Pietro ging mit Angiola nach Deutschland, wo sie einen Sohn gebar, den man Franz nannte und sorgfältig erziehen ließ. Die schuldlose Angiola tröstete sich endlich über den entsetzlichen Frevel, und blühte wieder auf in gar herrlicher Anmuth und Schön¬ heit. So kam es, daß der Fürst Theodor von W. eine gar heftige Liebe zu ihr faßte, die sie aus tiefer Seele erwiederte. Sie wurde in kurzer Zeit seine Gemalin, und Graf Pietro vermälte sich zu gleicher Zeit mit einem teutschen Fräulein, mit der er eine Tochter erzeugte, so wie Angiola dem Fürsten zwei Söhne gebar. Wohl konnte sich die fromme Angiola ganz rein im Ge¬ wissen fühlen, und doch versank sie oft in düsteres Nachdenken, wenn ihr, wie ein bö¬ ser Traum, Paolo Francesko's verruchte That in den Sinn kam, ja es war ihr oft so zu Muthe, als sey selbst die bewußtlos began¬ gene Sünde strafbar, und würde gerächt werden an ihr und ihren Nachkommen. Selbst
Pietro ging mit Angiola nach Deutſchland, wo ſie einen Sohn gebar, den man Franz nannte und ſorgfaͤltig erziehen ließ. Die ſchuldloſe Angiola troͤſtete ſich endlich uͤber den entſetzlichen Frevel, und bluͤhte wieder auf in gar herrlicher Anmuth und Schoͤn¬ heit. So kam es, daß der Fuͤrſt Theodor von W. eine gar heftige Liebe zu ihr faßte, die ſie aus tiefer Seele erwiederte. Sie wurde in kurzer Zeit ſeine Gemalin, und Graf Pietro vermaͤlte ſich zu gleicher Zeit mit einem teutſchen Fraͤulein, mit der er eine Tochter erzeugte, ſo wie Angiola dem Fuͤrſten zwei Soͤhne gebar. Wohl konnte ſich die fromme Angiola ganz rein im Ge¬ wiſſen fuͤhlen, und doch verſank ſie oft in duͤſteres Nachdenken, wenn ihr, wie ein boͤ¬ ſer Traum, Paolo Francesko's verruchte That in den Sinn kam, ja es war ihr oft ſo zu Muthe, als ſey ſelbſt die bewußtlos began¬ gene Suͤnde ſtrafbar, und wuͤrde geraͤcht werden an ihr und ihren Nachkommen. Selbſt
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Pietro ging mit Angiola nach Deutſchland,
wo ſie einen Sohn gebar, den man Franz
nannte und ſorgfaͤltig erziehen ließ. Die
ſchuldloſe Angiola troͤſtete ſich endlich uͤber
den entſetzlichen Frevel, und bluͤhte wieder
auf in gar herrlicher Anmuth und Schoͤn¬
heit. So kam es, daß der Fuͤrſt Theodor
von W. eine gar heftige Liebe zu ihr faßte,
die ſie aus tiefer Seele erwiederte. Sie
wurde in kurzer Zeit ſeine Gemalin, und
Graf Pietro vermaͤlte ſich zu gleicher Zeit
mit einem teutſchen Fraͤulein, mit der er
eine Tochter erzeugte, ſo wie Angiola dem
Fuͤrſten zwei Soͤhne gebar. Wohl konnte
ſich die fromme Angiola ganz rein im Ge¬
wiſſen fuͤhlen, und doch verſank ſie oft in
duͤſteres Nachdenken, wenn ihr, wie ein boͤ¬
ſer Traum, Paolo Francesko's verruchte That
in den Sinn kam, ja es war ihr oft ſo zu
Muthe, als ſey ſelbſt die bewußtlos began¬
gene Suͤnde ſtrafbar, und wuͤrde geraͤcht
werden an ihr und ihren Nachkommen. Selbſt
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/246>, abgerufen am 24.11.2024.
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