Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

behängtes Kleid. -- Du kannst, wie ein
Betrunkener, nicht auf gerader Schnur ge¬
hen, Du springst hinüber und herüber --
Deine Richtung ist schief! -- "Was ist Rich¬
tung, unterbrach mich Schönfeld leise, und
fortlächelnd mit bittersüßer Miene. Was ist
Richtung, ehrwürdiger Capuziner? Richtung
setzt ein Ziel voraus, nach dem wir unsere
Richtung nehmen. Sind Sie ihres Ziels
gewiß, theurer Mönch? -- fürchten Sie
nicht, daß Sie bisweilen zu wenig Katzenhirn
zu sich genommen, statt dessen aber im Wirths¬
hause neben der gezogenen Schnur zuviel spiri¬
tuöses genossen, und nun wie ein schwindli¬
cher Thurmdecker zwei Ziele sehn, ohne zu
wissen, welches das rechte? -- Ueberdem,
Capuziner! vergieb es meinem Stande, daß
ich das Possenhafte als eine angenehme Bei¬
mischung, spanischen Pfeffer zum Blumen¬
kohl, in mir trage. Ohne das ist ein Haar¬
künstler, eine erbärmliche Figur, ein armse¬
liger Dummkopf, der das Privilegium in

behaͤngtes Kleid. — Du kannſt, wie ein
Betrunkener, nicht auf gerader Schnur ge¬
hen, Du ſpringſt hinuͤber und heruͤber —
Deine Richtung iſt ſchief! — „Was iſt Rich¬
tung, unterbrach mich Schoͤnfeld leiſe, und
fortlaͤchelnd mit bitterſuͤßer Miene. Was iſt
Richtung, ehrwuͤrdiger Capuziner? Richtung
ſetzt ein Ziel voraus, nach dem wir unſere
Richtung nehmen. Sind Sie ihres Ziels
gewiß, theurer Moͤnch? — fuͤrchten Sie
nicht, daß Sie bisweilen zu wenig Katzenhirn
zu ſich genommen, ſtatt deſſen aber im Wirths¬
hauſe neben der gezogenen Schnur zuviel ſpiri¬
tuoͤſes genoſſen, und nun wie ein ſchwindli¬
cher Thurmdecker zwei Ziele ſehn, ohne zu
wiſſen, welches das rechte? — Ueberdem,
Capuziner! vergieb es meinem Stande, daß
ich das Poſſenhafte als eine angenehme Bei¬
miſchung, ſpaniſchen Pfeffer zum Blumen¬
kohl, in mir trage. Ohne das iſt ein Haar¬
kuͤnſtler, eine erbaͤrmliche Figur, ein armſe¬
liger Dummkopf, der das Privilegium in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0188" n="180"/>
beha&#x0364;ngtes Kleid. &#x2014; Du kann&#x017F;t, wie ein<lb/>
Betrunkener, nicht auf gerader Schnur ge¬<lb/>
hen, Du &#x017F;pring&#x017F;t hinu&#x0364;ber und heru&#x0364;ber &#x2014;<lb/>
Deine Richtung i&#x017F;t &#x017F;chief! &#x2014; &#x201E;Was i&#x017F;t Rich¬<lb/>
tung, unterbrach mich Scho&#x0364;nfeld lei&#x017F;e, und<lb/>
fortla&#x0364;chelnd mit bitter&#x017F;u&#x0364;ßer Miene. Was i&#x017F;t<lb/>
Richtung, ehrwu&#x0364;rdiger Capuziner? Richtung<lb/>
&#x017F;etzt ein Ziel voraus, nach dem wir un&#x017F;ere<lb/>
Richtung nehmen. Sind Sie ihres Ziels<lb/>
gewiß, theurer Mo&#x0364;nch? &#x2014; fu&#x0364;rchten Sie<lb/>
nicht, daß Sie bisweilen zu wenig Katzenhirn<lb/>
zu &#x017F;ich genommen, &#x017F;tatt de&#x017F;&#x017F;en aber im Wirths¬<lb/>
hau&#x017F;e neben der gezogenen Schnur zuviel &#x017F;piri¬<lb/>
tuo&#x0364;&#x017F;es geno&#x017F;&#x017F;en, und nun wie ein &#x017F;chwindli¬<lb/>
cher Thurmdecker zwei Ziele &#x017F;ehn, ohne zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, welches das rechte? &#x2014; Ueberdem,<lb/>
Capuziner! vergieb es meinem Stande, daß<lb/>
ich das Po&#x017F;&#x017F;enhafte als eine angenehme Bei¬<lb/>
mi&#x017F;chung, &#x017F;pani&#x017F;chen Pfeffer zum Blumen¬<lb/>
kohl, in mir trage. Ohne das i&#x017F;t ein Haar¬<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tler, eine erba&#x0364;rmliche Figur, ein arm&#x017F;<lb/>
liger Dummkopf, der das Privilegium in<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0188] behaͤngtes Kleid. — Du kannſt, wie ein Betrunkener, nicht auf gerader Schnur ge¬ hen, Du ſpringſt hinuͤber und heruͤber — Deine Richtung iſt ſchief! — „Was iſt Rich¬ tung, unterbrach mich Schoͤnfeld leiſe, und fortlaͤchelnd mit bitterſuͤßer Miene. Was iſt Richtung, ehrwuͤrdiger Capuziner? Richtung ſetzt ein Ziel voraus, nach dem wir unſere Richtung nehmen. Sind Sie ihres Ziels gewiß, theurer Moͤnch? — fuͤrchten Sie nicht, daß Sie bisweilen zu wenig Katzenhirn zu ſich genommen, ſtatt deſſen aber im Wirths¬ hauſe neben der gezogenen Schnur zuviel ſpiri¬ tuoͤſes genoſſen, und nun wie ein ſchwindli¬ cher Thurmdecker zwei Ziele ſehn, ohne zu wiſſen, welches das rechte? — Ueberdem, Capuziner! vergieb es meinem Stande, daß ich das Poſſenhafte als eine angenehme Bei¬ miſchung, ſpaniſchen Pfeffer zum Blumen¬ kohl, in mir trage. Ohne das iſt ein Haar¬ kuͤnſtler, eine erbaͤrmliche Figur, ein armſe¬ liger Dummkopf, der das Privilegium in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/188
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/188>, abgerufen am 04.12.2024.