bringende Last sey, von der sie sich befreien müsse. Bald darauf, und zwar nachdem man Cyrillus aus den innern Kammern des Pab¬ stes treten gesehen, fand man das Eiswasser, welches der Pabst zu trinken pflegte, vergif¬ tet. Daß Cyrillus unschuldig war, darf ich Dir, der Du den frommen Greis gekannt hast, nicht versichern. Doch überzeugt war der Pabst von seiner Schuld, und der Befehl, den fremden Mönch bei den Dominikanern heimlich hinzurichten, die Folge davon. Du warst in Rom eine auffallende Erscheinung; die Art, wie Du Dich gegen den Pabst äu¬ ßertest, vorzüglich die Erzählung Deines Le¬ benslaufs, ließ ihn eine gewisse geistige Ver¬ wandschaft zwischen ihm und Dir finden; er glaubte, sich mit Dir zu einem höhern Stand¬ punkte erheben und in sündhaftem Vernünf¬ teln über alle Tugend und Religion recht er¬ laben und erkräftigen zu können, um, wie ich wohl sagen mag, mit rechter Begeister¬ ung für die Sünde zu sündigen. Deine
bringende Laſt ſey, von der ſie ſich befreien muͤſſe. Bald darauf, und zwar nachdem man Cyrillus aus den innern Kammern des Pab¬ ſtes treten geſehen, fand man das Eiswaſſer, welches der Pabſt zu trinken pflegte, vergif¬ tet. Daß Cyrillus unſchuldig war, darf ich Dir, der Du den frommen Greis gekannt haſt, nicht verſichern. Doch uͤberzeugt war der Pabſt von ſeiner Schuld, und der Befehl, den fremden Moͤnch bei den Dominikanern heimlich hinzurichten, die Folge davon. Du warſt in Rom eine auffallende Erſcheinung; die Art, wie Du Dich gegen den Pabſt aͤu¬ ßerteſt, vorzuͤglich die Erzaͤhlung Deines Le¬ benslaufs, ließ ihn eine gewiſſe geiſtige Ver¬ wandſchaft zwiſchen ihm und Dir finden; er glaubte, ſich mit Dir zu einem hoͤhern Stand¬ punkte erheben und in ſuͤndhaftem Vernuͤnf¬ teln uͤber alle Tugend und Religion recht er¬ laben und erkraͤftigen zu koͤnnen, um, wie ich wohl ſagen mag, mit rechter Begeiſter¬ ung fuͤr die Suͤnde zu ſuͤndigen. Deine
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bringende Laſt ſey, von der ſie ſich befreien
muͤſſe. Bald darauf, und zwar nachdem man
Cyrillus aus den innern Kammern des Pab¬
ſtes treten geſehen, fand man das Eiswaſſer,
welches der Pabſt zu trinken pflegte, vergif¬
tet. Daß Cyrillus unſchuldig war, darf ich
Dir, der Du den frommen Greis gekannt
haſt, nicht verſichern. Doch uͤberzeugt war
der Pabſt von ſeiner Schuld, und der Befehl,
den fremden Moͤnch bei den Dominikanern
heimlich hinzurichten, die Folge davon. Du
warſt in Rom eine auffallende Erſcheinung;
die Art, wie Du Dich gegen den Pabſt aͤu¬
ßerteſt, vorzuͤglich die Erzaͤhlung Deines Le¬
benslaufs, ließ ihn eine gewiſſe geiſtige Ver¬
wandſchaft zwiſchen ihm und Dir finden; er
glaubte, ſich mit Dir zu einem hoͤhern Stand¬
punkte erheben und in ſuͤndhaftem Vernuͤnf¬
teln uͤber alle Tugend und Religion recht er¬
laben und erkraͤftigen zu koͤnnen, um, wie
ich wohl ſagen mag, mit rechter Begeiſter¬
ung fuͤr die Suͤnde zu ſuͤndigen. Deine
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/321>, abgerufen am 25.11.2024.
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