Heftigkeit, womit ich diese Worte ausstieß, schien meinen Begleiter zu beunruhigen. "Ei, sprach er: wie sollten wir denn Euern Nah¬ men nicht wissen? Der Mann, der Euch herbrachte, nannte ihn ja ausdrücklich, und ihr seyd eingetragen in die Register des Hau¬ ses: Medardus, Bruder des Capuzinerklo¬ sters zu B." -- Eiskalt bebte es mir durch die Glieder. Aber mochte der Unbekannte, der mich in das Krankenhaus gebracht hatte, seyn wer er wollte, mochte er eingeweiht seyn in mein entsetzliches Geheimniß: er konnte nicht Böses wollen, denn er hatte ja freundlich für mich gesorgt, und ich war ja frei. --
Ich lag im offnen Fenster und ath¬ mete in vollen Zügen die herrliche, warme Luft ein, die durch Mark und Adern strömend neues Leben in mir entzündete, als ich eine kleine, dürre Figur, ein spitzes Hütchen auf dem Kopfe, und in einen ärmlichen erbliche¬ nen Ueberrock gekleidet, den Hauptgang nach
II. [ 11 ]
Heftigkeit, womit ich dieſe Worte ausſtieß, ſchien meinen Begleiter zu beunruhigen. „Ei, ſprach er: wie ſollten wir denn Euern Nah¬ men nicht wiſſen? Der Mann, der Euch herbrachte, nannte ihn ja ausdruͤcklich, und ihr ſeyd eingetragen in die Regiſter des Hau¬ ſes: Medardus, Bruder des Capuzinerklo¬ ſters zu B.“ — Eiskalt bebte es mir durch die Glieder. Aber mochte der Unbekannte, der mich in das Krankenhaus gebracht hatte, ſeyn wer er wollte, mochte er eingeweiht ſeyn in mein entſetzliches Geheimniß: er konnte nicht Boͤſes wollen, denn er hatte ja freundlich fuͤr mich geſorgt, und ich war ja frei. —
Ich lag im offnen Fenſter und ath¬ mete in vollen Zuͤgen die herrliche, warme Luft ein, die durch Mark und Adern ſtroͤmend neues Leben in mir entzuͤndete, als ich eine kleine, duͤrre Figur, ein ſpitzes Huͤtchen auf dem Kopfe, und in einen aͤrmlichen erbliche¬ nen Ueberrock gekleidet, den Hauptgang nach
II. [ 11 ]
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Heftigkeit, womit ich dieſe Worte ausſtieß,
ſchien meinen Begleiter zu beunruhigen. „Ei,
ſprach er: wie ſollten wir denn Euern Nah¬
men nicht wiſſen? Der Mann, der Euch
herbrachte, nannte ihn ja ausdruͤcklich, und
ihr ſeyd eingetragen in die Regiſter des Hau¬
ſes: Medardus, Bruder des Capuzinerklo¬
ſters zu B.“ — Eiskalt bebte es mir durch die
Glieder. Aber mochte der Unbekannte, der
mich in das Krankenhaus gebracht hatte,
ſeyn wer er wollte, mochte er eingeweiht
ſeyn in mein entſetzliches Geheimniß: er
konnte nicht Boͤſes wollen, denn er hatte ja
freundlich fuͤr mich geſorgt, und ich war ja
frei. —
Ich lag im offnen Fenſter und ath¬
mete in vollen Zuͤgen die herrliche, warme
Luft ein, die durch Mark und Adern ſtroͤmend
neues Leben in mir entzuͤndete, als ich eine
kleine, duͤrre Figur, ein ſpitzes Huͤtchen auf
dem Kopfe, und in einen aͤrmlichen erbliche¬
nen Ueberrock gekleidet, den Hauptgang nach
II. [ 11 ]
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/169>, abgerufen am 04.12.2024.
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