Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

ich unter vielen Thränen, sie haben mich
hier allein gelassen, ich wollte ja nicht hier
bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das
Bild verschwunden, da rief ich: Ach das
schöne Bild, wo ist das schöne Bild! --
Die Mutter hob mich in die Höhe, küßte
und herzte mich und sprach: "Du bist mein
gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬
mand sehen, auch ist es nun auf immer fort!"
Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬
ren, nur zu Hermogen sprach ich einmal:
Höre! die Mutter spricht nicht mit dem Teu¬
fel, sondern mit einem schönen Mann, aber
der ist nur ein Bild, und springt aus der
Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da sah Her¬
mogen starr vor sich hin und murmelte: "Der
Teufel kann aussehen wie er will, sagt der
Herr Pater, aber der Mutter thut er doch
nichts." -- Mich überfiel ein Grauen, und
ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht
wieder von dem Teufel zu sprechen. Wir
gingen nach der Hauptstadt, das Bild ver¬

ich unter vielen Thraͤnen, ſie haben mich
hier allein gelaſſen, ich wollte ja nicht hier
bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das
Bild verſchwunden, da rief ich: Ach das
ſchoͤne Bild, wo iſt das ſchoͤne Bild! —
Die Mutter hob mich in die Hoͤhe, kuͤßte
und herzte mich und ſprach: „Du biſt mein
gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬
mand ſehen, auch iſt es nun auf immer fort!“
Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬
ren, nur zu Hermogen ſprach ich einmal:
Hoͤre! die Mutter ſpricht nicht mit dem Teu¬
fel, ſondern mit einem ſchoͤnen Mann, aber
der iſt nur ein Bild, und ſpringt aus der
Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da ſah Her¬
mogen ſtarr vor ſich hin und murmelte: „Der
Teufel kann ausſehen wie er will, ſagt der
Herr Pater, aber der Mutter thut er doch
nichts.“ — Mich uͤberfiel ein Grauen, und
ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht
wieder von dem Teufel zu ſprechen. Wir
gingen nach der Hauptſtadt, das Bild ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0128" n="120"/>
ich unter vielen Thra&#x0364;nen, &#x017F;ie haben mich<lb/>
hier allein gela&#x017F;&#x017F;en, ich wollte ja nicht hier<lb/>
bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das<lb/>
Bild ver&#x017F;chwunden, da rief ich: Ach das<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Bild, wo i&#x017F;t das &#x017F;cho&#x0364;ne Bild! &#x2014;<lb/>
Die Mutter hob mich in die Ho&#x0364;he, ku&#x0364;ßte<lb/>
und herzte mich und &#x017F;prach: &#x201E;Du bi&#x017F;t mein<lb/>
gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬<lb/>
mand &#x017F;ehen, auch i&#x017F;t es nun auf immer fort!&#x201C;<lb/>
Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬<lb/>
ren, nur zu Hermogen &#x017F;prach ich einmal:<lb/>
Ho&#x0364;re! die Mutter &#x017F;pricht nicht mit dem Teu¬<lb/>
fel, &#x017F;ondern mit einem &#x017F;cho&#x0364;nen Mann, aber<lb/>
der i&#x017F;t nur ein Bild, und &#x017F;pringt aus der<lb/>
Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da &#x017F;ah Her¬<lb/>
mogen &#x017F;tarr vor &#x017F;ich hin und murmelte: &#x201E;Der<lb/>
Teufel kann aus&#x017F;ehen wie er will, &#x017F;agt der<lb/>
Herr Pater, aber der Mutter thut er doch<lb/>
nichts.&#x201C; &#x2014; Mich u&#x0364;berfiel ein Grauen, und<lb/>
ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht<lb/>
wieder von dem Teufel zu &#x017F;prechen. Wir<lb/>
gingen nach der Haupt&#x017F;tadt, das Bild ver¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0128] ich unter vielen Thraͤnen, ſie haben mich hier allein gelaſſen, ich wollte ja nicht hier bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das Bild verſchwunden, da rief ich: Ach das ſchoͤne Bild, wo iſt das ſchoͤne Bild! — Die Mutter hob mich in die Hoͤhe, kuͤßte und herzte mich und ſprach: „Du biſt mein gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬ mand ſehen, auch iſt es nun auf immer fort!“ Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬ ren, nur zu Hermogen ſprach ich einmal: Hoͤre! die Mutter ſpricht nicht mit dem Teu¬ fel, ſondern mit einem ſchoͤnen Mann, aber der iſt nur ein Bild, und ſpringt aus der Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da ſah Her¬ mogen ſtarr vor ſich hin und murmelte: „Der Teufel kann ausſehen wie er will, ſagt der Herr Pater, aber der Mutter thut er doch nichts.“ — Mich uͤberfiel ein Grauen, und ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht wieder von dem Teufel zu ſprechen. Wir gingen nach der Hauptſtadt, das Bild ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/128
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/128>, abgerufen am 04.12.2024.