mals, um jeder Versuchung zu entgehen, vom Bunde lös'te, und doch hatte ich ohne ihn, sowohl damals, als die Fremden zuge¬ gen waren, als jetzt, den Schrank aufge¬ schlossen? -- Ich untersuchte meinen Schlüs¬ selbund, und siehe ein unbekannter Schlüssel, mit dem ich damals und jetzt den Schrank geöffnet, ohne in der Zerstreuung darauf zu merken, hatte sich zu den übrigen gefunden. -- Ich erbebte unwillkührlich, aber ein bun¬ tes Bild jug das andere bei dem, wie aus tiefem Schlaf aufgerüttelten Geiste vorüber. Ich hatte nicht Ruh, nicht Rast, bis der Morgen heiter anbrach, und ich hinabeilen konnte in den Klostergarten, um mich in den Strahlen der Sonne, die feurig und glühend hinter den Bergen emporstieg, zu baden. Leo¬ nardus, die Brüder, bemerkten meine Verän¬ derung; statt daß ich sonst in mich verschlos¬ sen, kein Wort sprach, war ich heiter und lebendig. Als rede ich vor versammelter Ge¬ meinde, sprach ich mit dem Feuer der Be¬
mals, um jeder Verſuchung zu entgehen, vom Bunde loͤſ'te, und doch hatte ich ohne ihn, ſowohl damals, als die Fremden zuge¬ gen waren, als jetzt, den Schrank aufge¬ ſchloſſen? — Ich unterſuchte meinen Schluͤſ¬ ſelbund, und ſiehe ein unbekannter Schluͤſſel, mit dem ich damals und jetzt den Schrank geoͤffnet, ohne in der Zerſtreuung darauf zu merken, hatte ſich zu den uͤbrigen gefunden. — Ich erbebte unwillkuͤhrlich, aber ein bun¬ tes Bild jug das andere bei dem, wie aus tiefem Schlaf aufgeruͤttelten Geiſte voruͤber. Ich hatte nicht Ruh, nicht Raſt, bis der Morgen heiter anbrach, und ich hinabeilen konnte in den Kloſtergarten, um mich in den Strahlen der Sonne, die feurig und gluͤhend hinter den Bergen emporſtieg, zu baden. Leo¬ nardus, die Bruͤder, bemerkten meine Veraͤn¬ derung; ſtatt daß ich ſonſt in mich verſchloſ¬ ſen, kein Wort ſprach, war ich heiter und lebendig. Als rede ich vor verſammelter Ge¬ meinde, ſprach ich mit dem Feuer der Be¬
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mals, um jeder Verſuchung zu entgehen,
vom Bunde loͤſ'te, und doch hatte ich ohne
ihn, ſowohl damals, als die Fremden zuge¬
gen waren, als jetzt, den Schrank aufge¬
ſchloſſen? — Ich unterſuchte meinen Schluͤſ¬
ſelbund, und ſiehe ein unbekannter Schluͤſſel,
mit dem ich damals und jetzt den Schrank
geoͤffnet, ohne in der Zerſtreuung darauf zu
merken, hatte ſich zu den uͤbrigen gefunden.
— Ich erbebte unwillkuͤhrlich, aber ein bun¬
tes Bild jug das andere bei dem, wie aus
tiefem Schlaf aufgeruͤttelten Geiſte voruͤber.
Ich hatte nicht Ruh, nicht Raſt, bis der
Morgen heiter anbrach, und ich hinabeilen
konnte in den Kloſtergarten, um mich in den
Strahlen der Sonne, die feurig und gluͤhend
hinter den Bergen emporſtieg, zu baden. Leo¬
nardus, die Bruͤder, bemerkten meine Veraͤn¬
derung; ſtatt daß ich ſonſt in mich verſchloſ¬
ſen, kein Wort ſprach, war ich heiter und
lebendig. Als rede ich vor verſammelter Ge¬
meinde, ſprach ich mit dem Feuer der Be¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/92>, abgerufen am 21.11.2024.
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