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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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er dachte große Stücke in der Zeichnung und
Färbung aus, die die heiligen Geschichten
der Jungfrau und der heiligen Rosalia dar¬
stellen sollten; aber wie konnte er solche
Malerei beginnen, da er keinen Skudo be¬
saß, um Leinwand und Farben zu kaufen,
und nur von dürftigen Almosen, an den Kir¬
chenthüren gespendet, sein qualvolles Leben
durchbrachte. Da begab es sich, daß als er
einst in einer Kirche, die leere Wand anstar¬
rend
, in Gedanken malte, zwei in Schleier
gehüllte Frauen auf ihn zu traten, von de¬
nen eine mit holder Engelsstimme sprach: "In
dem fernen Preußen ist der Jungfrau Maria,
da wo die Engel des Herrn ihr Bildniß auf
einen Lindenbaum niedersetzten, eine Kirche
erbaut worden, die noch des Schmuckes der
Malerei entbehrt. Ziehe hin, die Ausübung
Deiner Kunst sey Dir heilige Andacht, und
Deine zerrissene Seele wird gelabt werden
mit himmlischem Trost." -- Als Francesko
aufblickte zu den Frauen, gewahrte er, wie

er dachte große Stuͤcke in der Zeichnung und
Faͤrbung aus, die die heiligen Geſchichten
der Jungfrau und der heiligen Roſalia dar¬
ſtellen ſollten; aber wie konnte er ſolche
Malerei beginnen, da er keinen Skudo be¬
ſaß, um Leinwand und Farben zu kaufen,
und nur von duͤrftigen Almoſen, an den Kir¬
chenthuͤren geſpendet, ſein qualvolles Leben
durchbrachte. Da begab es ſich, daß als er
einſt in einer Kirche, die leere Wand anſtar¬
rend
, in Gedanken malte, zwei in Schleier
gehuͤllte Frauen auf ihn zu traten, von de¬
nen eine mit holder Engelsſtimme ſprach: „In
dem fernen Preußen iſt der Jungfrau Maria,
da wo die Engel des Herrn ihr Bildniß auf
einen Lindenbaum niederſetzten, eine Kirche
erbaut worden, die noch des Schmuckes der
Malerei entbehrt. Ziehe hin, die Ausuͤbung
Deiner Kunſt ſey Dir heilige Andacht, und
Deine zerriſſene Seele wird gelabt werden
mit himmliſchem Troſt.“ — Als Francesko
aufblickte zu den Frauen, gewahrte er, wie

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[228/0236] er dachte große Stuͤcke in der Zeichnung und Faͤrbung aus, die die heiligen Geſchichten der Jungfrau und der heiligen Roſalia dar¬ ſtellen ſollten; aber wie konnte er ſolche Malerei beginnen, da er keinen Skudo be¬ ſaß, um Leinwand und Farben zu kaufen, und nur von duͤrftigen Almoſen, an den Kir¬ chenthuͤren geſpendet, ſein qualvolles Leben durchbrachte. Da begab es ſich, daß als er einſt in einer Kirche, die leere Wand anſtar¬ rend, in Gedanken malte, zwei in Schleier gehuͤllte Frauen auf ihn zu traten, von de¬ nen eine mit holder Engelsſtimme ſprach: „In dem fernen Preußen iſt der Jungfrau Maria, da wo die Engel des Herrn ihr Bildniß auf einen Lindenbaum niederſetzten, eine Kirche erbaut worden, die noch des Schmuckes der Malerei entbehrt. Ziehe hin, die Ausuͤbung Deiner Kunſt ſey Dir heilige Andacht, und Deine zerriſſene Seele wird gelabt werden mit himmliſchem Troſt.“ — Als Francesko aufblickte zu den Frauen, gewahrte er, wie

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/236>, abgerufen am 25.11.2024.