Ueberall erklangen um mich Stimmen, die mich verspotteten, verhöhnten; ich war im Begriff, mich durch das Fenster zu stürzen, zum Glück verhinderten mich die Eisenstäbe daran, mein Zustand war in der That ent¬ setzlich. Erst als der Morgen anbrach, wur¬ de ich ruhiger, aber fest war ich entschlossen, sie niemals mehr zu sehen, und überhaupt der Welt zu entsagen. Klarer als jemals stand der Beruf zum eingezogenen Klo¬ sterleben, von dem mich keine Versuchung mehr ablenken sollte, vor meiner Seele. So wie ich nur von den gewöhnlichen Stu¬ dien loskommen konnte, eilte ich zu dem Prior in das Capuziner-Kloster, und eröff¬ nete ihm, wie ich nun entschlossen sey, mein Noviziat anzutreten, und auch schon meiner Mutter, so wie der Fürstin, Nachricht da¬ von gegeben habe. Leonardus schien über meinen plötzlichen Eifer verwundert, ohne in mich zu dringen, suchte er doch auf diese und jene Weise zu erforschen, was mich wohl
Ueberall erklangen um mich Stimmen, die mich verſpotteten, verhoͤhnten; ich war im Begriff, mich durch das Fenſter zu ſtuͤrzen, zum Gluͤck verhinderten mich die Eiſenſtaͤbe daran, mein Zuſtand war in der That ent¬ ſetzlich. Erſt als der Morgen anbrach, wur¬ de ich ruhiger, aber feſt war ich entſchloſſen, ſie niemals mehr zu ſehen, und uͤberhaupt der Welt zu entſagen. Klarer als jemals ſtand der Beruf zum eingezogenen Klo¬ ſterleben, von dem mich keine Verſuchung mehr ablenken ſollte, vor meiner Seele. So wie ich nur von den gewoͤhnlichen Stu¬ dien loskommen konnte, eilte ich zu dem Prior in das Capuziner-Kloſter, und eroͤff¬ nete ihm, wie ich nun entſchloſſen ſey, mein Noviziat anzutreten, und auch ſchon meiner Mutter, ſo wie der Fuͤrſtin, Nachricht da¬ von gegeben habe. Leonardus ſchien uͤber meinen ploͤtzlichen Eifer verwundert, ohne in mich zu dringen, ſuchte er doch auf dieſe und jene Weiſe zu erforſchen, was mich wohl
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Ueberall erklangen um mich Stimmen, die
mich verſpotteten, verhoͤhnten; ich war im
Begriff, mich durch das Fenſter zu ſtuͤrzen,
zum Gluͤck verhinderten mich die Eiſenſtaͤbe
daran, mein Zuſtand war in der That ent¬
ſetzlich. Erſt als der Morgen anbrach, wur¬
de ich ruhiger, aber feſt war ich entſchloſſen,
ſie niemals mehr zu ſehen, und uͤberhaupt
der Welt zu entſagen. Klarer als jemals
ſtand der Beruf zum eingezogenen Klo¬
ſterleben, von dem mich keine Verſuchung
mehr ablenken ſollte, vor meiner Seele.
So wie ich nur von den gewoͤhnlichen Stu¬
dien loskommen konnte, eilte ich zu dem
Prior in das Capuziner-Kloſter, und eroͤff¬
nete ihm, wie ich nun entſchloſſen ſey, mein
Noviziat anzutreten, und auch ſchon meiner
Mutter, ſo wie der Fuͤrſtin, Nachricht da¬
von gegeben habe. Leonardus ſchien uͤber
meinen ploͤtzlichen Eifer verwundert, ohne
in mich zu dringen, ſuchte er doch auf dieſe
und jene Weiſe zu erforſchen, was mich wohl
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/54>, abgerufen am 16.02.2025.
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