auf einer Wolke kniete, und ein sanftes Säuseln und Rauschen sprach die Worte: "Herr, ver¬ gieb dem Menschen, der in seiner Schwachheit und Ohnmacht nicht zu widerstehen vermoch¬ te, den Lockungen des Satans." Da zuckten Blitze durch den Rosenschimmer, und ein dum¬ pfer Donner ging dröhnend durch das Gewölbe des Himmels: "Welcher sündige Mensch hat gleich diesem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht Ruhe im Grabe soll er finden, so lange der Stamm, den sein Verbrechen erzeugte, fort¬ wuchert, in frevelicher Sünde!" -- -- Fran¬ cesko sank nieder in den Staub, denn er wußte wohl, daß nun sein Urtheil gespro¬ chen, und ein entsetzliches Verhängniß ihn trostlos umhertreiben werde. Er floh, ohne des Knäbleins in der Höhle zu gedenken, von dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬ len vermochte, im tiefen, jammervollen Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn, als müsse er zur Glorie der christlichen Reli¬ gion, herrliche Gemälde ausführen, und
auf einer Wolke kniete, und ein ſanftes Saͤuſeln und Rauſchen ſprach die Worte: „Herr, ver¬ gieb dem Menſchen, der in ſeiner Schwachheit und Ohnmacht nicht zu widerſtehen vermoch¬ te, den Lockungen des Satans.“ Da zuckten Blitze durch den Roſenſchimmer, und ein dum¬ pfer Donner ging droͤhnend durch das Gewoͤlbe des Himmels: „Welcher ſuͤndige Menſch hat gleich dieſem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht Ruhe im Grabe ſoll er finden, ſo lange der Stamm, den ſein Verbrechen erzeugte, fort¬ wuchert, in frevelicher Suͤnde!“ — — Fran¬ cesko ſank nieder in den Staub, denn er wußte wohl, daß nun ſein Urtheil geſpro¬ chen, und ein entſetzliches Verhaͤngniß ihn troſtlos umhertreiben werde. Er floh, ohne des Knaͤbleins in der Hoͤhle zu gedenken, von dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬ len vermochte, im tiefen, jammervollen Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn, als muͤſſe er zur Glorie der chriſtlichen Reli¬ gion, herrliche Gemaͤlde ausfuͤhren, und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0235"n="227"/>
auf einer Wolke kniete, und ein ſanftes Saͤuſeln<lb/>
und Rauſchen ſprach die Worte: „Herr, ver¬<lb/>
gieb dem Menſchen, der in ſeiner Schwachheit<lb/>
und Ohnmacht nicht zu widerſtehen vermoch¬<lb/>
te, den Lockungen des Satans.“ Da zuckten<lb/>
Blitze durch den Roſenſchimmer, und ein dum¬<lb/>
pfer Donner ging droͤhnend durch das Gewoͤlbe<lb/>
des Himmels: „Welcher ſuͤndige Menſch hat<lb/>
gleich dieſem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht<lb/>
Ruhe im Grabe ſoll er finden, ſo lange der<lb/>
Stamm, den ſein Verbrechen erzeugte, fort¬<lb/>
wuchert, in frevelicher Suͤnde!“—— Fran¬<lb/>
cesko ſank nieder in den Staub, denn er<lb/>
wußte wohl, daß nun ſein Urtheil geſpro¬<lb/>
chen, und ein entſetzliches <choice><sic>Verhaͤnguiß</sic><corr>Verhaͤngniß</corr></choice> ihn<lb/>
troſtlos umhertreiben werde. Er floh, ohne<lb/>
des Knaͤbleins in der Hoͤhle zu gedenken, von<lb/>
dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬<lb/>
len vermochte, im tiefen, jammervollen<lb/>
Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn,<lb/>
als muͤſſe er zur Glorie der chriſtlichen Reli¬<lb/>
gion, herrliche Gemaͤlde ausfuͤhren, und<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[227/0235]
auf einer Wolke kniete, und ein ſanftes Saͤuſeln
und Rauſchen ſprach die Worte: „Herr, ver¬
gieb dem Menſchen, der in ſeiner Schwachheit
und Ohnmacht nicht zu widerſtehen vermoch¬
te, den Lockungen des Satans.“ Da zuckten
Blitze durch den Roſenſchimmer, und ein dum¬
pfer Donner ging droͤhnend durch das Gewoͤlbe
des Himmels: „Welcher ſuͤndige Menſch hat
gleich dieſem gefrevelt! Nicht Gnade, nicht
Ruhe im Grabe ſoll er finden, ſo lange der
Stamm, den ſein Verbrechen erzeugte, fort¬
wuchert, in frevelicher Suͤnde!“ — — Fran¬
cesko ſank nieder in den Staub, denn er
wußte wohl, daß nun ſein Urtheil geſpro¬
chen, und ein entſetzliches Verhaͤngniß ihn
troſtlos umhertreiben werde. Er floh, ohne
des Knaͤbleins in der Hoͤhle zu gedenken, von
dannen, und lebte, da er nicht mehr zu ma¬
len vermochte, im tiefen, jammervollen
Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn,
als muͤſſe er zur Glorie der chriſtlichen Reli¬
gion, herrliche Gemaͤlde ausfuͤhren, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/235>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.