saal, nur von zwei Hofdamen begleitet. Wie erbebte ich bei ihrem Anblick im Innersten, wie war sie nun, beim Schein der Lichter, meiner Pflegemutter noch ähnlicher als sonst. -- Die Damen umringten sie, man stellte mich vor, sie sah mich an mit einem Blick, der Erstaunen, eine innere Bewegung ver¬ rieth; sie lispelte einige Worte, die ich nicht
ten auch all' die Herren, die den Fuͤrſten um¬ gaben, in geſtickten Roͤcken, ſteifen Friſuren u. ſ. w. einhergehen, und ich war nicht we¬ nig verwundert, nur einfache, geſchmackvolle Anzuͤge zu bemerken. Ich nahm wahr, daß mein Begriff vom Leben am Hofe wohl uͤber¬ haupt ein kindiſches Vorurtheil ſeyn koͤnne, meine Befangenheit verlohr ſich, und ganz er¬ muthigte mich der Fuͤrſt, der mit den Worten auf mich zutrat: „Sieh da, Herr Leonard!“ und dann uͤber meinen ſtrengen kunſtrichter¬ lichen Blick ſcherzte, mit dem ich ſeinen Park gemuſtert. — Die Fluͤgelthuͤren oͤffneten ſich, und die Fuͤrſtin trat in den Converſations¬ ſaal, nur von zwei Hofdamen begleitet. Wie erbebte ich bei ihrem Anblick im Innerſten, wie war ſie nun, beim Schein der Lichter, meiner Pflegemutter noch aͤhnlicher als ſonſt. — Die Damen umringten ſie, man ſtellte mich vor, ſie ſah mich an mit einem Blick, der Erſtaunen, eine innere Bewegung ver¬ rieth; ſie lispelte einige Worte, die ich nicht
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ten auch all' die Herren, die den Fuͤrſten um¬
gaben, in geſtickten Roͤcken, ſteifen Friſuren
u. ſ. w. einhergehen, und ich war nicht we¬
nig verwundert, nur einfache, geſchmackvolle
Anzuͤge zu bemerken. Ich nahm wahr, daß
mein Begriff vom Leben am Hofe wohl uͤber¬
haupt ein kindiſches Vorurtheil ſeyn koͤnne,
meine Befangenheit verlohr ſich, und ganz er¬
muthigte mich der Fuͤrſt, der mit den Worten
auf mich zutrat: „Sieh da, Herr Leonard!“
und dann uͤber meinen ſtrengen kunſtrichter¬
lichen Blick ſcherzte, mit dem ich ſeinen Park
gemuſtert. — Die Fluͤgelthuͤren oͤffneten ſich,
und die Fuͤrſtin trat in den Converſations¬
ſaal, nur von zwei Hofdamen begleitet. Wie
erbebte ich bei ihrem Anblick im Innerſten,
wie war ſie nun, beim Schein der Lichter,
meiner Pflegemutter noch aͤhnlicher als ſonſt.
— Die Damen umringten ſie, man ſtellte
mich vor, ſie ſah mich an mit einem Blick,
der Erſtaunen, eine innere Bewegung ver¬
rieth; ſie lispelte einige Worte, die ich nicht
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/332>, abgerufen am 27.11.2024.
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