der Straße, hohle Stimmen riefen durch ein¬ ander, und das dröhnende Gerassel eines schweren langsam rollenden Wagens lies sich vernehmen. Ich eilte ans Fenster! -- Da stand eben vor dem Pallast der vom Hen¬ kersknecht geführte Leiterwagen, auf dem der Mönch rückwärts saß, vor ihm ein Capuzi¬ ner, laut und eifrig mit ihm betend. Er war entstellt von der Bläße der Todesangst und dem struppigen Bart -- doch waren die Züge des gräßlichen Doppeltgängers mir nur zu kenntlich. -- So wie der Wagen, au¬ genblicklich gehemmt durch die andrängende Volksmasse, wieder fortrollte, warf er den stieren entsetzlichen Blick der funkelnden Au¬ gen zu mir herauf, und lachte und heulte her¬ auf: "Bräutigam, Bräutigam! . komm komm aufs Dach ... aufs Dach ... da wollen wir ringen mit einander, und wer den an¬ dern herabstößt ist König und darf Blut trinken!" Ich schrie auf: "entsetzlicher Mensch ... was Du was willst Du von mir."
der Straße, hohle Stimmen riefen durch ein¬ ander, und das droͤhnende Geraſſel eines ſchweren langſam rollenden Wagens lies ſich vernehmen. Ich eilte ans Fenſter! — Da ſtand eben vor dem Pallaſt der vom Hen¬ kersknecht gefuͤhrte Leiterwagen, auf dem der Moͤnch ruͤckwaͤrts ſaß, vor ihm ein Capuzi¬ ner, laut und eifrig mit ihm betend. Er war entſtellt von der Blaͤße der Todesangſt und dem ſtruppigen Bart — doch waren die Zuͤge des graͤßlichen Doppeltgaͤngers mir nur zu kenntlich. — So wie der Wagen, au¬ genblicklich gehemmt durch die andraͤngende Volksmaſſe, wieder fortrollte, warf er den ſtieren entſetzlichen Blick der funkelnden Au¬ gen zu mir herauf, und lachte und heulte her¬ auf: „Braͤutigam, Braͤutigam! . komm komm aufs Dach ... aufs Dach ... da wollen wir ringen mit einander, und wer den an¬ dern herabſtoͤßt iſt Koͤnig und darf Blut trinken!“ Ich ſchrie auf: „entſetzlicher Menſch ... was Du was willſt Du von mir.“
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der Straße, hohle Stimmen riefen durch ein¬
ander, und das droͤhnende Geraſſel eines
ſchweren langſam rollenden Wagens lies ſich
vernehmen. Ich eilte ans Fenſter! — Da
ſtand eben vor dem Pallaſt der vom Hen¬
kersknecht gefuͤhrte Leiterwagen, auf dem der
Moͤnch ruͤckwaͤrts ſaß, vor ihm ein Capuzi¬
ner, laut und eifrig mit ihm betend. Er
war entſtellt von der Blaͤße der Todesangſt
und dem ſtruppigen Bart — doch waren die
Zuͤge des graͤßlichen Doppeltgaͤngers mir
nur zu kenntlich. — So wie der Wagen, au¬
genblicklich gehemmt durch die andraͤngende
Volksmaſſe, wieder fortrollte, warf er den
ſtieren entſetzlichen Blick der funkelnden Au¬
gen zu mir herauf, und lachte und heulte her¬
auf: „Braͤutigam, Braͤutigam! . komm
komm aufs Dach ... aufs Dach ... da wollen
wir ringen mit einander, und wer den an¬
dern herabſtoͤßt iſt Koͤnig und darf Blut
trinken!“ Ich ſchrie auf: „entſetzlicher Menſch
... was Du was willſt Du von mir.“
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/155>, abgerufen am 04.12.2024.
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